Berlin. Laut Studien ist in der Weihnachtszeit das Risiko, betrogen zu werden, besonders groß. Wie man das entdeckt und was man tun kann.

Es ist kurz vor vier Uhr morgens, als sich endlich der Schlüssel im Schloss dreht. „Sorry, ist später geworden, du weiß ja, Weihnachtsfeier“, murmelt der geliebte Mensch und huscht schnell an einem vorbei. Am nächsten Morgen piepst sein Handy, während er noch tief schläft. Unwillkürlich fällt der Blick aufs Display: Eine WhatsApp-Nachricht von einem Absender, der als „Weihnachtsfeier“ eingespeichert ist.

Sicherlich gibt es dafür eine ganz harmlose Erklärung. Verdächtig ist es aber irgendwie schon. Ist es vielleicht doch…ein Flirt? Ein One-Night-Stand? Gar eine Affäre? Bis zu diesem Moment glaubte man, die eigene Beziehung sei quasi betrugsfest. Doch jetzt? Jetzt ist man da nicht mehr so sicher.

Studie: Ein Drittel aller Menschen gehen in der Weihnachtszeit fremd

Sex auf der Büro-Weihnachtsfeier, das klingt nach einem mindestens ebenso billigem Klischee wie der Chef, der seine Sekretärin zur Geliebten macht. Doch Klischees existieren aus einem Grund – weil sie eben oft stimmen. Und die Zahlen scheinen das zu belegen: Glaubt man diversen Studien, werden in der Weihnachtszeit mehr Menschen betrogen und mehr Affären begonnen als im Rest des Jahres.

Die britische Seitensprung-Webseite „Illicit Encouters“ zum Beispiel will jetzt herausgefunden haben, dass ein Drittel aller Menschen über Weihnachten fremd geht.

Und auch das deutsche Seitensprung-Portal Victoria Milan hat 9500 Menschen zu diesem Thema befragt. Das Ergebnis: , beginnen in der Weihnachtszeit Affären. Das liegt natürlich auch an den vielen Weihnachtsfeiern, wo der Alkohol fließt und die Stimmung ausgelassen ist. Laut des Seitensprung-Portals FirstAffair.de können sich immerhin 56 Prozent der Menschen vorstellen, mit einem Kollegen Sex auf der Weihnachtsfeier zu haben (oder ihn dort abzuschleppen).

Flucht vor Familie und Verpflichtungen

Nun sind die Umfragen alle samt von Portalen in Auftrag gegeben, deren Geschäftsmodell nun mal die außereheliche Affäre ist. Was ist also dran am großen Betrugs-Weihnachtseffekt?

Der Hamburger Paartherapeut Eric Hegmann ist zwar auch eher skeptisch, was die Seriösität dieser Umfragen betrifft, weiß aber aus Erfahrung, was die Menschen gerade zu dieser eigentlich besinnlichen Zeit in die Arme anderer treiben kann.

Das könne zum Beispiel die Flucht vor weihnachtlichen Verpflichtungen sein. „Und eben genau vor der Familie, mit der viele im Alltag eben nicht viele Tage ununterbrochen zusammen verbringen“, sagt Hegmann. „Vielleicht ist es auch der gewünschte Tabubruch, der den Seitensprung besonders spannend macht“.

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    Zu viel Geschenke-Stress, die Vorstellung, tagelang mit Schwiegereltern und Nichten und Neffen unterm Weihnachtsbaum zu sitzen – da gönn’ ich mir noch schnell eine kleine Auszeit. Und statt Massage oder Yoga gibt es jetzt den Quickie in der Teeküche? Klingt absurd, ist es aber anscheinend nicht. Und wer jetzt glaubt „Uns kann so etwas nicht passieren“, der liegt falsch. Denn selbst glückliche Beziehungen sind Seitensprung-gefährdet.

    Das schreibt zumindest die US-Therapeutin und Untreue-Expertin Shirley Glass in ihrem Buch „Die Psychologie der Untreue“. In zahlreichen Studien hat sie herausgefunden: „Affären treten auch in intakten Beziehungen auf“. Selbst Paare, die ein zufriedenes Sex-Leben haben, dürfen sich demnach nicht in Sicherheit wiegen.

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    Denn: „Das Verlockende an einem Seitensprung ist, wie der untreue Partner sich in den bewundernden Augen der neuen Liebe widergespiegelt sieht.“ Das ergibt Sinn, schließlich fühlt man sich kaum begehrenswerter als in den ersten Tagen des Frisch-Verliebtseins – oder was man dafür hält.

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      Was tun also, wenn man den Verdacht hat, bei der Weihnachtsfeier sei es um mehr als ein geselliges Treffen unter Kollegen gegangen? Sollte man, wenn der Partner die neue Kollegin öfter erwähnt, gleich mal im Büro vorbeischauen und sein Territorium abstecken? Gar Vorwürfe machen? Klingt ziemlich nach Eifersucht, und die macht ja auch nicht gerade attraktiv – im Gegenteil.

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      Der Paartherapeut hält deshalb von eifersüchtigen Szenen wenig. „Je bedrohlicher es Personen finden, dass der Partner auch andere Menschen attraktiv findet, umso eher wird es zu einem Seitensprung kommen. Eifersucht treibt Menschen geradezu in die Arme anderer“, sagt Hegmann. „Denn Eifersucht schafft Distanz, Menschen suchen aber Nähe und Bindung.“

      Sei diese Nähe zu Hause nicht mehr möglich, werde sie womöglich anderswo gesucht: „Beispielsweise im Büro mit dem Arbeitskollegen, dem die Beziehungsprobleme zuhause anvertraut werden“.

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      Dann also doch lieber den Blick aufs piepsende Handy riskieren und die Nachricht der Kollegin lesen? So könnte man immerhin seinen Verdacht unauffällig aus der Welt schaffen. Doch auch davon hält der Experte nichts: „Kontrolle ist nie in Ordnung und es endet auch nie gut“, sagt Hegmann. „Denn dann wird ein sicherer Vertrauensbruch gegen einen möglichen Vertrauensbruch aufgerechnet“. Für Paare, die sich in eine solche Situation manövrieren, sieht Hegmann keine Zukunft.

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        Tatsächlich bleibt also nur die Möglichkeit, den Verdacht offenen und möglichst neutral anzusprechen. Sollten dann die schlimmsten Fantasien wahr werden, bleibt bei einem einmaligen „Ausrutscher“ immerhin noch diese tröstende Erfahrung des Therapeuten: „In der Paartherapie stelle ich fest, dass ein Seitensprung selten zum Beziehungsaus führt“, erzählt Eric Hegmann, der er neben seiner Praxis auch einen Online-Kurs zum Thema „Affäre oder Seitensprung: Wann ist eine Beziehung sicher?“ entwickelt hat.

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        „Der Seitensprung wird von Männern und Frauen meist verziehen, wenn sonst die Beziehung in Ordnung ist“. Und auch Untreue-Expertin Glass sagt, die Folgen eines Seitensprung könnten die Bindung zwischen Partnern sogar stärken – wenn man offen über alles redet. Doch natürlich wünscht sich eine solche Krise niemand. Wie also schützt man seine Beziehung, so dass es gar nicht erst zu einem Seitensprung kommt?

        „Das beste Mittel gegen Untreue: Die Partner sprechen über ihre sexuellen Wünsche und Fantasien“, sagt Paartherapeut Eric Hegmann. „Nur dann können sie diese nämlich miteinander ausleben“.

        Also: Lieber nicht aufs piepsende Handy des Partners schauen, sondern einfach mal offen miteinander reden. Ja, auch an Weihnachten.

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