Berlin. Im neuen „Tatort“ trifft Maria Furtwängler auf Udo Lindenberg. Im Interview spricht sie über das Zusammenspiel – und die Pandemie

  • Maria Furtwängler gehört zu den Stars im ARD-Krimi "Tatort"
  • Im Interview erzählt sie, warum sie keine Angst mehr vor Corona hat
  • Und wie es, mit Udo Lindenberg zu drehen

Einfach mal fallen lassen – einfach mal ein Liebesabenteuer eingehen: Das mag sich TV-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) gedacht haben, als sie den Koffer packte, um sich mal richtig was zu gönnen. Ziel: Hotel Atlantic in Hamburg. Doch was sie im „Tatort“ mit dem Titel „Alles kommt zurück“ (Zweiter Weihnachtstag, 20.15 Uhr, ARD) dort findet, hat mit dem prallen Leben nur wenig zu tun.

Statt Lover findet sie eine Leiche. Und trifft auf Panikrocker Udo Lindenberg. Ein Gespräch mit Maria Furtwängler über die Liebessehnsucht der Kommissarin, über die Arbeit mit einem Intimicy Coach, Corona und das Phänomen Udo Lindenberg.

Wir sehen dieses Mal eine komplette andere Kommissarin. Statt der nüchternen Frau Lindholm erleben wir eine Ermittlerin, die sich per Dating-App mit einem Lover trifft.

Maria Furtwängler: Charlotte ist eine einsame Figur. Sie will ein Liebesabenteuer und mal raus aus ihrem Kommissarinnen Alltag. Sie sehnt sich wie wir alle nach Liebe und Zärtlichkeit. Sie will sich lebendig fühlen.

Und dabei macht sie ganz schön schräge Sachen, jedenfalls für eine Tatort-Kommissarin.

Furtwängler: Stimmt, aber dass sie auf Dating-Plattformen nach jemandem sucht, das ist ja heute doch schon geläufig.

Irgendwann fällt aber auch noch ein Vibrator aus dem Koffer von Frau Lindholm.

Furtwängler: Ja, das hat natürlich zu Diskussionen geführt, auch mit dem Sender, so nach dem Motto: Darf man Charlotte Lindholms Privatleben so erzählen? Ja, das darf man so machen, finde ich.

Sie haben dieses Mal mit einem Intimicy Coach gearbeitet.

Furtwängler: Ich fand das ganz toll. Natürlich ist man erstmal etwas peinlich berührt, wenn da eine Frau steht und fragt, zeig deinem Partner wo er dich berühren darf, ist Poritze auch ok? Oder wie wollt ihr euch küssen, ohne Zunge? Aber letztlich gibt es einem eine ganz andere Sicherheit. Man trifft klare Vereinbarungen. Man weiß dann, der Partner wird einem nicht an den Busen greifen, wenn das nicht verabredet war. Und muss sich auch selbst nicht fragen, wenn man irgendwo fasst, ob es der andere überhaupt will.

Der Film spielt im berühmten Hotel Atlantic in Hamburg – dem Wohnsitz, wenn man so will, von Udo Lindenberg. Und der spielt dann ja auch mit. Wie war das?

Furtwängler: Udo weiß ganz genau was er will und was nicht, er geht sehr behutsam mit der Marke Udo Lindenberg um und bleibt dabei trotzdem super offen für Experimente. Wir haben viel miteinander gesprochen und dann den richtigen Weg für uns beide gefunden. Und als es dann losging, war er unfassbar unkompliziert. Es war eine sehr liebe - und respektvolle Zusammenarbeit. Und es ist ein unterhaltsamer Film geworden, ein bisschen wie „Alice im Wunderland“. Kein 0815-Tatort. Das geht auch gar nicht, wenn man Udo, Uli Brée und Detlev Buck an Bord hat.

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Irgendwann treten sie aus dem Badezimmer und haben seinen Hut und seine Brille auf. Majestätsbeleidigung?

Furtwängler: Nein, gar nicht. Es gibt ja zahllose Fans die auch in ihrer Freizeit so rumlaufen. Er hatte mich ja schon mal zu dem Udo-Kostüm ermutigt.

Wann war das?

Furtwängler: Ich habe Udo zufällig im Hotel Atlantic in Hamburg getroffen, als ich zu einem Faschingsfest musste. Ich trug so ein Langweiler-Abba-Kostüm. Da hat er mir ohne zu zögern seine Klamotten als Kostüm angeboten. Es wurde dann ein sehr lässiger Abend. So ein Udo-Kostüm bringt ein total entspanntes Lebensgefühl mit sich. Kein Wunder, dass sich die Fans so wohlfühlen.

Sie sind Schauspielerin, waren ja aber mal Ärztin. Da denkt man doch sicher auch noch mal ganz über das Thema Corona nach. Machen Sie sich Gedanken zum Thema Impfpflicht oder keine Impfpflicht?

Furtwängler: Das mit der Medizin ist schon sehr lange her. Da halte ich mich zurück. Solche Entscheidungen überlasse ich den Wissenschaftlern und Politikern. Die haben es schwer genug zur Zeit.

Haben Sie oder hatten Sie Angst vor Corona?

Furtwängler: Nein, Angst habe ich nicht. Ich habe mich so schnell es ging impfen lassen. Und bin jetzt auch geboostert. Aber es gibt mir schon zu denken, wenn man hört, das mehr als neunzig Prozent der Patienten, die auf Intensivstationen liegen, nicht geimpft sind. Ich habe in meinem Bekanntenkreis auch liebe Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen oder sogar Verschwörungstheorien anhängen. Wir klammern das Thema einfach aus, so weit und gut das geht.

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Statt Lover trifft sie eine Leiche: TV-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria  Furtwängler)
Statt Lover trifft sie eine Leiche: TV-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) © dpa | Swen Pförtner

Hat der Lockdown Sie komplett lahm gelegt?

Furtwängler: Nein-nein. Solche Krisen setzen ja auch Kreativität frei. Wir haben beispielsweise die Serie „Ausgebremst“ (ARD, Mediathek) gedreht über eine durchgeknallte Fahrlehrerin. Sie sind eine Verfechterin der Frauenquote. Die Quote ist kein Allheilmittel, aber sie kann helfen, extreme Schieflagen wie zum Beispiel bei Vorständen in der Wirtschaft, oder den Mangel an Frauen im Parlament etwas auszugleichen.

Im Fernsehen ist es besser geworden. Das hat Ihre Stiftung, die das Frauenbild im TV untersucht, ja jüngst belegt.

Furtwängler: Bei der ersten Untersuchung haben wir herausgefunden, dass Frauen nur halb so oft vorkommen wie Männer, obwohl wir die Hälfte der Gesellschaft sind. Unsere letzte Studie hat gezeigt, es hat sich was getan. Gerade in journalistischen Formaten, da ist es fast Hälfte-Hälfte. Und das Tolle: Da ist auch die Alterdiskriminierung nicht mehr so offensichtlich. Jetzt guckt uns auch mal Auslandskorrespondentin um die sechzig an, es muss nicht mehr immer nur die hübsche, junge sein. Was mich aber irritiert ist das Frauenbild auf Instagram und Co. Das ist oft rückschrittlich. Die Top-Influencerinnen sind alle im Bereich Mode, Beauty, Kochen, Dating unterwegs. Man kommt sich manchmal vor wie in den 50er Jahren. Männliche Influencer können alles machen und sein. Die können dick sein, nicht besonders schön. Dürfen lustig sein oder die Welt erklären. Aber wehe, eine Frau erklärt die Welt. Die kriegen Hate-Botschaften. Wie die Wissenschaftlerin Mai Thi Nguyen-Kim.

Was fehlt im Fernsehen?

Furtwängler: Frauen als Expertinnen. Die kommen immer noch viel zu wenig vor. Ob bei Corona oder beim Thema Klima oder Verlust der Biodiversität.

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