Berlin. Die brennende Notre-Dame in Paris hat weltweites Entsetzen ausgelöst. Woher kommt diese große Fassungslosigkeit? Ein Erklärungsversuch.

Es ging alles so schnell. Eben noch war da nur ein wenig grauer Rauch über der Kathedrale Notre-Dame zu sehen. Auf einmal standen große Teile des Dachs in Flammen, der kleine Spitzturm brach zusammen, später auch das Dach. Übrig blieben die zwei rechteckigen Türme der berühmten Fassade – und große Fassungslosigkeit.

Die Menschen standen auf den Straßen von Paris, ob Einheimische oder Touristen, den Blick nach oben gerichtet, wo das riesige Feuer den Himmel orange färbte. Bestürzung und Entsetzen in den Gesichtern, Kopfschütteln und Sprachlosigkeit.

Das Feuer in der Kathedrale Notre-Dame, das große Teile der Kirche zerstörte, macht betroffen, auch außerhalb Frankreichs. Das hat mit der Bekanntheit des Gebäudes zu tun, mit seiner geschichtlichen Bedeutung und nicht zuletzt mit der Macht von Feuer.

Pariser Kathedrale Notre-Dame in Flammen

Am Abend des 15. April stand die Kathedrale Notre-Dame in Flammen.
Am Abend des 15. April stand die Kathedrale Notre-Dame in Flammen. © Reuters | CHARLES PLATIAU
Über dem Wahrzeichen von Paris war eine dicke Rauchwolke zu sehen.
Über dem Wahrzeichen von Paris war eine dicke Rauchwolke zu sehen. © Reuters | CHARLES PLATIAU
Die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt, Anne Hidalgo, sprach von einem „fürchterlichen Brand“.
Die Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt, Anne Hidalgo, sprach von einem „fürchterlichen Brand“. © dpa | Thibault Camus
Notre-Dame ist eine der Pariser Top-Touristenattraktionen und wird jährlich von Millionen von Menschen besucht.
Notre-Dame ist eine der Pariser Top-Touristenattraktionen und wird jährlich von Millionen von Menschen besucht. © Reuters | Benoit Tessier
Die Kathedrale steht im Herzen der Stadt auf der Île de la Cité. Ihre Geschichte reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Fast 200 Jahre vergingen bis zur Fertigstellung.
Die Kathedrale steht im Herzen der Stadt auf der Île de la Cité. Ihre Geschichte reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Fast 200 Jahre vergingen bis zur Fertigstellung. © dpa | Lori Hinant
Das Feuer war fast in der ganzen Stadt zu sehen, hier vom Hügel Montmartre im Norden von Paris.
Das Feuer war fast in der ganzen Stadt zu sehen, hier vom Hügel Montmartre im Norden von Paris. © Getty Images | Kay-Paris Fernandes
Am Montagabend gab es zunächst die Befürchtung, die Kathedrale könnte der Hitze nicht standhalten und zusammenstürzen.
Am Montagabend gab es zunächst die Befürchtung, die Kathedrale könnte der Hitze nicht standhalten und zusammenstürzen. © dpa | Diana Ayanna
Für den filigranen Spitzturm stimmte das auch: Er kollabierte.
Für den filigranen Spitzturm stimmte das auch: Er kollabierte. © Reuters | Benoit Tessier
Die untergehende Sonne hatte Mühe, sich durch den Rauch bemerkbar zu machen.
Die untergehende Sonne hatte Mühe, sich durch den Rauch bemerkbar zu machen. © Reuters | JULIE CARRIAT
Die Menschen in Paris konnten es nicht fassen.
Die Menschen in Paris konnten es nicht fassen. © Reuters | Benoit Tessier
Etwa 400 Feuerwehrleute waren bei dem Brand im Einsatz.
Etwa 400 Feuerwehrleute waren bei dem Brand im Einsatz. © Reuters | CHARLES PLATIAU
Der Schock saß bei den Menschen in Paris tief.
Der Schock saß bei den Menschen in Paris tief. © Reuters | Benoit Tessier
Neben dem Eiffelturm gilt die Kathedrale Notre-Dame als eines der Wahrzeichen von Paris.
Neben dem Eiffelturm gilt die Kathedrale Notre-Dame als eines der Wahrzeichen von Paris. © dpa | Matthias Wagner
Staatschef Emmanuel Macron hatte sich noch am Abend ein Bild von der Lage gemacht. Er versprach einen Wiederaufbau der Kathedrale.
Staatschef Emmanuel Macron hatte sich noch am Abend ein Bild von der Lage gemacht. Er versprach einen Wiederaufbau der Kathedrale. © Reuters | Philippe Wojazer
Schauderhaft glühte das Feuer in der Nacht.
Schauderhaft glühte das Feuer in der Nacht. © Reuters | Philippe Wojazer
Lichterloh schlugen die Flammen aus dem Dachstuhl.
Lichterloh schlugen die Flammen aus dem Dachstuhl. © dpa | Julien Mattia
Am frühen Morgen war der Brand laut Pariser Feuerwehr unter Kontrolle.
Am frühen Morgen war der Brand laut Pariser Feuerwehr unter Kontrolle. © Reuters | Philippe Wojazer
Die erschreckenden Bilder wirkten aber noch nach.
Die erschreckenden Bilder wirkten aber noch nach. © dpa | Julien Mattia
Feuerwehrleute werfen einen Blick in die Kathedrale.
Feuerwehrleute werfen einen Blick in die Kathedrale. © Reuters | Philippe Wojazer
Das Innere der Kathedrale Notre-Dame nach dem Brand.
Das Innere der Kathedrale Notre-Dame nach dem Brand. © Reuters | Philippe Wojazer
Auch am Tag danach gibt es weiter Arbeit für die Feuerwehr.
Auch am Tag danach gibt es weiter Arbeit für die Feuerwehr. © Reuters | YVES HERMAN
Was war die Ursache für den Brand?
Was war die Ursache für den Brand? © Reuters | YVES HERMAN
Notre-Dame wurde zum großen Teil verwüstet. Der Wiederaufbau wird dauern.
Notre-Dame wurde zum großen Teil verwüstet. Der Wiederaufbau wird dauern. © Reuters | YVES HERMAN
1/23

Notre-Dame war schon immer da – ein Zeichen von Beständigkeit

Die gotische Kathedrale, die mitten im Herzen von Paris thront wie eine Diva, die zur Audienz bittet, ist nicht irgendein Gebäude. Sie ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Zu einem Paris-Besuch gehört auch ein Abstecher zur Kathedrale, ebenso wie zum Eiffelturm und zur weißen Basilika Sacré-Cœur auf dem Hügel Montmartre.

Ein Teil der Stadt, der schon immer da war und der bei aller Unruhe in einer so großen Metropole immer auch ein wenig Ruhe bietet. Eine erhabene Form von Beständigkeit und Verlässlichkeit. Seht her, ich bin noch da, egal wie groß der Trubel sonst auch sein mag.

Notre-Dame in Flammen – Mehr zum Thema

• Zahlen und Fakten: Die wichtigsten Fakten zur Pariser Kathedrale Notre-Dame
• Titelseiten französischer Medien: „Unser Drama“: So titeln Frankreichs Zeitungen zum Brand

Zudem ist Notre-Dame eine Kirche. Ein monumentaler Bau, dessen Geschichte bis in das 12. Jahrhundert zurückreicht. Die schiere Größe ist beeindruckend, die baulichen Details des Gebäudes für einen Laien nur schwer zu fassen. Ob man nun katholisch ist oder nicht. Ein Verständnis von Schönheit und Eleganz hat mit Glauben nicht viel zu tun.

Brand in der Kathedrale – die große Macht des Feuers

Auch daher kommt das große Entsetzen. Dass so ein meisterliches Konstrukt, mehr als 30 Meter hoch und fast 130 Meter lang, dessen Fertigstellung fast 200 Jahre dauerte, dann binnen weniger Stunden beinahe in sich zusammenfällt, das sprengt das Vorstellungsvermögen. Das mag und kann man sich nicht ausdenken.

Von den kunst- und kirchenhistorischen Schätzen mal ganz abgesehen. Unter anderem soll in der Kirche die Dornenkrone liegen, die Jesus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll. Die Gefahr, dass das Feuer Reliquien wie diese zerstört, war real. Dem Einsatz der Pariser Feuerwehr ist es zu verdanken, dass bei dem Feuer nicht noch mehr vernichtet wurde.

Apropos Feuer. Was für eine Macht, was für eine Zerstörung! Wie hilflos man daneben steht und nichts weiter tun kann, als zuzusehen und zu hoffen, dass es irgendwie gelingt, den Brand zu stoppen. Zumindest noch ein klein wenig von diesem Gebäude zu retten. Auch das macht fassungslos.

Weil es einem bewusst macht, wie groß die Naturgewalt und wie klein die eigenen Möglichkeiten sind, wenn ein Feuer sich den Weg bahnt. Der Wiederaufbau von Notre-Dame wird wohl Jahrzehnte dauern.

Mir hat meine Großmutter einmal gesagt: „Wenn du dich irgendwo einsam fühlst, geh‘ in eine Kirche. Das hilft.“ Als ich im Februar 2003 zum Studieren nach Paris kam, hat mich die große Stadt in den ersten Tagen ziemlich überwältigt. Ich habe mich an einem Nachmittag auf eine der Bänke in die Kathedrale gesetzt. Meine Großmutter hatte Recht.

Die Bilder der brennenden Kirche haben mich im Herzen getroffen.