WashingTon. Nie gab es ein so weit von der Erde entferntes Rendezvous einer Nasa-Sonde mit einem Himmelskörper wie das von „New Horizons“ jetzt.

­­Raumfahrtgeschichte hat „New Horizons“ schon jetzt geschrieben. Im Juli 2015 flog die etwa Klavier-große und rund 500 Kilogramm schwere Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa als erster irdischer Flugkörper am Zwergplaneten Pluto vorbei – und lieferte Wissenschaftlern einen Schatz an Bildern und Daten.

„Es war ein kleiner Schritt für ,New Horizons‘, aber ein gigantischer für die Menschheit“, jubelte Missionschef Alan Stern danach, und der damalige Nasa-Chef Charles Bolden schwärmte von einem „phänomenalen Tag“ und einem „historischen Meilenstein“.

Aber der Pluto war „New Horizons“ nicht genug. In mehr als drei Jahren ist die Sonde seitdem etwa 1,6 Milliarden Kilometer weitergeflogen – und nun steht das nächste historische Rendezvous an: Am kommenden Dienstag (1. Januar, gegen 6.30 Uhr MEZ), während an vielen Orten der Welt das neue Jahr begrüßt wird, soll „New Horizons“ an einem Objekt im sogenannten Kuipergürtel vorbeifliegen – ebenfalls als erster irdischer Flugkörper.

Es wäre das bislang am weitesten von der Erde entfernte Rendezvous einer Sonde mit einem Himmelsköper in der Raumfahrtgeschichte – in einer Entfernung von rund 6,5 Milliarden Kilometern.

„New Horizons“ fliegt sehr nah an neuem Zielobjekt vorbei

„(486958) 2014 MU69“ hieß das Objekt bislang – und weil das niemand sich merken oder aussprechen kann, hat die Nasa ihm mithilfe einer Online-Umfrage nun erst mal den Spitznamen „Ultima Thule“ gegeben. Nach dem Vorbeiflug will die Nasa dem Himmelskörper gemeinsam mit der Internationalen Astronomischen Union einen dauerhaften Namen geben.

Pluto: Der „andere“ rote Planet

Die Nasa-Raumsonde „New Horizons“ hat neue Bilder des Zwergplaneten Pluto aufgenommen. Die Bilder zeigen eine abwechslungsreiche Landschaft: Schluchten, beinahe glatte Ebenen, Verwerfungen. Und: Der Mars ist nicht der einzige Planet mit roter Färbung in unserem Sonnensystem.
Die Nasa-Raumsonde „New Horizons“ hat neue Bilder des Zwergplaneten Pluto aufgenommen. Die Bilder zeigen eine abwechslungsreiche Landschaft: Schluchten, beinahe glatte Ebenen, Verwerfungen. Und: Der Mars ist nicht der einzige Planet mit roter Färbung in unserem Sonnensystem. © REUTERS | NASA
Obwohl Plutos Farbe an den Mars erinnert, ist die Ursache höchstwahrscheinlich eine ganz andere. Die Farbe auf dem Mars stammt vom Eisenoxid, gemeinhin als Rost bekannt, ...
Obwohl Plutos Farbe an den Mars erinnert, ist die Ursache höchstwahrscheinlich eine ganz andere. Die Farbe auf dem Mars stammt vom Eisenoxid, gemeinhin als Rost bekannt, ... © REUTERS | NASA
... während die rötliche Farbe auf dem Zwergplaneten Pluto wahrscheinlich auf Kohlenwasserstoffmoleküle zurück zu führen ist.
... während die rötliche Farbe auf dem Zwergplaneten Pluto wahrscheinlich auf Kohlenwasserstoffmoleküle zurück zu führen ist. © REUTERS | NASA
„Plutos rötliche Farbe ist zwar seit Jahrzehnten bekannt, aber New Horizons ermöglichte es uns, die Farbe der verschiedenen Stellen auf der Oberfläche mit seiner Geologie in Verbindung zu bringen – und bald schon auch mit seiner Zusammensetzung“, sagte Alan Stern, New Horizons Projektleiter.
„Plutos rötliche Farbe ist zwar seit Jahrzehnten bekannt, aber New Horizons ermöglichte es uns, die Farbe der verschiedenen Stellen auf der Oberfläche mit seiner Geologie in Verbindung zu bringen – und bald schon auch mit seiner Zusammensetzung“, sagte Alan Stern, New Horizons Projektleiter. © REUTERS | NASA
„Dadurch wird es möglich sein, anspruchsvolle Computer-Modelle zu entwickeln, um zu verstehen, wie Pluto sich zu seinem heutigen Aussehen entwickelt hat.“ Wandernde Hügel, dunstige Atmosphäre – der Eiszwerg Pluto ist unerwartet komplex.
„Dadurch wird es möglich sein, anspruchsvolle Computer-Modelle zu entwickeln, um zu verstehen, wie Pluto sich zu seinem heutigen Aussehen entwickelt hat.“ Wandernde Hügel, dunstige Atmosphäre – der Eiszwerg Pluto ist unerwartet komplex. © REUTERS | NASA
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Über „Ultima Thule“ ist bislang nur extrem wenig bekannt – noch nicht einmal, ob es sich dabei um ein oder mehrere Objekte handelt. „Wir erwarten, dass es der am besten erhaltene planetare Baustein ist, den wir je erkundet haben“, sagt Missionschef Stern. „,Ultima Thule‘ sollte ein wertvolles Fenster in die frühe Zeit der Planetenformation und dem Zustand des Sonnensystems vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren sein.“

Das „New Horizons“-Team hat die vergangenen Wochen damit verbracht, intensiv nach möglichen Gefahren für die Sonde wie etwa Monde oder Gesteinsbrocken in der Umgebung des Objekts zu suchen, konnte aber grünes Licht geben.

Damit kann „New Horizons“ nun sogar noch dreimal näher an „Ultima Thule“ vorbeifliegen als an Pluto – in einer Entfernung von rund 3500 Kilometern und mit 51.500 Kilometern pro Stunde. Die Kommunikation mit der Erde dauert rund zwölf Stunden, aber etwa zwölf Stunden nach dem Vorbeiflug erwartet die Nasa dann auch schon Fotos und erste Daten.

„Ultima Thule“ dürfte nicht das letzte Ziel von „New Horizons“ sein

Die rund 700 Millionen Euro teure „New Horizons“-Mission hat schon einiges hinter sich. Im Januar 2006 war die Sonde vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida gestartet, 2006 an der Umlaufbahn des Mars vorbeigeflogen und hatte kurz darauf einen kleinen Asteroiden entdeckt, der später „APL“ getauft wurde.

2007 hatte sie sich dem Jupiter auf rund 2,3 Millionen Kilometer genähert, 2008 die Umlaufbahn des Saturn durchquert, 2011 die des Uranus und 2014 die des Neptun. 2015 stand dann das mit Spannung erwartete Treffen mit Pluto an – und auch nach „Ultima Thule“ dürfte noch nicht Schluss sein.

Geht alles glatt, würde die Nasa „New Horizons“ gerne noch zu weiteren Objekten im Kuipergürtel schicken. Diese ringförmige Region enthält nach Schätzungen von Wissenschaftlern Zigtausende Objekte.

„Der Vorbeiflug an ,Ultima Thule‘ wird schnell, herausfordernd und er wird neues Wissen bringen. Weil es die am weitesten entfernte Erforschung von etwas in der Geschichte der Menschheit ist, wird es auch historisch“, sagt Missionschef Stern. „Was ,Ultima Thule‘ enthüllen wird? Niemand weiß es. Das ist das Aufregendste für mich!“