Berlin/Wien. Der Fall einer getöteten 13-Jährigen hat in Österreich eine Debatte um die Asylpolitik ausgelöst. Die Tatverdächtigen sind Geflüchtete.

Die Leiche der 13-Jährigen lehnte an einen Baum auf einem Grünstreifen in Wien. Das Mädchen wies zahlreiche Blutergüsse und Hämatome auf. So hatten Passanten Leonie am Samstagmorgen gefunden. Bei der späteren Obduktion stellte sich heraus, dass sie erstickt wurde. Nun hat die Polizei in Österreich zwei Tatverdächtige festgenommen – deren Identität eine Debatte in Österreich ausgelöst hat.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler war die 13-Jährige offenbar mit zwei Bekannten, einem 16 und einem 18 Jahre alten Afghanen, in die Wohnung des älteren der beiden gegangen. Dort soll sie Drogen verabreicht bekommen haben, um sie „gefügig zu machen“, wie Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte. Dann sei Leonie sexuell missbraucht und später erstickt worden. Gefunden wurde das Mädchen wenige Hundert Meter entfernt von der Wohnung des 18-jährigen mutmaßlichen Täters.

Wien: Offene Fragen nach Tötung von 13-Jähriger

Vor vielen offenen Fragen steht derzeit noch die Polizei. Nach aktuellem Ermittlungsstand ging die 13-Jährige freiwillig mit in die Wohnung eines Verdächtigen. Unklar ist laut der Ermittlungsbehörden aber, ob neben Ecstasy auch weitere Drogen im Spiel waren. Das soll nun ein toxikologisches Gutachten klären.

Die Wohnhausanlage, in der zwei Verdächtige ein 13-jähriges Mädchen getötet haben sollen.
Die Wohnhausanlage, in der zwei Verdächtige ein 13-jähriges Mädchen getötet haben sollen. © Herbert Neubauer/APA/dpa

Geprüft wird derzeit auch, ob sich weitere Menschen zur Tatzeit in der Wohnung aufgehalten haben und wie die 13-Jährige vom mutmaßlichen Tatort auf die Straße befördert wurde. Das österreichische Boulevarblatt „exxpress“ sprach mit einem angeblichen Zeugen, der behauptet, der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben zu haben. „Seit jenem Samstag, an dem die Leiche gefunden worden ist, lag ein zusammengerollter Perserteppich unter dem Fenster der Wohnung der beiden Männer (...) mich hat das nicht losgelassen“, sagte der Mann laut dem Bericht.

Als er den Teppich unter dem Fenster vor der Wohnung liegen gesehen habe, habe er die Polizei alarmiert. Sein Verdacht: Leonies Leiche könnte darin zum Fundort transportiert worden sein. Diese Hinweise erklärte die Polizei mittlerweile jedoch für definitiv falsch.

Lesen Sie hier: Video von 2018: Hier spricht der Messerstecher von Würzburg

Tatverdächtiger bestreitet die Vorwürfe

Die Eltern von Leonie, die eigentlich in Niederösterreich lebte, hatten ihre Tochter am Montag in Wien identifiziert. Rund um den Fundort der Leiche legten Wiener Bürger und Angehörige der 13-Jährigen Blumen ab und stellten Kerzen auf.

5FA5BC00B3CD5E43.jpg
© Herbert Neubauer/APA/dpa

Die beiden mutmaßlichen Täter wurden noch am Dienstag vernommen, nachdem der 18-Jährige in einer Pizzeria, der 16-Jährige auf der Donauinsel festgenommen worden war.

Laut Polizeisprecher Markus Dittrich schweigt der 16-jährige Tatverdächtige bisher, der Ältere äußerte sich hingegen zu den Vorwürfen. Er bestreitet aber laut Medienberichten seine Beteiligung. Der Hinweisgeber, ein junger Syrer, hatte die Polizei zuvor auf die Spur des 18-Jährigen gebracht, nachdem er sich mit diesem unterhalten hatte und der Afghane, so die Polizei, offenbar „Täterwissen“ gezeigt hatte.

Kriminalfall löst Debatte über Asylpolitik aus

Derweil hat der Mordfall in Österreich eine Debatte über die Asylpolitik losgetreten – nicht zuletzt deshalb, weil der Hauptverdächtige bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten war und vor Gericht stand, auch das schleppende Asylverfahren wird scharf kritisiert.

Lesen Sie auch: Asylsuchende mit Klage gegen Handyauswertung erfolgreich

Er war 2015, mit zwölf Jahren, als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling ins Land gekommen. Ein Jahr später wurde ihm subsidiärer Schutz gewährt. Er bekam in den vergangenen Jahren allerdings elf Anzeigen wegen Drogenhandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels. 2018 wurde er das erste Mal zu zwei Monaten auf Bewährung verurteilt, 2019 dann zu weiteren zehn Wochen. Im vergangenen Jahr musste er zehn Monate wegen räuberischen Diebstahls in Haft, wurde allerdings schon nach zwei Monaten vorzeitig entlassen. Die Gründe dafür werden derzeit überprüft.

Auch die Asylakte des 18-Jährigen ist umfangreich. Im Oktober 2019 hatte ihm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wegen seiner zahlreichen Rechtsverstöße den Schutzstatus aberkannt, woraufhin er Beschwerde einlegte. Bisher wurde er jedoch nicht abgeschoben.

Allerdings, das berichten österreichische Medien, hätte das Bundesverwaltungsgericht ihn wegen des umfangreichen Strafregisters durchaus mit dem Erreichen seiner Volljährigkeit abschieben können. Nun wird auch geprüft, warum das nicht geschah.

Kommentar: Attacke in Würzburg: Ins Land holen allein reicht nicht aus

Forderungen nach konsequenteren Abschiebungen

Innenminister Nehammer betonte auf der Pressekonferenz am Dienstag: Wer nach Österreich komme, müsse die Bereitschaft zeigen, sich zu integrieren und sich an die Gesetze halten. Wer das nicht tue, müsse konsequenterweise damit rechnen, in sein Herkunftsland abgeschoben zu werden.

Auch die FPÖ nutzt den Mordfall derweil, um sich in der Asylpolitik zu positionieren. Man müsse damit aufhören, importierten Kriminellen den Teppich auszurollen, sagte etwa FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner bestätigt laut der „Kronen Zeitung“ den Sachverhalt, „dass Nehammers Behörden für den Abschiebestopp gegen den Achtzehnjährigen Verdächtigen im Mordfall verantwortlich sind.“ Da das Bundesverwaltungsgericht eine Duldung durch das BFA bestätigte, würden sich die „türkisen Schuldzuweisungen gegen die Justiz“ in Luft auflösen, so Einwallner.

Auch interessant: Geflüchtete in Deutschland: Diese drei haben es geschafft