Düsseldorf. In fast allen Supermärkten und Discountern gibt es Fleisch aus nachhaltiger Produktion. Doch am Ende gucken Kunden nur auf den Preis.

Wenn es um nachhaltige Ernährung und Tierschutz geht, wirken die Deutschen schizophren: In Umfragen gibt die Mehrheit an, gerne mehr Geld für Fleisch auszugeben, wenn es dem Wohl der Tiere hilft. Am Ende greifen wir dann aber doch zum billigen Fleisch zum Discounter-Preis.

Dabei gibt es mittlerweile fast überall auch Fleisch, das zu besseren Bedingungen produziert wurde. Die meisten Handelsketten und Discounter haben in den vergangenen Monaten bei Frischfleisch Packungsaufdrucke eingeführt, die auf den ersten Blick Aufschluss über die Umstände geben, unter denen die Schlachttiere aufwachsen. Den Verbrauchern soll damit mehr Wahlmöglichkeiten in Sachen Tierschutz gegeben werden.

Ernährungsreport 2018: Verbraucher sind bereit, mehr zu zahlen

Der Handel hat damit wohl auch auf Umfragen reagiert. Bei einer repräsentativen Umfrage für den „Ernährungsreport 2018“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums gab fast die Hälfte (47 Prozent) der Befragten an, sie seien „auf jeden Fall“ bereit, einen höheren Preis für Lebensmittel zu bezahlen, wenn dies den Tieren eine bessere Haltung sichere. Weitere 43 Prozent zeigten sich geneigt, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Nur zwei Prozent der Befragten wollten dies auf keinen Fall tun.

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    Zwischen der Umfragesituation und dem Supermarkteingang scheinen diese zwei Prozent der Befragten dann aber erstaunlich viele Mitstreiter zu finden. „Wir bemerken, dass die Kunden in der Regel eher zu Fleisch von konventionell gehaltenen Tieren greifen“, heißt es etwa bei Aldi Süd. Auch Rewe rennt bei dem Versuch, in zwei Testregionen Schweinefleisch aus tierfreundlicherer Haltung mit einem Aufschlag von 50 Cent zu verkaufen, nicht gerade offene Türen ein. „Aktuell sehen wir eine – erwartete – verhaltene Zurückhaltung“, sagte ein Sprecher.

    Für den Marketing-Experten Ulrich Enneking von der Hochschule Osnabrück ist die Diskrepanz zwischen Sagen und Tun beim Fleischeinkauf nicht verwunderlich. „Einkaufen ist oft eine Pflichtveranstaltung. Ein Großteil der Kunden – vielleicht zwei Drittel - ist in Hektik oder gedankenlos oder hat schlicht keine Lust, groß die verschiedenen Alternativen im Angebot zu prüfen“, meint er.

    Experte hat Hoffnung

    Gewohnheitskäufe spielten beim täglichen Einkauf eine große Rolle. Da sei es kein Wunder, dass neue Tierwohlangebote erst einmal links liegengelassen würden. Ein Teil der Verbraucher dürfte zudem auch zweifeln, ob höhere Preise wirklich den Tieren zugutekommen oder nicht nur die Konten der Händler füllt.

    In einem großangelegten Versuch hatte Enneking Kunden für Testkäufe gewonnen: Mit dem Ergebnis, dass auch sie meist konventionelle Fleischprodukte kauften. Hoffnung, dass sich das Kaufverhalten ändert, hat der Forscher dennoch. Die Zahl der Verbraucher, die tatsächlich Tierwohl-Produkte kaufen, kann in den nächsten Jahren sicher noch deutlich gesteigert werden», meint er. Heute entschieden sich rund 25 Prozent der Verbraucher für Tierwohl- oder Bio-Produkte.

    „Es ist wahrscheinlich möglich, diese Zahl auf 40 bis 50 Prozent zu steigern. Darüber hinauszukommen dürfte aber schwer werden. Vielen Leuten ist das Thema Tierwohl einfach nicht wichtig“, urteilt er. Entscheidend seien dabei die Glaubwürdigkeit des Tierwohllabels und ein langer Atem.

    Der Experte glaubt auch, dass ein staatliches Tierwohllabel dieses Vertrauen beim Verbraucher erzeugen kann.

    Quellen:
    Ernährungsreport: Das wollen die Deutschen beim Essen

    Schützt der Verzehr von Bio-Lebensmitteln vor Krebs?

    (dpa/ac)