Anhui. In China wurde ein besonders perfider Fall von Organraub publik gemacht. Allerdings nicht vom Staat, der die Vorgänge als unwahr abtut.

Der Volksgerichtshof in der chinesischen Stadt Bengpu, in der Provinz Anhui, hat sechs Chinesen wegen Organraubs zu Haftstrafen verurteilt. Sie sollen elf Patientinnen und Patienten zwischen 2017 und 2018 Organe entnommen haben um sie zu verkaufen. Die Informationen zum Fall sind allerdings nicht von den örtlichen Behörden veröffentlicht worden, sondern vom Sohn eines Opfers, der den Medien Informationen zugespielt hat.

Ärzte drängten Familien, gefälschte Formulare zu unterschreiben

Die Geschichte liest sich wie ein Krimi: Einer der Ärzte, der ehemalige Leiter der Intensivstation des Huaiyuan Krankenhauses in Bengpu, soll die Ziele der Gruppe bestimmt haben – vornehmlich Opfer von Autounfällen und Menschen mit starken Hirnschäden.

Anschließend soll er die Familien der Opfer dazu gedrängt haben, einer Organtransplantation zuzustimmen. Noch in diesem Prozess leitete der Arzt die Laborergebnisse an seine Komplizen in der Stadt Nanjing weiter.

Opfer wurden in Lieferwagen operiert

Immer wenn ein geeigneter Kandidat für eine Transplantation gefunden worden sei, seien die Komplizen aus Nanjing nach Bengpu gereist um die Angehörigen der Opfer zur Unterschrift unter vermeintlich legitime Dokumente zu drängen, berichtet die „South China Morning Post“ .

Nachdem die Familien der Operation zugestimmt hatten, seien die Opfer in einen als Krankenwagen getarnten Liefer-Van verladen worden und dort hastig operiert worden – ohne die Anwesenheit von Mitarbeitenden des chinesischen Roten Kreuzes oder den Angehörigen, wie es das chinesische Recht gebietet.

Der Fall kommt ans Licht, weil sich Sohn des Opfers beschwert

Zehn von elf Operationen sollen dabei von einem Arzt durchgeführt worden sein, der für die Beschaffung von Spenderorganen in einem Krankenhaus in Nanjing verantwortlich war.

Die Geschichte kam nur ans Licht, weil sich der eingangs erwähnte Sohn eines Opfers bei den örtlichen Behörden beschwert hat. Zusammen mit seiner Schwester sei er genötigt worden, einen gefälschten Vertrag zu unterzeichnen. Dafür habe er von der kriminellen Gruppe 200.000 Yuan (etwas über 25.000 Euro) bekommen.

China hat kein funktionierendes System zur freiwilligen Organspende

Die sechs Angeklagten wurden vom Volksgerichtshof in Bengpu zu Haftstrafen zwischen zehn und 28 Monaten verurteilt. Die Anklage lautete auf den Straftatbestand der sogenannten „Beleidigung des Körpers“, auf die in China bis zu drei Jahre Haft stehen. Außerdem wurden sie wegen der Fälschung medizinischer Dokumente bestraft.

China hat seit vielen Jahren ein Problem damit, genügend freiwillige Organspenden zu bekommen – denn im asiatischen Land warten viele Menschen auf ein Spenderorgan. Im Jahr 2005 gab der damalige Gesundheitsminister Huang Jiefu zu, dass das chinesische Justizsystem jahrelang Gefangenen Organe entnommen habe.

Chinesische Menschenrechtler decken schon seit Anfang des Jahrtausends immer wieder Fälle von illegaler Organentnahme in China auf. Die Zentralregierung in Peking wies die Vorwürfe allerdings immer wieder zurück und verwies auf das angeblich funktionierende Programm zur freiwilligen Organspende.

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