Dresden. An der Verleihung eines Ordens beim Semperopernball an den ägyptischen Diktator Al-Sisi gab es viel Protest. Nun zeigt das Wirkung.

  • Der ägyptische Machthaber al-Sisi sollte beim Semperopernball geehrt werden
  • Die Entscheidung rief zahlreiche Kritiker auf den Plan
  • Musiker Peter Maffay und andere drohten mit Absages
  • Nun will der Semperopernball-Verein den Orden aberkennen

Es hagelte in diesem Jahr vor dem Semperopernball in Dresden Kritik und auch Absagen von Prominenten, weil der sogenannte Georgs-Orden dem ägyptischen Diktator Abdel Fattah al-Sisi verliehen werden sollte. Nun hat der Semperopernball darauf reagiert.

„Herr Frey hat sich entschieden, dem ägyptischen Staatspräsidenten Al-Sisi seinen Sankt Georgs Orden wieder abzuerkennen“, bestätigte des Pressesprecher des Semperopernball-Vereins, Holger Zastrow, am Dienstagabend gegenüber saechsische.de.

Vorangegangen war ein Ultimatum des Musikers Peter Maffay, der ankündigte, er würde nur auf dem Ball auftreten, wenn die Auszeichnung für Al-Sisi zurückgenommen werde.

Nach „Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers hatte zuvor auch Mareile Höppner ab, die zunächst als Ersatz präsentiert worden war.

Der Grund dafür sei ein unerträglicher „Grad an Hass bis hin zu Bedrohungen“, habe sie dem MDR mitgeteilt, wie der Sender am Samstag bekanntgab. „Wir als MDR sind erschüttert über das Ausmaß der Verrohung“, hieß es. Wegen der umstrittenen Verleihung des St. Georgs Ordens des Semperopernballs an Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi hatte am Mittwochabend Rakers ihre Zusage zurückgezogen.

Der Opernballverein hatte al-Sisi am Sonntag den Preis in der Kategorie „Politik und Kultur“ verliehen. Dabei gibt es laut der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ in Ägypten rund 60.000 politische Gefangene.

Al-Sisi war als früherer General und Armeechef nach einem Militärputsch 2013 an die Macht gekommen und 2014 als Präsident vereidigt worden. Seitdem geht er mit harter Hand gegen Oppositionelle und Kritiker vor, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.

Judith Rakers Mitte Januar bei der Beerdigung von Jan Fedder in Hamburg.
Judith Rakers Mitte Januar bei der Beerdigung von Jan Fedder in Hamburg. © Getty Images | Christian Augustin

Judith Rakers ist „irritiert“ über Preis an al-Sisi

Hans-Joachim Frey, der Chef des Ballvereins, hatte die Auswahl des Preisträgers zunächst damit gerechtfertigt, dass der Ball eine Kultur- und keine politische Veranstaltung sei. Al-Sisi sorge in Ägypten für Stabilität, den Aufbau der Gesellschaft, für Kultur und Bildung – und er sei als Präsident der afrikanischen Union die Stimme Afrikas.

„Tagesschau“-Moderatorin Judith Rakers scheint dafür kein Verständnis zu haben. Die 44-Jährige drohte auf ihren Social-Media-Kanälen zunächst mit einer Absage ihrer Moderation des Balls. „Mich irritiert diese Verleihung sehr, und ich bin seitdem in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich als Moderatorin des Balls ziehen möchte“, schrieb Rakers.

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Roland Kaiser moderiert den Semperopernball trotzdem

Am nächsten Tag teilte sie dann mit: „Ich habe den Ballverein bereits am Montag um Auflösung des Moderations-Vertrages gebeten und warte noch immer auf Zustimmung.“ Das Presseteam der Veranstaltung twitterte daraufhin: „Als Semperopernball respektieren wir den Wunsch von Judith Rakers. Wir haben in ihrer Rolle als Tagesschau-Sprecherin volles Verständnis dafür.“

Schlagersänger Roland Kaiser, der den Semperopernball gemeinsam mit Rakers moderieren sollte, sagt seine Teilnahme an der Veranstaltung hingegen nicht ab. Zuvor hatte er sich allerdings ebenfalls kritisch geäußert. Aus dem „rauschenden kulturellen Ereignis“ sei „ein politisches geworden“, schrieb der 67-Jährige auf Facebook.

Opernball-Verein: Chef Frey entschuldigt sich

„Hätte ich vorab davon erfahren, hätte ich meine Teilnahme an der Veranstaltung nicht zugesagt“, schrieb Kaiser mit Blick auf die Ehrung für Al-Sisi auf Facebook. Er habe sich nun für die Moderation entschieden, um zu zeigen, „dass das Herz des Semperopernballs für Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit, Toleranz, Freiheit und Demokratie schlägt“.

Am vergangenen Dienstagabend entschuldigte sich Ballverein-Chef Frey: „Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren. Die Verleihung war ein Fehler.“ Frey hatte in der Vergangenheit schon mit einer anderen umstrittenen Entscheidung Schlagzeilen gemacht: 2009 war Russlands Präsident Wladimir Putin Ballgast und Preisträger. Der ägyptische Präsident wird beim diesjährigen Event nicht auftreten.

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Politiker kritisieren Ehrung von al-Sisi

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, Mitglied im Menschenrechtsausschuss, und Erhard Grundl, Kulturexperte, forderten Frey auf, die Entscheidung zurückzunehmen, auch um Schaden von der „hochgeschätzten“ Semperoper abzuwenden. Al-Sisi sei „ein lupenreiner Autokrat und Anti-Demokrat“, die Preisverleihung an ihn „ein Affront“ gegen alle friedlichen Regimekritiker.

Der Semperopernball ist ein Tanzball in der Dresdner Semperoper, der von 1925 bis 1939 jährlich stattfand und seit 2006 wieder regelmäßig vom Semper Opernball e. V. ausgerichtet wird. Zum Ball werden 2.500 Gäste erwartet. Hinzu kommen 15.000 Besucher des „Semper Openairballs“ auf dem Theaterplatz.

Sänger Peter Maffay ist als Star-Act eingeplant und wird seinen Auftritt nicht absagen. „Die Verantwortlichen des Semper-Opernballs haben die Kritik ernst genommen und sich entschuldigt. Sie räumen ein, dass die Verleihung des Preises an Al-Sisi ein Fehler war und distanzieren sich vollumfänglich“, begründete er in einem Statement gegenüber der Bild-Zeitung.

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Der Ball 2020 wäre eine Premiere für Judith Rakers gewesen. In den letzten Jahren moderierte Sylvie Meis die Veranstaltung. Sie verlor den Job wegen ihres tiefen Dekolletés. Rakers macht im Netz hingegen lieber mit Meinungen und emotionalen Statements auf sich aufmerksam. So widmete sie der verstorbenen Schauspielerin Hannelore Elsner einen rührenden Post.

(amw/br/dpa)