Auch in Deutschland breitet sich die britische Corona-Variante weiter aus. Was Unterscheidet die Mutation vom herkömmlichen Virus?

  • Die im vergangenen Dezember in Großbritannien entdeckte Corona-Muatation bereitet vielen Forschenden Sorge
  • Sie gilt als gefährlicher und kann andere Symptome verursachen, als die herkömmliche Virus-Variante
  • Welche Symptome typisch sind und wie hoch die statistische Sterblichkeit bei der Mutation ist, lesen Sie hier im Überblick

Dass sich ein Virus verändert, ist ein ganz normaler Vorgang. Auch Sars-Cov-2 ist bereits mehrere tausend Male mutiert. Die meisten Mutationen unterscheiden sich dabei nicht wirklich vom Ursprungsvirus. Nur wenige Corona-Varianten werden beobachtet und in Studien untersucht, da sie zum Beispiel als besonders ansteckend gelten.

Britische Corona-Mutation bereitet Forschenden Sorge

Sorgen bereitet Forschenden vor allem die „britische Variante“. Im Dezember 2020 berichteten Behörden in Großbritannien von einer neuen Sars-CoV-2-Virusvariante, die sich im Land ausbreitete. Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge beträgt der Anteil der britischen Mutation B.1.1.7. in darauf untersuchten, positiven Proben aus Deutschland inzwischen rund 55 Prozent – gut die Hälfte aller Infektionen. „Wir haben ganz klare Anzeichen dafür: In Deutschland hat die dritte Welle schon begonnen“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler im Gespräch mit der UN-Journalistenvereinigung (ACANU) in Genf. „Ich bin sehr besorgt.“

Bei der Variante B1.1.7 sind verschiedene Eiweiße auf der Oberfläche des Virus verändert, die es leichter machen, das Erbgut in menschliche Zellen einzuschleusen. Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité geht davon aus, dass diese Variante in etwa zwischen 22 und 35 Prozent ansteckender ist. Experten erwarten, dass sich die Mutation gegen die bisherigen Varianten durchsetzt.

Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin.
Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin. © imago images/photothek | imago stock

Coronavirus-Mutation verursacht veränderte Symptome

Gesundheitsbehörden bestätigen diese Vermutungen: Die mutierte britische Variante des Coronavirus ist nach Angaben des RKI deutlich infektiöser als die ursprünglich bekannte Form des Virus. Auch die Symptome können anders ausfallen als bei einer Ansteckung mit dem Ursprungsvirus. Lesen Sie dazu: Diese Corona-Mutationen gibt es

Die britische Statistikbehörde Office for National Statistics (ONS) befasste sich mit der Frage, inwieweit sich die Symptome einer Infektion mit der Variante B.1.1.7 aus Großbritannien und einer Infektion mit der ursprünglichen Form von Sars-CoV-2 unterscheiden. Zu diesem Zweck befragten Forscher Menschen, die zwischen dem 15. November 2020 und dem 16. Januar 2021 positiv auf Covid-19 getestet wurden, nach ihren Beschwerden.

Mehr Beschwerden bei Infektion mit Corona-Mutante

Generell sei der Anteil der Menschen, die nach einer Ansteckung an Beschwerden leiden, bei B.1.1.7 demnach etwas höher als bei anderen Virus-Varianten: 52,92 Prozent im Vergleich zu 47,7 Prozent,

Mehr zum Thema: Corona - Was wir wirklich über die Virusmutation wissen müssen

Die größten Unterschiede traten bei der Häufigkeit von Husten, Halsschmerzen, Erschöpfung, Muskelschmerzen und Fieber auf. Menschen, die sich mit der Variante B.1.1.7. angesteckt hatten, litten zwischen drei und etwa achteinhalb Prozent häufiger unter diesen Symptomen.

Drei Prozent seltener dagegen führte die mutierte Form zu Geruchs- und Geschmacksverlust. Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie Atemnot und Kopfschmerzen traten bei beiden Virus-Varianten etwa gleich häufig auf.

Corona: Mutation verursacht seltener Geruchs- und Geschmacksverlust

Diese Symptome treten bei einer Infektion mit der britischen Virus-Variante häufiger auf:

  • Husten
  • Müdigkeit
  • Halsschmerzen
  • Fieber
  • Gliederschmerzen

Diese Symptome treten bei einer Infektion mit der britischen Variante seltener auf:

  • Verlust des Geschmackssinns
  • Verlust des Geruchssinns

Keine Unterschiede in Hinblick auf die Corona-Symptome gab es der britischen Statistikbehörde zufolge bei:

  • Kopfschmerzen
  • Kurzatmigkeit
  • Durchfall
  • Erbrechen

Verlauf: Britische Corona-Mutation ist wohl auch tödlicher

Die britische Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) bewertet die britische Mutante nach mehreren Studien folgendermaßen: Nicht nur sei B.1.1.7. deutlich ansteckender, auch die Sterblichkeit bei mit der Mutation infizierten Menschen sei höher als bisher angenommen.

Die Forscher ermittelten ein rund 64 Prozent höheres Risiko im Vergleich zu anderen Corona-Varianten. Das absolute Todesrisiko in der untersuchten Gruppe war jedoch weiterhin gering. Es liege bei der Ausgangsvariante bei 2,5 und bei B.1.1.7 bei 4,1 pro 1000 Infizierten, berichten die Forscher im „British Medical Journal“. Das Team um Robert Challen von der University of Exeter hatte die Todesfälle von knapp 110.000 infizierten Menschen über 30 Jahre analysiert, die in Corona-Testzentren gekommen waren.

Auch das RKI bestätigt, dass es Hinweise auf eine erhöhte Fallsterblichkeit gebe. Dass die Variante bei Kindern und Jugendlichen zu schwereren Verläufen führt, konnte laut einer aktuellen Studie im Fachjournal „The Lancet Child & Adolescent Health“ aber nicht bestätigt werden.

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Corona-Mutation: Impfstoffe wirken trotzdem

Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gibt es dem RKI zufolge bislang nicht. Doch bei einer Sonderform der Variante – B.1.1.7 E484K – wird vermutet, dass sie das Virus unempfindlicher gegen bereits gebildete neutralisierende Antikörper macht. Demnach könnten die derzeit angewandten Impfstoffe gegen diese Sonderform eine geringere Wirksamkeit aufweisen.

Die neue Mutation E484K tritt auch in den Varianten B.1.351 aus Südafrika und P.1 aus Brasilien auf. Grundsätzlich aber gilt, dass eine komplette Impfstoff-Resistenz selten ist.

Übrigens: Wenn beispielsweise von der „britischen Variante“ gesprochen wird, bedeutet das nicht, dass die Mutation auch tatsächlich in Großbritannien entstanden ist. Die Varianten werden lediglich nach ihrem ersten Fundort benannt.