Berlin. Die Schweizer Schauspielerin Liselotte Pulver feiert 90. Geburtstag. Das Lachen aus vollem Hals wurde ihr Markenzeichen – bis heute.

Es ist ihr Lachen, das sich wie ein roter Faden durch ihre Karriere und ihr Leben zieht. Ein Lachen, das so gut in eine Zeit passte, in der man endlich wieder lachen wollte und durfte. Ein Lachen, so frisch wie aufgeschüttelte Bettwäsche in einem Schweizer Berghotel.

„Ich rede immer so, als wenn ich gleich loslachen könnte“, sagte Liselotte Pulver einmal. Die Deutschen ließen sich von ihrem Lachen gerne anstecken, in den Kinos der Wirtschaftswunder-Jahre, in denen ihre Filme wie „Ich und Du“ oder „Heute heiratet mein Mann“ flimmerten. Die Schauspielerin wird heute 90 Jahre alt.

Liselotte Pulver spielte Blondinen, wie man sie in den 50er- und 60er-Jahren bevorzugte

Den Frohsinn hat sie sich bewahrt, auch in der Seniorenresidenz in ihrer Geburtsstadt Bern, in der sie seit vielen Jahren lebt. Sie sei „rundum zufrieden“ dort, sagt sie in der „Hörzu“. Sicher, es zwicke mal hier und da, aber das sei ja wohl normal in ihrem Alter.

Selbstbewusst, aber nicht nassforsch, verführerisch, aber nie anrüchig, direkt, aber sympathisch, ein wenig aufmüpfig, aber keine Revoluzzerin: Mit ihrem sicheren Gespür für die Bedürfnisse ihres Publikums und für Komik spielte „die Lilo“ Blondinen, wie man sie in den 50er- und 60er-Jahren bevorzugte.

Als Puszta-Mädchen „Ich denke oft an Piroschka“ (1955) oder als verwegene Räuberbraut in „Das Wirtshaus im Spessart“ (1957) amüsierte sie ihr Publikum, gemäß dem damaligen Slogan „Mach Dir einen schönen Abend, gehe ins Kino“.

Aus Hollywood wurde nichts – ihre Rolle ergatterte Sophia Loren

Kopftuch-Mädchen Pulver in „Ich denke oft an Piroschka“ von 1955 und in den kräftigen falschen Farben des damaligen Filmmaterials.
Kopftuch-Mädchen Pulver in „Ich denke oft an Piroschka“ von 1955 und in den kräftigen falschen Farben des damaligen Filmmaterials. © picture alliance / | dpa Picture-Alliance /

Es war eine unwahrscheinliche Karriere für die Tochter eines Ingenieurs und einer Hausfrau, die eigentlich Sekretärin werden wollte, dann aber Schauspielunterricht nahm. Und sie hätte noch größer werden können. Als Fräulein Ingeborg tanzte sie im Pünktchenkleid in Billy Wilders „Ein, Zwei, Drei“ so eindrucksvoll auf dem Tisch, dass Hollywood sie als Schweizer Antwort auf Marilyn Monroe aufbauen wollte.

Doch die Weltkarriere machte eine andere. Denn Pulver traf eine Entscheidung, die zugleich die schlechteste und die beste ihres Lebens war. „Ich wollte einen großen Hollywoodfilm drehen, ,El Cid‘ mit Charlton Heston“, erzählt sie. „Ich hatte die Rolle schon ergattert und musste trotzdem absagen.“ Sie sei schon für einen anderen Film verpflichtet gewesen und breche niemals Verträge. „Das hat mich damals sehr geärgert.“ Sophia Loren sprang ein und wurde zur gefeierten Diva.

So schön war die Schwarzweiß-Zeit: Liselotte Pulver bei den Dreharbeiten für den (farbigen) Film „Kohlhiesels Tochter“ von 1962.
So schön war die Schwarzweiß-Zeit: Liselotte Pulver bei den Dreharbeiten für den (farbigen) Film „Kohlhiesels Tochter“ von 1962. © dpa

Doch bei dem anderen Film, „Gustav Adolfs Page“, lernte sie die Liebe ihres Lebens kennen, Schauspieler Helmut Schmid, den sie 1961 heiratete „Die wichtigen Entscheidungen trifft das Schicksal“, stellt sie fest. Zusammen drehten sie „Kohlhiesels Tochter“ – ein Film, den sie heute noch besonders gern mag. Pulver wurde Mutter eines Sohns und einer Tochter, und es schien, als seien ihr Heile-Welt-Image und ihr Privatleben deckungsgleich. Bis 1989, als ihre Tochter den Freitod wählte. Später stellte ihre Schwester sie in einem Buch als kaltherzig dar.

Pulver war oft ein bisschen verliebt in ihre Filmpartner

Aus Hollywood wurde also nichts, doch Pulver behauptete sich auch in ernsten Rollen wie in „Zürcher Verlobung“. Und sie erspielte sich neue Fangemeinden: Allen, die in den 70er-Jahren großgeworden sind, wird sie ewig als Ziehmutter von Riesenbär Samson in der „Sesamstraße“ in Erinnerung bleiben.

Heute liest sie viel, besucht oft ihren Sohn und Enkel in ihrem früheren Haus am Genfer See, macht jeden Tag einen Spaziergang, „selbst durch Wind und Wetter“. An die alten Zeiten denkt sie gern. Sie sei auch ein bisschen stolz auf das, was sie geschafft hat. In Filmpartnern wie Hans Albers, Curd Jürgens oder Hardy Krüger sei oft ein bisschen verliebt gewesen: „Es handelte sich aber, um das klar zu sagen, um harmlose Romanzen.“

„Lilo“ vermisst das Rampenlicht nicht

Als Schmid in ihr Leben trat, sei auch damit Schluss gewesen. Aber tolle Freundschaften entstanden, etwa mit Blacky Fuchsberger. Oder mit Heinz Rühmann, der ihr väterliche Ratschläge gab: „Du hast einen Scheißfilm gemacht, mach schnell einen anderen hinterher“, habe er ihr einmal auf einer Gala ins Ohr geraunt.

„Da war immer was los, ich war in der Welt unterwegs“, sagt sie über ihre Jahre als großer Star. Aber: „Ich vermisse nichts, auch nicht das Rampenlicht.“

Bei der Bambi-Verleihung im letzten November wurde Liselotte Pulver für ihr Lebenswerk geehrt.