Essen/Freiburg. Ein Bischof kritisiert die katholische Sexualmoral: Franz-Josef Overbeck aus Essen wünscht sich weniger Vorurteile gegen Homosexuelle.

Eine neue, vorurteilsfreie Einstellung zur Homosexualität: Das fordert der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck von den Katholikinnen und Katholiken. „Eines steht fest: Jeder Mensch kann äußerst respekt- und liebevolle zwischenmenschliche Beziehungen eingehen“, schreibt er in einem Gastkommentar für die „Herder Korrespondenz“.

Gruppen davon auszuschließen sei „Ausdruck eines Vorurteils, das für Betroffene schwer zu ertragen ist und letztlich zu ihrer Diskriminierung oder gar Kriminalisierung beiträgt.“

Mit seiner Forderung zu Akzeptanz und Toleranz wendet sich Overbeck vor allem gegen die Stigmatisierung homosexueller Priester im Zuge des Missbrauchskandals in der katholischen Kirche.

„Weder die hetero- noch die homosexuelle Orientierung eines Menschen als solche kann und darf als Ursache für sexuellen Missbrauch betrachtet werden“, schreibt Overbeck in dem Beitrag.

Priestertum nur für heterosexuelle Männer

Darum wäre es geradezu abwegig zu behaupten, das Problem sexuellen Missbrauchs ließe sich etwa dadurch lösen, den Zugang zum Priestertum nur auf heterosexuell empfindende Männer zu beschränken.

Mit einer solchen Forderung werde die gefährliche Illusion genährt, für die Lösung eines „so komplexen Problems“ wie des sexuellen Missbrauchs ein Patentrezept zu besitzen.

Vermeintlich einfachen Antworten widerstehen

Der Essener Bischof setzt sich in seinem Beitrag (Bezahlinhalt) auch dafür ein, nicht auf biblischen Vorurteilen gegenüber Homosexuellen zu beharren. Man müsse der „fundamentalistischen Versuchung“ der vermeintlich einfachen Antworten widerstehen.

Gleichzeitig sei die „sensible Frage“ nach dem kirchlichen Status gleichgeschlechtlicher Beziehungen von der Debatte über die katholische Sexualmoral ausgenommen.

Homosexualität ist in der katholischen Kirche immer wieder Gegenstand theologischer Auseinandersetzungen. Außerdem gibt es immer wieder Stimmen, die behaupten, Homosexualität sei in der Kirche als sexuelle Orientierung deutlich verbreiteter als in der Zivilbevölkerung.

Der Papst hat sich in der Vergangenheit unterschiedlich geäußert. 2016 hatte sich Papst Franziskus in seiner Schrift „Amoris laetitia“ (Die Freude der Liebe) für die Anerkennung homosexueller Lebensweisen ausgesprochen.

Papst inkonsequent in seiner Haltung

Im Dezember 2018 hatte er Homosexualität jedoch als Modeerscheinung bezeichnet und davon gesprochen, Kinder mit homosexuellen Neigungen psychiatrisch behandeln zu lassen. Diese Aussage relativierte er aber später.

Im vergangenen Herbst sorgten schwulenfreundliche Äußerungen des Jesuitenpaters Ansgar Wucherpfenning dafür, dass der Vatikan die Zustimmung zu seiner erneuten Ernennung als Leiter der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main zunächst verweigerte. (epd/aba)