Stanford. Paul Milgrom ging nicht ans Telefon, als das Nobelpreis-Komitee ihn anrief. Seinen Kollegen Robert Wilson machte die Not erfinderisch

Stellen Sie sich vor, Sie werden mit einem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch das Nobelpreis-Komitee, welches die Auszeichnung vergibt, kann Sie nicht erreichen, weil Sie das Telefon stumm gestellt haben. Was ausgedacht klingt, ist am Montag so tatsächlich passiert. Der US-Forscher Paul Milgrom, der den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat, erfuhr erst auf Umwegen von der Ehre.

Die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften plante die Bekanntgabe der Gewinner für 11.45 Uhr europäischer Zeit – in Kalifornien, wo die diesjährigen Preisträger leben und lehren, ist es da gerade einmal 2.45 Uhr in der Nacht. Vor der öffentlichen Bekanntmachung sollten die Preisträger aber informiert werden. Das Komitee erreichte zwar Robert B. Wilson, Paul Milgrom ging aber trotz mehrfacher Anrufe nicht ans Telefon.

Nobelpreisträger Milgrom musste aus dem Schlaf geklingelt werden

Wilson, der nicht nur zusammen mit Milgrom forscht, sondern auch dessen Nachbar ist, entschied daraufhin, die frohe Botschaft selbst zu überbringen: Gemeinsam mit seiner Frau ging er um 2.15 Uhr zu Milgroms Haus. Er klingelte Sturm und klopfte, bis dieser endlich an der Gegensprechanlage antwortete.

Hörbar verwirrt meldete sich der US-Ökonom. Er war wohl von dem Lärm, den sein Kollege machte, etwas unsanft geweckt worden. „Paul, hier ist Bob Wilson. Du hast den Nobelpreis gewonnen“, eröffnete ihm Wilson sogleich. „Sie versuchen dich zu erreichen, aber sie scheinen die falsche Nummer zu haben.“ Wilsons Frau ergänzt, dass sie dem Komitee mittlerweile auch Milgroms Handynummer gegeben hätten – und dass er endlich rangehen sollte.

Videokamera von Nobelpreisträger zeichnet nächtliches Sturmklingeln auf

Das Ganze hat eine Videokamera aufgezeichnet. Denn Milgrom hat eine smarte Klingel installiert, die das Geschehen vor seiner Haustür Tag und Nacht aufzeichnet. Das kuriose Video aus dieser denkwürdigen Nacht der Nobelpreisvergabe veröffentlichte die Stanford University, an der die beiden ausgezeichneten Forscher unterrichten, auf Twitter.

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Paul Milgrom selbst schien völlig überwältigt von der Nachricht, viel mehr als ein „Wow“ brachte er nicht heraus. Kein Wunder, er war ja gerade aus dem Tiefschlaf gerissen worden. Seine Frau, die zu dem Zeitpunkt in Stockholm war, konnte die Situation übrigens auch mitverfolgen: Sie erhielt auf ihrem Smartphone eine Benachrichtigung, dass jemand bei ihr Zuhause in Stanford geklingelt hatte. Über den Videostream erfuhr sie so live von der Auszeichnung ihres Mannes.

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Nobelpreisträger Wilson und Milgrom: Nachbarn und Kollegen

Der diesjährige Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ehrt die beiden US-Forscher für ihre Arbeiten zur Auktionstheorie. Der 72-jährige Milgrom und der 83-jährige Wilson hätten die Auktionstheorie „verbessert“ und „neue Formate“ für Versteigerungen entwickelt, hieß es in der Begründung. Von den Forschungen der beiden Ökonomen hätten weltweit Verkäufer ebenso profitiert wie Käufer und Steuerzahler, erklärte die Jury.

Der Wirtschaftsnobelpreis geht im Gegensatz zu den anderen Preisen nicht direkt auf das Testament des Preisstifters Alfred Nobel zurück. Er heißt deshalb offiziell „Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften“. Er wurde 1968 von der Schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel ins Leben gerufen und wird seit 1969 verliehen. Der Preis ist mit zehn Millionen Kronen (950.000 Euro) dotiert und wird dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie virtuell verliehen.

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