Berlin. Knecht Ruprecht ist nicht mehr zeitgemäß, so Grünen-Politikerin Josefine Paul. Das sagen Psychologen zum Nikolaus und seinem Gehilfen.
Knecht Ruprecht mache den Kindern Angst und sei überholt, findet eine Grünen-Politikerin aus Nordrhein-Westfalen. „Knecht Ruprecht ist nicht mehr zeitgemäß“, sagte Josefine Paul (36), Fraktionsvize der Grünen im Düsseldorfer Landtag, der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Er passt nicht mehr in das heutige Bild der Kindererziehung.“
Kinder sollten sich auf den Nikolaustag freuen und keine Angst haben. Sie hätten ein Grundrecht auf gewaltfreie Erziehung, und dazu zähle auch psychische Gewalt. „Kindern sollte man grundsätzlich nie drohen“, sagte die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik weiter.
Knecht Ruprecht hat dem Brauch zufolge eine Rute dabei für den Fall, dass die Kinder nicht artig waren. Als Ersatz für die Rute schlug Paul vor, Ruprecht könne etwa beim Tragen der Süßigkeiten helfen.
Kultureller Wandel in den letzten Jahren
„Die Figuren sollten keine bestrafenden oder moralisierenden Rollen haben“, sagt auch Kinderschutzbund-Leiterin Große Perdekamp. Ihrer Beobachtung nach hat es in den vergangenen Jahren einen entsprechenden kulturellen Wandel gegeben. Oft komme der Nikolaus allein und in seinem „Goldenen Buch“ stehe eher Lob als Tadel.
Nach Ansicht des Berliner Psychologen Peter Walschburger könne man den Ruprecht aber durchaus nutzen, um Kinder daran zu erinnern, dass sie sich an gewisse Regeln halten müssen. „Das sollte aber in gütiger, zurückhaltender Weise geschehen, nicht als Drohung“, sagt der Psychologe.
Entscheidend sei die Art und Weise der Vermittlung: „In einer vertrauensvollen Atmosphäre, in der die Kinder sich sicher fühlen, wissen sie, dass ihnen nichts Böses geschieht.“
Kinder brauchen Fantasiewelten
Christkind-Postfilialen, der Weihnachtsmann mit Schlitten und der Nikolaus, der am 6. Dezember Schokolade verteilt. Ob Kinder in solchen Fantasiewelten aufwachsen sollten, beantwortet Peter Walschburger ohne lange zu überlegen.
„Auf jeden Fall“, sagt der Berliner Psychologe. „Es ist wichtig, dass man Kindern diese Illusion erhält.“ Der Zauber der Geschichten sei für Kinder sogar bereichernd. Erst ab etwa vier Jahren würden sie langsam „zu kleinen Rationalisten“ und erführen dann sowieso irgendwann von irgendjemandem, dass es Weihnachtsmann gar nicht gibt. Spätestens im Laufe der Grundschulzeit ist es meist soweit.
Lehrerin in New Jersey wählt radikale Aufklärung
Auch Maria Große Perdekamp, fachliche Leiterin des Kinderschutzbunds Köln, sieht keinen Grund, den Kindern ihren Glauben an die Gabenbringer zu nehmen: „Es ist ein wichtiges Kulturgut, das seine Berechtigung hat, und es entspricht dem magischen Fantasiedenken von Kindern.“ Außerdem hätten auch die Eltern meist Spaß an diesem Ritual.
Eine Lehrerin im US-Bundesstaat New Jersey wählte jüngst zum Entsetzen von Schulleitung und Eltern eine radikale Methode der Aufklärung: Berichten zufolge enttarnte sie vor einer Gruppe Erstklässler „Santa Claus“ und den Osterhasen als Lügen. Als Konsequenz darf die Pädagogin nun nicht mehr an der Schule unterrichten, berichtete die Webseite „NJ.com“.
Legende vom wohltätigen Heiligen Bischof Nikolaus von Myra
Eltern sollten nicht von sich aus die Illusion zerstören, sondern warten, bis die Kinder fragen, rät Walschburger. „Solange die Kinder das nicht tun, kann man davon ausgehen, dass sie solche Geschichten auch genießen.“
Wenn dann die Fragen kommen, könnten Eltern zum Beispiel die Legende vom wohltätigen Heiligen Bischof Nikolaus von Myra erzählen und so erklären, dass zur Erinnerung daran symbolische Rituale zum Einsatz kommen. (dpa/msb)