Berlin. Klaus J. Behrendt spricht über 25 Jahre „Tatort“, das TV-Duo Ballauf und Schenk und warum er die kultige Kölner Wurstbude vermisst.

Seit 25 Jahren geht er zusammen mit Dietmar Bär in Köln auf Gaunerjagd: Klaus J. Behrendt alias „Tatort“-Kommissar Max Ballauf – 1997 lösten Ballauf und Schenk ihren ersten gemeinsamen Fall, mittlerweile zählen die beiden Publikumslieblinge zu den dienstältesten Ermittlern im deutschen Fernsehen.

Der Krimi „Tatort: Vier Jahre“ am kommenden Sonntag ist der erste von drei neuen Einsätzen des Kölner Teams im Jubiläumsjahr – diesmal geht es um den Mord an einem bekannten Schauspieler, für den ein von Thomas Heinze gespielter TV-Star offenbar jahrelang unschuldig im Gefängnis saß.

Herr Behrendt, der Kölner Tatort mit Ihnen und Dietmar Bär wird dieses Jahr 25 Jahre alt. Wie wollen Sie feiern?

Klaus J. Behrendt: Wir planen keine große Feier zu unser Silberhochzeit (lacht). Spaß beiseite: 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert, das ist natürlich eine ganze Menge, da steckt auch viel von einem selber drin. Mal sehen, wie wir in Zeiten von Corona feiern können.

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Die Figur Max Ballauf gibt es ja sogar schon viel länger: Von 1992 bis 1994 waren sie in dieser Rolle Teil des Düsseldorfer „Tatort“-Teams. Wird es Ihnen nach all den Jahren nicht langweilig?

Ich persönlich finde im Gegenteil, dass die Rolle zunehmend an Reiz gewinnt. In Düsseldorf war Ballauf ja nur Assistent, und das habe ich nur zwei Jahre gemacht. Aber den Kölner „Tatort“ machen wir seit 25 Jahren, und es gibt immer wieder neue Herausforderungen. Man hat jedes Mal ein komplett neues Drehbuch vorliegen, oft neue Regisseure, neue Kameraleute, neue Kolleginnen und Kollegen.

Klaus J. Behrendt in seinem typischen Max Ballauf-Outfit – so wieder am Sonntag zu sehen.
Klaus J. Behrendt in seinem typischen Max Ballauf-Outfit – so wieder am Sonntag zu sehen. © WDR/Markus Tedeskino | Wdr/Markus Tedeskino

Hatten Sie damals Einfluss darauf, wer Ihr Kollege in Köln wird?

Ja, das war damals sogar meine Bedingung, dass ich mir meinen Partner aussuche – und dass es zwei Figuren auf Augenhöhe sind, zwischen denen ein gesundes Pro und Contra entsteht, also kein Herr-Knecht-Verhältnis.

Und warum haben Sie sich für Dietmar Bär entschieden?

Erstens weil er vom Typus ganz anders ist als ich. Zweitens weil er ein Freund ist, ich hatte vorher schon mit ihm gearbeitet, weil die Chemie stimmt. Man kann so etwas nur mit einem Kollegen oder einer Kollegin machen, mit dem oder der man sich auch versteht, sonst geht es nicht – zumindest nicht über einen solch langen Zeitraum. Und wir sind bis heute auch privat ein gutes Team.

Haben Sie sich anlässlich des Jubiläums mal darüber unterhalten, wie lange Sie den Job noch machen wollen?

Eine Antwort auf die Frage, wann das denn aufhört, kann ich Ihnen nicht geben – aber wie alles im Leben ist auch diese Sache endlich. Wir haben jetzt gerade erst gemeinsam einen neuen Vertrag unterschrieben.

Wie wichtig sind Ihnen die Einschaltquoten?

Die Zahlen sind mir ganz und gar nicht gleichgültig. Wir beim „Tatort“ sind Geschichtenerzähler, und wir alle möchten, dass diese Geschichten dann auch geguckt werden. Das ist doch ganz klar. Ein bisschen ist es doch auch so, dass der „Tatort“ in Deutschland wie eine kleine Bundesliga ist, nur haben wir keine 18 Vereine, sondern circa 20 Teams – und da wird natürlich am Jahresende das Lineal daruntergelegt: Wer hat welche Quote erreicht, wer steht wo in der Beliebtheitsskala? Und keiner möchte da gerne die rote Laterne haben.

Beim Kölner „Tatort“ sprechen die Zuschauerzahlen eine klare Sprache, es schalten regelmäßig viele Millionen Fans ein…

Ich kann Ihnen genau sagen, wer sich bei unserem letzten Fall geärgert hat: Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet. Beim letzten Mal liefen wir nämlich zeitgleich mit dem dritten Triell vor der Bundestagswahl und haben denen einige Zuschauer und Zuschauerinnen weggenommen – aber vermutlich haben die uns im Gegenzug auch einige abgeluchst.

Werden Sie wehmütig, wenn Sie sich ältere Folgen anschauen?

Wehmütig? Nein. Es ist wie ein lebendiges Fotoalbum, es hat auch was sehr schönes, sich das anzuschauen. Ich schaue mir die alten Folgen zwar nicht gezielt an, ich sitze nicht abends vorm Fernseher und begutachte mich, aber manchmal bleibe ich doch mal bei einer Wiederholung hängen. Und da sehe ich natürlich: Die Figur ist reifer geworden, Max Ballauf ist nicht mehr so der Springinsfeld, der Haudegen. Es wäre ja auch traurig, wenn er auf der Stelle stehen geblieben wäre. Und man selber wird natürlich älter, genau wie die Figur, die man spielt.

Müssen Sie eigentlich schon Konzessionen ans Älterwerden machen, etwa indem Sie weniger Stunts selber ausführen?

Zum Thema Stunts muss ich Ihnen sagen: Wenn Kollegen behaupten, sie würden alles selber machen, dann kann ich das nicht so recht glauben. Außerdem kann das ja auch kein Produzent wollen. Man darf ja nicht vergessen, da stehen 60, 70 Leute am Set, das sind alles Arbeitsplätze – und niemand will, dass der Hauptdarsteller sich bei einem Stunt verletzt, nur weil er sich etwas beweisen will und durch eine Glasscheibe springt, und dann die Dreharbeiten stillstehen. Das sollte man lieber die Profis machen lassen, die das können.

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Ein wichtiges Element im Kölner Tatort sind die tollen Autos, welches war Ihnen das liebste Modell?

Oh, das ist schwierig. Die vielen Oldtimer werden ja immer von Freddy Schenk gefahren – und von allen Wagen hat mir ein alter Mercedes am besten gefallen, ein schicker Roadster. Aber Max Ballauf fährt ja immer einen ganz neutralen VW Passat, deshalb habe ich leider nie was Fantastisches unterm Hintern.

Vermissen Sie eigentlich die Wurstbraterei, jene Imbissbude mit Blick auf den Dom, an der Ballauf und Schenk früher am Ende der meisten „Tatort“-Episoden gelandet sind?

Diese Bude war ein kleines Stilmittel, ich fand das eigentlich ganz schön. Man konnte das jedes Mal ein bisschen anders erzählen, es gab ja auch Folgen, wo die Kommissare hinkamen und das Rollgitter war runtergelassen, weil die Bude geschlossen hatte. Jetzt ist sie weg, sie steht im Museum. Aber wir können das erzählerisch mit anderen Stilmitteln ersetzen.

Hat die Rolle auf Sie abgefärbt? Wären Sie ein guter Ermittler?

Natürlich beschäftigt man sich mit so einer Figur. Ich finde, dass Kriminalbeamter ein sehr interessanter Beruf ist. Sich in andere Menschen hineinzuversetzen und zu fragen: warum hat wer was wie gemacht, das weckt mein Interesse. Aber ich ziehe da eine Grenze – was wir machen ist Fiktion, und die Realität sieht absolut anders aus. Und übrigens verstehe ich viele Bürger nicht, die auf Polizisten losgehen, auf Notärzte losgehen, auf Krankenwagenfahrer, da setzt wirklich mein Hirn aus.

Wie wichtig ist es Ihnen, dass im Kölner „Tatort“ politisch relevante Stoffe verhandelt werden?

Sehr! Wir haben knapp 90 Minuten – wenn wir in dieser Zeitspanne Geschichten erzählen können, die eine gesellschaftliche Relevanz haben, gepaart mit einem Krimi, gerne.