Luxemburg. Viele Websites binden Facebooks „Like“-Button ein. Laut einem Urteil für die Erhebung der Daten sind die Betreiber mitverantwortlich.

Wer im Netz jetzt schon von der täglichen Frage nach dem Gebrauch von Cookies genervt ist, muss sich auf noch mehr juristische Nachfragen auf dem Bildschirm einstellen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt, dass Besucher von Webseiten ihre Zustimmung geben müssen, bevor sie einen „Like“-Knopf für Facebook auch nur zu sehen bekommen. Die Luxemburger Richter stärken damit den Datenschutz in der Online-Welt (Rechtssache C-40/17).

Auf zahlreichen Webseiten stehen unter oder neben den eigentlichen Inhalten kleine Symbole, mit denen sich eine Meinung direkt in die sozialen Netzwerke schießen lässt. Besonders häufig finden sich zwei Bildchen: ein Vogel, um den Inhalt auf Twitter zu teilen, und ein „f“, das auf Facebook führt. Hier kann beispielsweise der Kunde eines Online-Shops der ganzen Welt mitteilen, dass er ein bestimmtes Produkt gekauft hat. Eine Variante ist eine Schaltfläche, die nur ein „Gefällt Mir“-Signal auf die Seite der Ware oder Dienstleistung auf Facebook sendet.

Daten werden an Facebook übertragen

Doch die harmlosen Schaltflächen haben es in sich. Öffnet ein Nutzer eine Seite, auf der ein Like-Button eingebunden ist, werden Daten an die Server von Facebook übertragen. Dazu gehören etwa die IP-Adresse und Cookies, die personenbezogene Daten der Nutzer enthalten. Selbst wenn der Nutzer nicht bei Facebook eingeloggt oder gar kein Mitglied ist, werden Daten übermittelt. Facebook bekommt also Informationen, ohne dass Webseitenbesucher sich bewusst dafür entschieden hätten.

Darüber hinaus sammelt Facebook jedes geklickte Like. Es wird Teil des dort gespeicherten Profils des Konsumenten. Zu den meisten seiner 2,4 Milliarden aktiven Nutzer besitzt der Konzern Hunderte, Tausende oder Zehntausende dieser sogenannten Datenpunkte. Er weiß bei sehr aktiven Teilnehmern nicht nur, welches Konzert sie gut fanden und wie sie zur Flüchtlingspolitik stehen. Er weiß auch, wie sie auf Beleidigungen reagieren oder ob sie mehr fröhliche oder mehr deprimierte Smileys verwenden.

Daraus ergibt sich im Gesamtbild ein Profil, aus dem sich Verhalten und Vorlieben ableiten lassen. Das wiederum erlaubt gezielte Werbung. Die Wahlkampagnen für Donald Trump und den Brexit haben diesen Datenschatz genutzt, um Bürger gezielt zu beeinflussen: Je nach ihrer vorherrschenden Meinung erhielten sie andere Argumente und emotionale Impulse.

Milliardengewinn für Facebook dank Nutzerdaten

Wer beispielsweise starkes Sicherheitsdenken gezeigt hatte, bekam den Brexit als Schutz vor Einwanderern dargestellt. Abenteuerlustige Leute bekamen ihn als aufregenden Neuanfang präsentiert. Aus diesen Gründen gelten solche Daten heute als das Erdöl des Informationszeitalters. Analysten messen für jeden Facebook-Nutzer 52.000 Eigenschaften.

Jede Veröffentlichung dort und jeder Like von einer anderen Webseite dient der Vervollständigung des Persönlichkeitsprofils. So kann Facebook uns genau die Sachen zeigen, die uns interessieren. Der Konzern macht damit im Jahr gut 20 Milliarden Euro Jahresgewinn, also etwa so viel wie BASF, Siemens und Daimler zusammen.

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Verstoß gegen Datenschutzrecht

Die Richter in Luxemburg befassten sich nun mit dem Like-Button wegen eines Streits zwischen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und dem Mode-Online-Händer Fashion ID der Peek & Cloppenburg KG mit Sitz in Düsseldorf aus dem Jahr 2015. Die Verbraucherzentrale hatte erklärt, die Verwendung des Gefällt-mir-Buttons verstoße gegen Datenschutzrecht, und reichte eine Unterlassungsklage gegen Fashion ID ein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bat den EuGH dann 2017 um die Auslegung mehrerer Datenschutz-Bestimmungen.

Der EuGH argumentierte, die Einbindung des Buttons erlaube es Fashion ID, die Werbung für ihre Produkte zu optimieren, indem diese bei Facebook sichtbarer würden. Das sei ein wirtschaftlicher Vorteil, für den Fashion ID „zumindest stillschweigend“ der Erhebung personenbezogener Daten der Webseitenbesucher zugestimmt habe. Für die Datenverarbeitung, die Facebook nach der Übermittlung der Daten vornimmt, sei die Webseite aber nicht verantwortlich.

Milliardenstrafe für Facebook

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    Verbraucherzentrale NRW begrüßt Urteil

    Die Verbraucherzentrale feierte den Ausgang des Verfahrens. „Durch das heutige EuGH-Urteil hat die Verbraucherzentrale NRW mit ihrer Klage gegen das Unternehmen Fashion ID eine Stärkung der Verbraucher-Datenschutzrechte beim Facebook-Like-Button mit Signalwirkung erreicht“, erklärte Vorstand Wolfgang Schuldzinski. Die Digitalbranche hingegen befürchtet weitere Störungen beim Besuch von Webseiten. „Hier wieder das Einwilligungsprinzip für alle Nutzer zugrunde zu legen, geht an jeder Realität vorbei – das macht jede Webseitennutzung aus Sicht der Nutzer maximal kompliziert und umständlich“, kritisiert Thomas Duhr, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVWD). Durchleitungen von Seiten auf soziale Netze seien heute sehr häufig.

    Facebook-Jurist Jack Gilbert erklärte in einer ersten Reaktion, man werde die Entscheidung analysieren und mit den Webseitenpartnern zusammenarbeiten, damit diese rechtskonform weiterhin von Plug-ins wie dem Like-Button profitieren könnten.