Berlin. 2007 wurde die Asiatische Tigermücke erstmals in Deutschland nachgewiesen – und breitet sich seitdem aus. Lässt sie sich aufhalten?

Dengue, Zika oder Chikungunya: Die Asiatische Tigermücke ist als Überträgerin tropischer Krankheitserreger gefürchtet. Seit einigen Jahren breitet sich die auffallend gestreifte Stechmücke auch in Deutschland immer weiter aus. Städte und Kommunen entlang des Oberrhein versuchen, die Ausbreitung der gefährlichen Plagegeister einzudämmen – die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wo in Deutschland breitet sich die Tigermücke aus?

Am stärksten hat sich die Asiatische Tigermücke in den vergangenen Jahren in Südbaden ausgebreitet. Zum ersten Mal in Deutschland nachgewiesen wurde sie 2007 auf einer Raststätte an der A5 bei Bad Bellingen. Besonders betroffen sind Freiburg im Breisgau und Heidelberg. Inzwischen wurde Aedes albopictus auch in Frankfurt/Main und in Mittelfranken (Bayern) nachgewiesen.

Verbreitet sind sie bereits in Italien, Frankreich und der Schweiz. Von Italien kommen sie als blinde Passagiere in Fahrzeugen nach Deutschland, insbesondere über die A5. Weltweit verbreitet sich die Mücke vor allem durch Importe von „Happy Bamboos“.

Die dekorativen Pflanzen sehen dem Bambus ähnlich, gehören aber zu den Drachenbäumen und brauchen für den Transport Wasser. Auch der weltweite Handel mit alten Autoreifen, in denen Wasser abgelagert ist, hat den Tigermücken den Weg nach Europa geebnet.

Unter welchen Bedingungen breitet sich die Tigermücke aus?

Im Gegensatz zur Rheinschnake, die im Wesentlichen in Überschwemmungsgebieten vorkommt, bevorzugt die Tigermücke künstliche Wasserbehältnisse als Brutstätte. Das können auch offene Regentonnen, vollgelaufene Topfuntersetzer oder Gießkannen auf Privatgrundstücken sein. Darum geht es bei der Bekämpfung der Mücke erster Linie um das Vermeiden unnötiger Wasseransammlungen.

„Die Entwicklung der Mücke wird durch Klimaextreme begünstigt – zum Beispiel durch hohe Temperaturen“, teilt die Stadt Ludwigshafen mit, die ebenfalls mit Tigermücken zu kämpfen hat. So könnten deren über der Wasseroberfläche abgelegte Eier inzwischen auch den Winter überstehen, warnt die Stadt.

Was wird gegen die Ausbreitung der Tigermücke getan?

Federführend beim Kampf gegen die Tigermücke ist die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS). Dem 1976 gegründeten Verband gehören knapp 100 Städte, Gemeinden und Landkreise sowie das Land Baden-Württemberg an. Aufgabe der Aktionsgemeinschaft ist die Bekämpfung der Stechmücken-Plage am Oberrhein, ihr Einsatzgebiet reicht vom Kaiserstuhl im Süden bis Hessen und zum rheinland-pfälzischen Bingen im Norden.

Wenn Haus- oder Gartenbesitzer den Verdacht haben, dass sich die Tigermücke auf ihrem Grundstück eingenistet hat, können sie die KABS informieren. Deren Mitarbeiter müssen dann über die Aussagen der Hausbewohner hinaus ein Foto oder ein selbst ein Exemplar der Mücke in die Hand bekommen. „Hier ist die Mithilfe der Bevölkerung notwendig“, sagt Norbert Becker von der Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung in Speyer, einer Tochter der KABS.

Wie geht die KABS gegen die Tigermücke vor?

KABS-Mitarbeiter prüfen zum Beispiel, ob im Schaft des Sonnenschirms Wasser steht oder ob sich in hohlen Zaunpfosten Feuchtigkeit angesammelt hat. In diesen Fällen kommt der biologische Wirkstoff Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) in einer Sprayflasche mit Wasser gelöst zum Einsatz. „Dieses Eiweißkristall ist unbedenklich für Hund, Katze, Maus und Menschen, für die Mückenlarven aber tödlich“, sagt die Mückenjägerin Gabriele Stadler, die in Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) im Einsatz ist.

Die Biologin arbeitet auch mit Insektenfallen: dunkle, mit Wasser befüllte Plastiktöpfe zum Anbringen in Gebüschen und Bäumen. Ein Holzstab lädt die Weibchen zur Ablage der Eier ein. Das erleichtert es Stadler, diese zu entfernen.

Auch die Stadtverwaltung von Ludwigshafen verstärkt den Kampf gegen das Insekt. Das Gesundheitsamt bittet die Bürger um Unterstützung vor allem im Neubaugebiet Melm: Die dortigen Haushalte werden mit einem Faltblatt und einer Packung Bti-Tabletten zur Behandlung möglicher Brutstätten versorgt.

Warum ist die Tigermücke so gefürchtet?

Die auch tagsüber stechlustige Tigermücke ist nicht nur ein Plagegeist. Sie ist auch ein potenzieller Überträger von Krankheitserregern, etwa des Dengue-, Zika- oder Chikungunya-Virus. Die Infektion mit dem Zika-Virus wird für eine von geistigen Einschränkungen begleitete Schädel-Deformation von Föten und Neugeborenen verantwortlich gemacht. Vor allem aus Brasilien sind Fälle bekannt.

Eine Ansteckung über die Tigermücke hierzulande hängt aber von vielen Bedingungen ab, wie Susanne Glasmacher vom Robert Koch-Institut erläutert. Erst müsste ein Reisender den Erreger mitbringen und von einem Blutsauger gestochen werden. In diesem müsste sich dann der Erreger bei hohen Temperatur vermehren, so dass er beim Stich eines anderen Menschen übertragen wird. „Das ist nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich“, meint Glasmacher.

In Südfrankreich habe es schon einzelne Fälle von Dengue-Fieber gegeben. Auch mit Blick auf die Klimaerwärmung sei die Bekämpfung wichtig. „Man muss vermeiden, dass sich ein neuer Überträger in Deutschland etablieren kann.“ (küp/dpa)