Berlin. Das gibt es sonst nur zu Weihnachten und Ostern: Der Papst spendet heute seinen Segen „Urbi et Orbi“ – vor dem verwaisten Petersplatz.

Besondere Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Papst Franziskus wird an diesem Freitag um 18 Uhr von den Stufen des Petersdom herab den Segen „Urbi et Orbi“ erteilen. Wegen der Corona-Pandemie werden auf dem Petersplatz keine Gläubigen stehen. Stattdessen ist die Welt per Fernsehen und Internet dabei.

„Wir werden das Wort Gottes hören, unser Bittgebet erheben, das Allerheiligste verehren, mit dem ich zum Abschluss den Segen ,Urbi et Orbi‘ erteile“, kündigte der Pontifex eine eher schlichte Zeremonie an. Das Katholiken-Oberhaupt will zudem den Zuschauern, die per TV oder Livestream dabei sind, die Generalabsolution erteilen. Unter anderem überträgt das ZDF in der ZDFheute-App und auf ZDFheute.de.

Coronavirus: Papst spricht Segen „Urbi et Orbi“

Wie aber der Ablauf im Detail sein soll, wussten vorab offenbar nicht mal enge Mitarbeiter im Vatikan. „Während die Menschheit vor der Bedrohung durch die Pandemie zittert, möchte ich allen Christen vorschlagen, gemeinsam ihre Stimme zum Himmel zu erheben“, erklärte Franziskus im Vorfeld. Alle Oberhäupter der Kirchen sowie alle Christen der verschiedenen Konfessionen sollten sich an dem Gebet beteiligen.

Der Segen „Urbi et orbi“ wird vom Papst sonst nur zu Ostern und Weihnachten gespendet, zudem direkt nach einem Konklave mit der Papstwahl. In einer feierlichen Zeremonie ruft der Papst dann Petrus und Paulus als Fürsprecher an. „Urbi et orbi“ ist der höchste und wichtigste aller Segen in der katholischen Kirche – „die absolute Pontifikalklasse“, wie es das Online-Portal katholisch.de formuliert. Doch diesmal ist alles anders.

Papst betet für ein Ende der Corona-Pandemie

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    Papst Franziskus spielt mit dem „Urbi et Orbi“ auf Risiko

    Es ist nicht nur ein in der Geschichte der katholischen Kirche einzigartiger Moment; die Corona-Krise stellt die Kirchen insgesamt vor eine schwierige Situation. Gottesdienste sind verboten, viele Bistümer und Gemeinden versuchen mit Internet-Gottesdiensten, Gebets-Chats oder Podcast-Botschaften den Kontakt zu den Gläubigen zu halten. Das findet auch in der Amtskirche nicht jeder gut, manche lästern über die „Geistergottesdienste“ via Internet. Andere sehen darin schon die Zukunft der Kirche.

    Nun greift als auch Franziskus zu außergewöhnlichen Maßnahmen. Dabei ist das für diesen Freitag angekündigte „Urbi et Orbi“ ein riskanter Versuch, die Christen über TV und Netz in der weltweiten Corona-Krise zu erreichen. Die Bilder des Pontifex vor dem verwaisten Petersplatz können zwar als Signal der Standhaftigkeit in schweren Zeiten wirken – aber auch wie ein Symbol für die sinkende Bedeutung von Religion in einer Zeit, da sich immer mehr Menschen von der Kirche abwenden. Franziskus spielt also auf Risiko.

    Das ist der Segen „Urbi et Orbi“

    Der Segen „Urbi et Orbi“ hat sich seit dem Mittelalter entwickelt. Heute zählt er zu den bekanntesten Riten der Kirche. Der Segen unterstreicht den Anspruch des Papstes, Führer der weltweiten Christenheit zu sein: Die Worte „Urbi et Orbi“, zu deutsch „Der Stadt und dem Erdkreis“, finden sich auch auf der Fassade der Lateranbasilika in Rom. Sie ist die Bischofskirche des Papstes.

    Seit Papst Paul VI. war es Usus, dass der Pontifex zu Ostern und Weihnachten den Segen durch Festtagsgrüße an die Gläubigen in aller Welt ergänzt – und zwar in deren Muttersprachen. So hielten es auch Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Franziskus setzte diese Tradition nicht fort, richtet sich aber vor dem Segen mit einer kurzen Ansprache an die Welt.

    Paul VI. war es auch, der im Jahr 1967 erklärte, „Urbi et Orbi“ könne nicht nur von den Gläubigen auf dem Petersplatz, sondern auch von den Zuhörern am Radio weltweit empfangen werden. Johannes Paul II. erweiterte dies 1985 zunächst auf das Fernsehen und 1995 auf Übertragungen im Internet. Aus „Urbi et Orbi“ wurde so, nun ja, „Urbi@Orbi“.