Essen. Das Geschäft mit elektronischen Zigaretten in Deutschland floriert. Krebsforscher sehen den Dampfboom allerdings sehr skeptisch.

Immer noch steht das Geschäft mit den E-Zigaretten unter Volldampf. Sogenannte Vape-Shops (Vape: englisch für Dampfen) verzeichnen weiter steigende Nachfrage, Vaping-Bars oder Vaping-Events werden immer beliebter.

Das zeigen auch die Daten des Marktforschers Nielsen. Binnen eines Jahres hat sich der Umsatz mit den als weniger gesundheitsschädlich geltenden Produkten mehr als verdoppelt. Demnach stieg der Erlös mit E-Zigaretten zwischen September 2016 und September 2017 um 103 Prozent auf 33,5 Millionen Euro. Der Umsatz mit üblichen Zigaretten fiel hingegen um drei Prozent auf 19,5 Milliarden Euro.

Eine gute Nachricht zum Weltnichtrauchertag sehen Krebsforscher darin dennoch nicht. „Herkömmliche Zigaretten verursachen allein in Deutschland jährlich rund 120.000 Todesfälle, aber rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung raucht weiter“, sagt Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Verschiedene Szenarien in Forschung

Die Tabakindustrie preist nun E-Zigaretten und Tabakerhitzer als Alternativen an. Wie ungefährlich sind aber die vermeintlichen „Lebensretter“? Wissenschaftler um David Levy von der Georgetown University in Washington berechneten im vergangenen Jahr in zwei Szenarien, wie sich der Wechsel eines Großteils der Raucher zu E-Zigaretten in den USA auf die Gesundheit auswirken könnte. In einem optimistischen Fall kalkulierte das Team im Fachblatt „Tobacco Control“, dass innerhalb von zehn Jahren dadurch 6,6 Millionen vorzeitige Todesfälle vermieden werden könnten.

Sogar bei einem pessimistischen Verlauf – in dem E-Zigaretten schädlicher wären als damals bekannt – gab es noch 1,6 Millionen Todesfälle weniger als ohne Umstieg aufs Dampfen.

Ute Mons steht solchen Prognosen skeptisch gegenüber. Zwar könne der Umstieg auf E-Zigaretten durchaus eine weniger schädliche Alternative für jene sein, die einen Rauchstopp mit herkömmlichen Methoden nicht schaffen oder ihn vielleicht gar nicht wollen. „Bei der Diskussion wird aber der eigentliche Hauptschauplatz oft aus dem Blick verloren. Es muss viel mehr getan werden, um Raucher zu einem Rauchstopp zu motivieren“, sagt die DKFZ-Abteilungsleiterin.

Skeptiker sehen Einfallstor für Nikotinsucht

Grundsätzlich, das betonen auch Forscher, fehlen abschließende Analysen zu den Folgen. Für eine eindeutige, verlässliche Bilanz seien E-Zigaretten noch nicht lange genug auf dem Markt, heißt es oft. Viele, die der E-Zigarette positiv gegenüberstehen, sehen sie als Chance zum Ausstieg aus der Tabakabhängigkeit, und damit als Möglichkeit, das Gesundheitsrisiko zu reduzieren.

„Elektrische Zigaretten und Liquids werden immer beliebter, viele Raucher sind von der Tabak-Zigarette schon auf das Dampfen umgestiegen und inhalieren nur noch Liquid aus dem Verdampfer ihrer E-Zigarette“, heißt es etwa in einer Werbung.

Skeptiker hingegen fürchten, dass zum Beispiel Jugendliche über die oft als „hip“ präsentierte E-Zigarette in den Tabakkonsum einsteigen könnten. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die 1988 den Weltnichtrauchertag auf den 31. Mai festlegte, sieht darin ein potenzielles Einfallstor für Nikotinsucht. „Wir hätten uns gewünscht, dass über die Zulassung der E-Zigarette erst mithilfe einer ausreichenden Erforschung entschieden worden wäre“, meint ein WHO-Mitarbeiter.

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    Es werden weiter krebserzeugende Substanzen aufgenommen

    Die Zigarettenindustrie ist ständig im Wandel – einer der jüngsten Trends heißt Iqos. Dem Hersteller zufolge soll das elektronische Gerät, in das ein Tabakstick gesteckt wird, weniger schädlich sein als eine „klassische“ Zigarette. Als „innovatives Tabakheizsystem, das Tabak erhitzt, ohne ihn zu verbrennen, um Ihnen den Geschmack von Tabak ohne Feuer und Asche zu bieten“, preist der Entwickler das Gerät.

    Einrichtungen wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigen, dass einige ausgewählte Hauptschadstoffe des Rauchs – darunter krebserzeugende Substanzen – deutlich reduziert sind. Das bedeutet den Experten zufolge aber nicht, dass Tabakerhitzer harmlos sind, denn es würden weiterhin krebserzeugende Substanzen aufgenommen.

    E-Zigaretten sind wahrscheinlich deutlich weniger schädlich

    „E-Zigaretten und Tabakerhitzer dürfen nicht in einen Topf geworfen werden“, sagt Ute Mons. „E-Zigaretten erhitzen eine meist nikotinhaltige Flüssigkeit, und das entstehende Aerosol enthält bei sachgemäßem Gebrauch kaum krebserzeugende Substanzen.“ Hingegen führe das Erhitzen von Tabak zwar zu reduziertem Schadstoff, aber die Nutzer seien dennoch nicht unerheblichen Mengen davon ausgesetzt.

    „Auch wenn nicht alle Fragen beantwortet sind: Experten gehen davon aus, dass E-Zigaretten wahrscheinlich deutlich weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten – und wahrscheinlich auch weniger schädlich als Tabakerhitzer“, meint die Expertin vom DKFZ.