Berlin. Europaweit steigen die Corona-Fallzahlen deutlich an. Einige Länder und Regionen sind von der dritten Welle besonders stark betroffen.

  • Nach einer leichten Entspannung im Januar und Februar steigt die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen in ganz Europa wieder deutlich an
  • Die dritte Welle führt in vielen Ländern erneut zu hohen Inzidenzen und Todeszahlen
  • Dieser Überblick zeigt, welche Corona-Hotspots in Europa besonders betroffen sind

Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa grassiert die dritte Corona-Welle. Täglich werden fast 250.000 neue Fälle verzeichnet. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Tage, zeigt die Infektionskurve des ganzen Kontinents steil nach oben: Die Fallzahlen liegen aktuell rund 15 Prozent über denen der Vorwoche.

Bis Mitte März starben in Europa mehr als 900.000 Menschen durch das Sars-Cov2-Virus – Russland und Türkei mit einberechnet. Über 40 Millionen Bürgerinnen und Bürger infizierten sich laut Behördenangaben. Der europäische Kontinent ist heute die Region mit den meisten Pandemieopfern, gefolgt von Lateinamerika und Nordamerika.

Dritte Welle in Europa: Länder reagieren unterschiedlich

Zwischen den 52 Ländern und Territorien des Kontinents gibt es deutliche Unterschiede beim Pandemie-Management. Die Lockdowns in Europa unterscheiden sich von Land zu Land, einige Länder, wie beispielsweise Schweden, setzen seit einem Jahr auf weniger restriktive Maßnahmen. Während spätestens im März viele Staaten, darunter auch Deutschland, den Lockdown aufweichten, hielten andere Länder wiederum an strengen Corona-Regeln fest.

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Nach einer leichten Entspannung im Februar nimmt die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen in ganz Europa nun wieder stark zu. Einige Länder zählt das Robert Koch-Institut schon als Risikogebiet. In welchen Ländern die Corona-Zahlen besonders stark steigen, zeigt dieser Überblick.

Corona in Estland: Schwindelerregend hohe Inzidenz

Nur 1,3 Millionen Menschen leben in dem nordeuropäischen Land, das an die Ostsee und den Finnischen Meerbusen grenzt. Doch Estland weist nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC und der John-Hopkins-Universität aktuell die höchste Infektionsrate in ganz Europa auf. 760,5 neue Fälle pro 100.000 Einwohner wurden in den letzten sieben Tagen registriert. Über 1500 Menschen infizieren sich hier am Tag mit dem Coronavirus. Auch Regierungschefin Kaja Kallas wurde am Montagabend positiv auf das Coronavirus getestet.

Das EU-Land kam lange Zeit relativ gut durch die Pandemie. Doch seit Ende 2020 steigen die Neuinfektionen stetig an. Krankenhäuser und Rettungsdienste sind laut Medienberichten aus Estland zunehmend überfordert. Seit Anfang März gelten deshalb verschärfte Corona-Maßanhmen. Generell gilt in Estland eine Maskenpflicht an öffentlichen Orten für Einwohner ab zwölf Jahren. Geschäfte haben geöffnet, dürfen aber nur begrenzt Kunden einlassen, Schüler werden per Homeschooling unterrichtet. Bis mindestens 28. März bleiben Kinos, Konzerthallen, Theater, Museen und Kirchen geschlossen.

Blick auf Estlands Hauptstadt Tallinn. Das Land hat mit einer dramatischen Pandemie-Lage zu kämpfen.
Blick auf Estlands Hauptstadt Tallinn. Das Land hat mit einer dramatischen Pandemie-Lage zu kämpfen. © Philipp Laage/dpa-tmn | Philipp Laage/dpa-tmn

Corona-Hotspot Tschechien – dramatische dritte Welle

Tschechien kämpft zur Zeit mit einer dramatischen dritten Welle. Die Gesundheitsbehörden meldeten am Freitag 10.576 neue Corona-Fälle innerhalb von 24 Stunden. Seit Beginn der Pandemie starben in dem Land 24.331 Menschen durch eine Corona-Infektion. Besonders besorgniserregend ist die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz: In der vergangenen Woche steckten sich mehr als 680 Menschen je 100.000 Einwohner mit dem Virus an.

Um die Zahl der Neuinfektionen zusenken, gelten nun strenge Regeln: Die Menschen dürfen ihren Bezirk nur in Ausnahmefällen verlassen. Die tschechische Minderheitsregierung verlängerte diese Reisebeschränkung bis zum 28. März. An diesem Tag läuft auch der seit Oktober geltende Notstand aus. Über eine erwartete Verlängerung des Lockdowns über Ostern und darüber hinaus will das Kabinett offiziell erst am Montag entscheiden. Auch das Parlament müsste dem noch zustimmen.

Einen Lichtblick gibt es aber zum Wochenende: Die Ärzte in Tschechien erhalten eine neues Medikament gegen das Coronavirus. Die erste Lieferung des Antikörper-Cocktails von Regeneron werde in den nächsten Tagen erwartet, sagte Ministerpräsident Andrej Babis nach Angaben der Agentur CTK am Freitag.

Kleinstaat mit großem Corona-Problem: San Marino

Kleiner Staat, großes Problem: Der Kleinstaat San Marino mit seinen 33.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hat derzeit die höchste Corona-Sterberate der Welt: Umgerechnet auf 100.000 Menschen sterben hier aktuell 230 Menschen durch eine Infektion mit dem Sars-Cov-2-Virus. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei erschreckend hohen 685 Fällen.

Dass das Coronavirus in dem Mini-Land, das zwischen den italienischen Regionen Emilia Romagna und den Marken liegt, so schlimm grassiert, hat vermutlich zwei Gründe. Zum einen wütete Corona schon seit Beginn der Pandemie stark in der Region. Doch während das italienische Umland schnell einen drastischen Lockdown verhängte, waren die Corona-Maßnahmen in San Marino stets weniger streng. Läden und Restaurants blieben noch längere Zeit geöffnet. Retter in der Not soll jetzt die Impfung mit dem russischen Vakzin Sputnik V sein – die Mini-Republik will damit seine Impfkampagne auf Vordermann bringen.

Eine Krankenpflegerin wird in San Marino mit dem russischen Impfsotff Sputnik V geimpft.
Eine Krankenpflegerin wird in San Marino mit dem russischen Impfsotff Sputnik V geimpft. © imago images/Independent Photo Agency Int. | imago images/Independent Photo Agency Int.

Die dritte Welle trifft auch die Kleinstaaten Montenegro und Malta mit voller Wucht. Montenegro verzeichnete zuletzt eine Sieben-Tage-Inzidenz von rund 600, in Malta wurden 379 Fälle pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen gezählt.

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Corona in Ungarn: Infektionszahlen auf Rekordniveau

In Ungarn sind die Infektionszahlen seit mehreren Wochen auf Rekordniveau. Die dritte Welle hat zudem zu einem besonders drastischen Anstieg der Corona-Todesfälle geführt. Laut offiziellen Zahlen sterben täglich etwa 200 Menschen in Zusammenhang mit dem Virus. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt derzeit über 500.

Ein verschärfter Lockdown war bereits vom 8. bis 22. März verhängt worden. Der gesamte Handel – außer Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Drogerien und Tankstellen – musste schließen. Auch alle Dienstleister mussten für zwei Wochen den Betrieb einstellen. Die Unterstufen der Schulen und die Kindergärten bleiben bis zum 7. April zu.

Schon seit letztem November sind in Ungarn Gaststätten, Universitäten und die Oberstufen der Schulen geschlossen. Darüber hinaus gilt eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 20 und 5 Uhr früh. Touristische Reisen über die Landesgrenzen hinweg sind nicht möglich. Über weitere Maßnahmen und mögliche stufenweise Lockerungen berät die Regierung an diesem Freitag.

Corona-Sorgenkind Polen begibt sich in Lockdown

Warschau ist wegen der Corona-Pandemie leergefegt.
Warschau ist wegen der Corona-Pandemie leergefegt. © dpa

Polen kämpft mit der dritten Welle: Das deutsche Nachbarland rechnet damit, dass sich in den nächsten Tagen stets rund 30.000 Einwohner und Einwohnerinnen mit dem Coronavirus infizieren werden. Gesundheitsminister Adam Niedzielski erklärte, damit könnte die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ernsthaft bedroht sein. Niedzielski führte die zuletzt eingetretene Verschlechterung der Lage auf die Auswirkungen der britischen Corona-Mutante zurück.

Angesichts der steigenden Corona-Zahlen und einer Sieben-Tage-Inzidenz über 350 beginnt in Polen am Samstag ein dreiwöchiger Teil-Lockdown. In dieser Zeit müssen Hotels, Theater, Kinos, Sporthallen und die meisten Geschäfte geschlossen bleiben. Arbeitgeber sollen so weit wie möglich die Arbeit im Homeoffice zu organisieren. Die Schüler der drei ersten Klassen, die bislang zur Schule gehen sollen, werden in der Zeit des partiellen Lockdowns auf Fernunterricht verwiesen. Cafés und Restaurants sind bereits geschlossen.

Bei seinen 38 Millionen Einwohnern registrierte Polen bislang knapp zwei Millionen Infektionen und etwas mehr als 48.000 Todesfälle.

Corona in Bulgarien: Hohe Fallzahlen durch zu frühes Lockern?

Das Balkanland verzeichnet aktuell über 300 Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner in einer Woche. In den letzten zwei Wochen seien die Fallzahlen um 94 Prozent gestiegen, warnte Corona-Stabchef Wenzislaw Mutaftschijski am Donnerstag. Die Zahl der coronabedingten Todesfälle sei in diesem Zeitraum sogar um 124 Prozent gestiegen.

Bulgarien führt wegen der besorgniserregenden Infektionslage ab 22. März erneut strengere Einschränkungen ein. Bis Ende März sollen Lokale, Fitnessstudios, Kasinos sowie Schulen, Kitas, Kinos, Theater und Museen zum dritten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie geschlossen werden. In Einkaufszentren können nur Supermärkte, Apotheken sowie Banken und Versicherungen geöffnet bleiben, gab Gesundheitsminister Kostadin Angelow bekannt. In dem EU-Land waren erst Anfang März die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben worden.

Zypern: Urlaubsparadies mitten in der dritten Corona-Welle

Leere Restaurants und Cafés in Nicosia.
Leere Restaurants und Cafés in Nicosia. © imago images/Xinhua | imago images/Xinhua

Auch in Zypern schlägt die dritte Welle zu: Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei über 300. Der kleine Staat auf der gleichnamigen Insel im östlichen Mittelmeer zählt pro Tag fast 400 Fälle. Das hört sich im Vergleich zu Deutschland nach wenig an – in dem EU-Land leben aber nur knapp über 1,1 Millionen Menschen.

Die Anfang des Jahres eingeführten Maßnahmen werden in Abhängigkeit von der Entwicklung der Infektionszahlen derzeit stufenweise gelockert. Friseure, Einkaufszentren, Kinos, Theater, Museen, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen sind derzeit wieder geöffnet. Es gilt allerdings eine generelle Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr. In der übrigen Zeit ist das Verlassen der Wohnung – außer um zu arbeiten – nur mit behördlicher Genehmigung höchstens zweimal täglich und zeitlich befristet gestattet. Weitere Lockerungen sollte es Mitte März geben. Wie das Land angesichts der Infektionslage verfährt, ist noch unklar.

Schwedens Sonderweg sorgt erneut für hohe Fallzahlen

Seit Beginn der Pandemie fährt Schweden eine andere Strategie als viele EU-Länder. Wenig Beschränkungen, möglichst viel Eigenverantwortung für die Bürger. Nicht zum ersten Mal scheint sich dieses Vorgehen nun zu rächen: Die Sieben-Tage-Inzidenz in dem Land liegt über 300. Nach einem Höchststand im Dezember waren die schwedischen Infektionszahlen erst gesunken, stiegen im Februar aber wieder an.

Seit 1. März müssen aufgrund der angespannten Corona-Lage Restaurants, Kneipen und Cafés um 20.30 Uhr schließen. Zuletzt hatte die Stadt Stockholm ihren Einwohnern empfohlen, einen Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Verkehr sowie etwa beim Friseur oder im Lebensmittelmarkt zu tragen. Geschäften und Einkaufszentren wird eine Begrenzung auf 500 Kunden empfohlen.

Masken im öffentlichen Nahverkehr – nur eine Empfehlung in Stockhol.
Masken im öffentlichen Nahverkehr – nur eine Empfehlung in Stockhol. © imago images/TT | imago images/TT

Seit Beginn der Pandemie zählte Schweden mit seinen 10,3 Millionen Einwohnern rund 684.000 Infizierte, von denen rund 13.000 starben.

Dritte Welle in Frankreich – erneut harter Lockdown

Wochenlang hatte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gegen einen erneuten Lockdown gesperrt – trotz aller Warnungen von Virologen. Eine massive dritte Corona-Welle lässt ihm aber nun keine andere Wahl: Ab Samstag, dem 20. März, gelten für rund 21 Millionen Bürger bereits zum dritten Mal in der Pandemie harte Beschränkungen. Die Überlastung der Krankenhäuser und mittlerweile mehr als 91.000 Todesfälle seit Beginn der Pandemie dürften die Maßnahmen rechtfertigen. Derzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Frankreich bei 285.

Ab dem Wochenende müssen im Pariser Großraum und in Teilen Nord- und Südfrankreichs erneut fast alle Geschäfte des nicht täglichen Bedarf schließen. Die Menschen dürfen ihre Häuser nur aus triftigen Gründen verlassen, etwa zum Einkaufen oder für den Arztbesuch.

(mit Infos von dpa/afp)

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