Berlin. In zwei Monaten könnte sich jeder zweite Mensch in Europa mit Omikron infiziert haben. Allerdings macht Omikron laut WHO auch Hoffnung.

Es ist eine besorgniserregende Warnung, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Dienstag ausgesprochen hat: Sie basiert auf einer Hochrechnung. Demnach könnte sich in zwei Monaten mehr als die Hälfte aller Menschen in Europa mit der Omikron-Variante des Coronavirus angesteckt haben.

Der WHO-Regionaldirektor Hans Kluge verglich Omikron mit einer Flutwelle, die von West nach Ost über Europa hinwegfege. Die Variante sei dabei, Delta in Westeuropa als dominante Mutation abzulösen. Und auch auf dem Balkan breite sich Omikron aus. Das Forschungsinstitut IHME prognostiziert auf Basis von Modellrechnungen, dass sich mehr als 50 Prozent der Einwohnerinnen und Europa mit Omikron infiziert haben könnten.

Fauci: Omikron wird "fast Jeden finden"

Nicht nur in Europa glauben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, dass sich Omikron noch weiter verbreiten wird. Der führende US-Experte Anthony Fauci erklärte am Dienstag, dass Omikron "mit der außergewöhnlichen und beispiellosen Effektivität" letztlich "fast Jeden finden".

Es scheint aber nicht alles schlecht zu sein. Denn die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante könnte laut EU-Arzneimittelbehörde EMA zu einer endemischen Lage führen. Die Mutation könne wie ein "natürliche Booster-Impfung" wirken, erklärte Marco Cavaleri, Leiter der EMA-Abteilung für biologische Gesundheitsbedrohung und Impfstrategien am Dienstag. "Wenn viele Menschen eine starke Immunität haben, könnte das der Weg zur Endemie sein". Komplett vorbei wird Corona aber auf lange Sicht eher nicht sein.

Im Gegensatz zur Pandemie ist die Endemie auf einen bestimmten geographischen Raum beschränkt, in dem die Krankheit immer wieder auftritt. Die vielleicht bekannteste Endemie ist die Grippe. Der Vorteil: Das Immunsystem kennt die Infektion bereits und ist nicht mehr mit einem neuartigen Erreger konfrontiert.

Omikron: Fälle in Europa verdoppeln sich alle 14 Tage

In einem Bericht des Instituts IHME vom 8. Januar heißt es wörtlich: "Unsere Modelle für die Europäische Region legen nahe, dass Mitte Januar mit mehr als 12 Millionen Infektionen pro Tag ein Höchststand erreicht wird – wobei die nationalen Höchststände erheblich variieren werden, mit späteren Höchstständen in Zentralasien." Und weiter: "Wir rechnen damit, dass sich in den nächsten 6-8 Wochen mehr als 50 Prozent der EURO-Bevölkerung mit Omikron infizieren werden."

Die Zahlen aus der ersten Woche des Jahres sprechen für eine Verdopplung der Fälle innerhalb eines Zwei-Wochen-Zeitraums, erklärt Kluge. Omikron sei bisher in nahezu jedem Land Europas und Zentralasiens gemeldet worden.

WHO: Länder sollen sich auf Omikron vorbereiten

Kluge nutzte seine erste Online-Pressekonferenz des Jahres für drei Botschaften: Zum einen rief er Länder ohne bisherige Omikron-Zunahme dazu auf, das verbleibende Zeitfenster zu nutzen und Vorkehrungen zu treffen - Omikron breite sich schneller aus als jede andere zuvor gesehene Variante des Coronavirus Sars-CoV-2. Wo die Omikron-Ausbreitung begonnen habe, müsse die Priorität darauf liegen, Auswirkungen auf Anfällige zu vermeiden und Störungen der Gesundheitssysteme zu miniminieren.

Drittens ging es Kluge um das Offenhalten der Schulen. Dies sei äußerst wichtig für die Kinder, weshalb Schulen der letzte Ort sein sollten, der geschlossen werde - und der erste, der wieder geöffnet werde. (mit dpa)