Berlin. Petra Schmidt-Schaller spielt im ARD-Drama „Wendezeit“ eine Stasi-Agentin – eine Idealbesetzung. Warum der Film dennoch Schwächen hat.

Agenten haben nie Feierabend. Notfalls muss man auch mal schnell von der Geburtstagsparty des Gatten für ein paar Stunden verschwinden und einen alten Stasi-Freund in Ostberlin erschießen, bevor er einem als Überläufer gefährlich werden könnte. Die Messerwunde am Bauch, die man vom Zweikampf davontrug, näht man flugs im Badezimmer, die blonde Tarn-Perücke fliegt in den Schrank – schon wird weitergefeiert.

Dass die Abwesenheit der Hausherrin niemandem auffällt, muss man nicht sehr glaubhaft finden, aber will man schon zu Beginn des Spionagethrillers „Wendezeit“ kleinlich sein? Die wummernde Musik signalisiert: Könnte aufregend werden. Lassen wir uns also darauf ein.

Von der Stasi entsandt

Immerhin dreht Regisseur Sven Bohse hier schon ein ziemlich großes Rad aus den Tagen des Mauerfalls und findet in Petra Schmidt-Schaller eine ideale Besetzung für seine Doppelagentin Saskia Starke. Von der Stasi einst entsandt, arbeitet sie bei der CIA in West-Berlin und droht an ihren inneren Konflikten und ihrem Leben zwischen den Welten und Anschauungen zu zerbrechen.

Immer noch überzeugt von der guten Sache, aber auch seit 18 Jahren in der Feindeswelt mit einem tadellosen Mann (Harald Schrott) verheiratet und Mutter von zwei Kindern, die sie liebt. Schmidt-Schaller spielt dieses menschliche Drama wunderbar präzise und äußerlich unaufgeregt: Ihre Saskia muss in den Tagen der Wende befürchten, dass ihre Tarnung auffliegt.

Der CIA-Chef als Verfolger

Auf den Fersen ist ihr der neue Berliner CIA-Chef, den der dänische Filmstar Ulrich Thomsen zu einem Pokerspieler veredelt, dessen Ruhe Frosttemperaturen verbreitet. Er jagt den Maulwurf im Büro, dessen sonstige Mitarbeiter im übrigen eher so klischeehaft wirken wie Deutsche sich Amerikaner gern vorstellen.

Auf der anderen Seite, mindestens so kühl wie der Gegner, lässt Bohse den berüchtigten Geheimdienstchef Markus Wolf als eine Art Ersatzvater für seine Agentin auftreten – ihr eigentlicher Vater (André Hennicke) präsentiert sich als Überzeugungstäter, der die Tochter nur in ihrer Funktion wahrnehmen will. Robert Hunger-Bühler gibt Wolf als regungslosen Teufel im grauen Mantel, auch das eine starke Vorstellung.

Groß in den kleinen Szenen

Die Realität jener Tage belässt Bohse eher dezent im Hintergrund, in Fernsehbildern, in Reaktionen in Büros oder Wohnzimmern. Verknüpft er Wirklichkeit und Fiktion, geht das eher daneben: Die Szene, in der sich Saskia und ihre CIA-Kollegen unter die große Alexanderplatz-Demo mischen, wirkt auffallend unecht und oberflächlich inszeniert.

Im Kleinen wiederum gelingen Bohse spannende Momente, etwa wenn der Lügendetektor-Test droht, aber auch berührende, wenn Saskia ihrem desillusionierten Vater im Osten nach dem Mauerfall noch einmal begegnet und er ein Bild von ihren Kindern sehen möchte.

Das Agentenhandwerk hat man freilich schon überzeugender serviert bekommen. Auch Saskias Versuche, schneller an den Mikrofilm mit den Namen aller Ostagenten zu kommen, als die CIA, wirken doch eher haarsträubend. So kann man natürlich nicht die Erschütterungen auslösen, die dem Thema angemessen wären. Was bleibt, ist dann ganz ordentliche Unterhaltung mit guten Schauspielern.