Lissabon. Ein Flitzer und verrückte Outfits: Der 63. Eurovision Song Contest bot vielfältige Auftritte. Netta gewinnt für Israel den Wettbewerb.

Es war schon 1.30 Uhr in Portugal, als Michael Schulte eingehüllt in Deutschlandfahne und mit leuchtenden Augen vor den Mikrofonen auftauchte. Nach einer pompösen Drei-Stunden-Show, nach einem nervenaufreibenden Voting, immer noch voller Energie.

„Besser könnte es mir eigentlich nicht gehen“, sagte der Deutsche über seinen vierten Platz beim ESC-Finale in Lissabon, den er zuvor mit einem emotionalen und nahezu perfekten Auftritt geholt hatte. „Da oben zu stehen, war wirklich einer der verrücktesten und schönsten Momente in meinem Leben.“

Schultes „You Let Me Walk Alone“, in dem er von seinem verstorbenen Vater singt, schnitt am Samstagabend nach der Abstimmung von Zuschauern und Experten-Jurys aus ganz Europa und Australien nur schlechter ab als die Siegerin Netta aus Israel, Eleni Foureira aus Zypern und Cesár Sampson aus Österreich.

ESC 2018: So schön singt Europa

Am Ende eines langen Abends konnte sich Israel den ersten Platz beim Eurovision Song Contest sichern. Sängerin Netta freut sich natürlich über ihren Sieg und hält die ESC-Trophäe in den Händen.
Am Ende eines langen Abends konnte sich Israel den ersten Platz beim Eurovision Song Contest sichern. Sängerin Netta freut sich natürlich über ihren Sieg und hält die ESC-Trophäe in den Händen. © dpa | Markku Ulander
Sie trat mit dem Lied „Toy“ an.
Sie trat mit dem Lied „Toy“ an. © dpa | Jörg Carstensen
Schreckmoment auf der Bühne: Während des Auftritts der britischen Sängerin SuRie stürmt ein Flitzer auf die Bühne und will ihr das Mikrofon entreißen.
Schreckmoment auf der Bühne: Während des Auftritts der britischen Sängerin SuRie stürmt ein Flitzer auf die Bühne und will ihr das Mikrofon entreißen. © dpa | Jörg Carstensen
Doch Sicherheitsleuten gelingt es, den Störenfried von der Bühne zu eskortieren.
Doch Sicherheitsleuten gelingt es, den Störenfried von der Bühne zu eskortieren. © dpa | Jörg Carstensen
Und SuRie singt anschließend ihren Song „Storm“ souverän zu Ende.
Und SuRie singt anschließend ihren Song „Storm“ souverän zu Ende. © dpa | Jörg Carstensen
Noch vor ein paar Tagen hätte wohl kaum einer gedacht, dass Michael Schulte für Deutschland den vierten Platz holt. War der ESC in den vergangenen Jahren für Deutschland doch eher eine Trauerveranstaltung ...
Noch vor ein paar Tagen hätte wohl kaum einer gedacht, dass Michael Schulte für Deutschland den vierten Platz holt. War der ESC in den vergangenen Jahren für Deutschland doch eher eine Trauerveranstaltung ... © dpa | Jörg Carstensen
Doch mit seiner gefühlvollen Ballade „You let me walk alone“ begeisterte er ESC-Fans in ganz Europa – und holte wichtige Punkte, was Schulte natürlich selbst am meisten freute.
Doch mit seiner gefühlvollen Ballade „You let me walk alone“ begeisterte er ESC-Fans in ganz Europa – und holte wichtige Punkte, was Schulte natürlich selbst am meisten freute. © dpa | Jörg Carstensen
Auch die Moderinnen Daniela Ruah, Silvia Alberto, Catarina Furtado, Filomena Cautela (v.l.) sorgten beim Finale des 63. Eurovision Song Contest für reichlich Stimmung.
Auch die Moderinnen Daniela Ruah, Silvia Alberto, Catarina Furtado, Filomena Cautela (v.l.) sorgten beim Finale des 63. Eurovision Song Contest für reichlich Stimmung. © dpa | Jörg Carstensen
Rasmussen sang „Higher Ground“ für Dänemark.
Rasmussen sang „Higher Ground“ für Dänemark. © dpa | Jörg Carstensen
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Als das Ergebnis gegen kurz nach 23 Uhr Ortszeit feststand, als die Siegerin mit standesgemäßen 50 Kilogramm Konfetti vollgeregnet wurde, hatte Michael Schulte seine Freude laut rausgeschrien.

Michael Schulte zeigt Mitgefühl mit SuRie

Ein emotionales Ende einer großen Party, die allerdings einmal kurz gestört wurde, als ein Mann beim Auftritt der Britin SuRie auf die Bühne stürmte und der Sängerin das Mikro entriss. Der Störer wurde festgenommen, SuRie setzte ihre Show fort und verzichtete trotz allem auf einen zweiten Auftritt. „So etwas wünsche ich keinem Künstler“, sagte Michael Schulte. „Ich hoffe, das UK gibt ihr nächstes Jahr eine zweite Chance.“

Deutlich glatter lief der Auftritt des Deutschen, der in den Tagen zuvor in Lissabon viele Sympathien gesammelt hatte und nicht zuletzt deswegen in den Prognosen der Wettanbieter immer weiter nach oben gesprungen war: kaum Blingbling auf der Bühne, alle Augen auf den Künstler, eine reduzierte, aber fesselnde Kulisse – und die Töne saßen.

ESC 2018: Das sagt Michael Schulte zum Eklat beim Auftritt von SuRie

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    Die etwas schnellere und variantenreicher gesungene Bühnenfassung seines Songs brachte an entscheidenden Stellen mehr Power in die Ballade, die im Februar beim deutschen Vorentscheid die Höchstpunktzahl geholt hatte. Schon bei den Proben in Lissabon hatte er Zuhörer damit zum Weinen gebracht, am Samstag blieb das nicht anders. Zum Teil sogar unter den internationalen Journalisten.

    „Die Stimme von Ed Sheeran, die Frisur von Pumuckl“

    „Ich bin jetzt einfach nur erleichtert und stolz“, sagte Michael Schulte, der nicht nur sich selbst, sondern auch den deutschen ESC-Fans ein lang ersehntes Geschenk machte. Zwei letzte Plätze und ein vorletzter Platz in den letzten drei Jahren hatten viel Spott und Häme über Künstler und das ESC-Konzept der ARD gebracht.

    Diese ESC-Momente bleiben in Erinnerung

    Der ESC hat für eine fast endlose Reihe denkwürdiger Auftritte gesorgt. Wir haben die besten von Udo Jürgens bis Stefan Raab bebildert. Dritte Teilnahme, erster Platz: 1966 sang sich Udo Jürgens mit „Merci Chérie“ in die Herzen der ESC-Fans und gewann den Grand Prix für Österreich. Bereits in den Jahren zuvor hatte der Sänger mitgemacht. 1964 kam er mit „Warum nur, warum?“ auf den sechsten Platz, 1965 landete er mit „Sag ihr, ich lass sie grüßen“ auf dem vierten Platz.
    Der ESC hat für eine fast endlose Reihe denkwürdiger Auftritte gesorgt. Wir haben die besten von Udo Jürgens bis Stefan Raab bebildert. Dritte Teilnahme, erster Platz: 1966 sang sich Udo Jürgens mit „Merci Chérie“ in die Herzen der ESC-Fans und gewann den Grand Prix für Österreich. Bereits in den Jahren zuvor hatte der Sänger mitgemacht. 1964 kam er mit „Warum nur, warum?“ auf den sechsten Platz, 1965 landete er mit „Sag ihr, ich lass sie grüßen“ auf dem vierten Platz. © imago | United Archives International
    1965 machte die französische Sängerin France Gall beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit – und gewann für das Teilnehmerland Luxemburg den Wettbewerb. Ihr Lied „Poupée de cire, poupée de son“ stammte aus der Feder von Serge Gainsbourg. Gut 20 Jahre später stürmte France Gall dann mit „Ella, elle l’a“ die deutschen Charts.
    1965 machte die französische Sängerin France Gall beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit – und gewann für das Teilnehmerland Luxemburg den Wettbewerb. Ihr Lied „Poupée de cire, poupée de son“ stammte aus der Feder von Serge Gainsbourg. Gut 20 Jahre später stürmte France Gall dann mit „Ella, elle l’a“ die deutschen Charts. © imago | United Archives
    Schon vor seiner Teilnahme beim ESC war Cliff Richard ein Star. In den 60er Jahren galt der Sänger in Großbritannien als „Mr. Bestseller Nr. 1“. Doch beim Wettbewerb half das nicht weiter. 1968 landete er mit „Congratulations“ auf dem undankbaren zweiten Platz. 1973 versuchte er mit „Power To All Our Friends“ nochmal sein Glück. Besser wurde es nicht, er landete auf den dritten Platz.
    Schon vor seiner Teilnahme beim ESC war Cliff Richard ein Star. In den 60er Jahren galt der Sänger in Großbritannien als „Mr. Bestseller Nr. 1“. Doch beim Wettbewerb half das nicht weiter. 1968 landete er mit „Congratulations“ auf dem undankbaren zweiten Platz. 1973 versuchte er mit „Power To All Our Friends“ nochmal sein Glück. Besser wurde es nicht, er landete auf den dritten Platz. © imago | United Archives International
    „Wunder gibt es immer wieder“ ist ein Evergreen. Wer hätte gedacht, dass der Song seine Wurzeln im ESC hat? Katja Ebstein trat damit 1970 an und schaffte es auf den dritten Platz. Die Sängerin muss so begeistert gewesen sein von dem Musikwettbewerb, denn auch 1971 und 1980 ging es für sie auf die Bühne. Das letzte Mal sogar mit einem Song von ESC-Urgestein Ralph Siegel: „Theater.“
    „Wunder gibt es immer wieder“ ist ein Evergreen. Wer hätte gedacht, dass der Song seine Wurzeln im ESC hat? Katja Ebstein trat damit 1970 an und schaffte es auf den dritten Platz. Die Sängerin muss so begeistert gewesen sein von dem Musikwettbewerb, denn auch 1971 und 1980 ging es für sie auf die Bühne. Das letzte Mal sogar mit einem Song von ESC-Urgestein Ralph Siegel: „Theater.“ © Getty Images | J. Wilds
    26 Jahre jung war Julio Iglesias als er 1970 beim Grand Prix mitmachte. Mit „Gwendolyne“ landete er zwar nur auf dem vierten Platz – hinter Katja Ebstein – aber danach kam der internationale Durchbruch.
    26 Jahre jung war Julio Iglesias als er 1970 beim Grand Prix mitmachte. Mit „Gwendolyne“ landete er zwar nur auf dem vierten Platz – hinter Katja Ebstein – aber danach kam der internationale Durchbruch. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Georg Goebel
    Ein schlichtes dunkelbraunes Abendkleid, eine begnadete Stimme und der Chansons „Après toi“ – so wurde die damals 20-jährige Vicky Leandros 1972 ESC-Königin. Der Song schafft es danach in die Charts und Vicky Leandros wird zum Schlagerstar.
    Ein schlichtes dunkelbraunes Abendkleid, eine begnadete Stimme und der Chansons „Après toi“ – so wurde die damals 20-jährige Vicky Leandros 1972 ESC-Königin. Der Song schafft es danach in die Charts und Vicky Leandros wird zum Schlagerstar. © imago | ZUMA/Keystone
    Sie sind wohl die bekanntesten ESC-Teilnehmer: ABBA. Ihre Hits kann auch heutzutage fast jeder noch mitsingen. 1974 legten Agnetha Fältskog, Anni-Frid Lyngstad, Benny Andersson und Björn Ulvaeus den Grundstein für ihre ESC-Karriere: Mit dem Song „Waterloo“ gewannen sie in Brighton den weltgrößten Musikwettbewerb. Danach begeisterten sie mit Ohrwürmern wie „Dancing Queen“, „Super Trouper“ oder „The Winner Takes It All“.
    Sie sind wohl die bekanntesten ESC-Teilnehmer: ABBA. Ihre Hits kann auch heutzutage fast jeder noch mitsingen. 1974 legten Agnetha Fältskog, Anni-Frid Lyngstad, Benny Andersson und Björn Ulvaeus den Grundstein für ihre ESC-Karriere: Mit dem Song „Waterloo“ gewannen sie in Brighton den weltgrößten Musikwettbewerb. Danach begeisterten sie mit Ohrwürmern wie „Dancing Queen“, „Super Trouper“ oder „The Winner Takes It All“. © imago | ZUMA/Keystone
    Ralph Siegels erste Retortenband „Dschinghis Khan
    Ralph Siegels erste Retortenband „Dschinghis Khan" fuhr 1979 zum ESC nach Jerusalem. Der vierte Platz dort war nur der Anfang. Danach wurde der Song „Dschinghis Khan“ im Radio weltweit rauf und runter gespielt. „Dsching, Dsching, Dschingis Khan“ – den Ohrwurm kriegt man nur schwer aus dem Kopf. © picture alliance / United Archiv | dpa Picture-Alliance / Heinz Browers
    Blonde Locken, ein unschuldiger Blick und die weiße Gitarre auf dem Schoß: So landete 1982 die 17-jährige Nicole auf dem ersten Platz. „Ein Bisschen Frieden“ bescherte Deutschland den ersten ESC-Sieg. 28 Jahre lang war es der erste und einzige.
    Blonde Locken, ein unschuldiger Blick und die weiße Gitarre auf dem Schoß: So landete 1982 die 17-jährige Nicole auf dem ersten Platz. „Ein Bisschen Frieden“ bescherte Deutschland den ersten ESC-Sieg. 28 Jahre lang war es der erste und einzige. © Getty Images | Central Press
    Mit dem Song Contest verbinden die Fans nicht nur ABBA oder Nicole, sondern vor allem Power-Balladen. Natürlich dürfen da Al Bano & Romina Power nicht fehlen. Das Gesangs-Duo trat gleich zweimal beim ESC auf: 1976 mit „We’ll Live It All Again (Noi lo riviremo di nuovo)“ und 1985 mit „Magic, Oh Magic“.
    Mit dem Song Contest verbinden die Fans nicht nur ABBA oder Nicole, sondern vor allem Power-Balladen. Natürlich dürfen da Al Bano & Romina Power nicht fehlen. Das Gesangs-Duo trat gleich zweimal beim ESC auf: 1976 mit „We’ll Live It All Again (Noi lo riviremo di nuovo)“ und 1985 mit „Magic, Oh Magic“. © imago/teutopress | imago stock&people
    Millionen verkaufte Platten, ausverkaufte Tourneen und ein Hit nach dem anderen: Céline Dion ist ein Weltstar. Ob sie sich da noch an ihren Auftritt beim Grand Prix in Dublin erinnert? 1988 trat die Sängerin für die Schweiz und mit dem Song „Ne partez pas sans moi“ an – und gewann den Wettbewerb nur knapp gegen Scott Fitzgerald aus England.
    Millionen verkaufte Platten, ausverkaufte Tourneen und ein Hit nach dem anderen: Céline Dion ist ein Weltstar. Ob sie sich da noch an ihren Auftritt beim Grand Prix in Dublin erinnert? 1988 trat die Sängerin für die Schweiz und mit dem Song „Ne partez pas sans moi“ an – und gewann den Wettbewerb nur knapp gegen Scott Fitzgerald aus England. © imago | Horst Galuschka
    Über die Frisur und das Outfit lässt sich allerdings streiten. Aber das waren eben die 80er Jahre.
    Über die Frisur und das Outfit lässt sich allerdings streiten. Aber das waren eben die 80er Jahre. © imago | Horst Galuschka
    In den 90ern wurden es outfittechnisch nicht unbedingt besser. Mit langen Haaren und blau-grünem Samt-Anzug rockte Guildo Horn 1998 über die ESC-Bühne in Birmingham. Der siebte Platz sprang dabei raus. Der Song „Guildo hat euch lieb“ bleibt unvergessen. Den hatte übrigens Stefan Raab unter dem Pseudonym Alf Igel komponiert.
    In den 90ern wurden es outfittechnisch nicht unbedingt besser. Mit langen Haaren und blau-grünem Samt-Anzug rockte Guildo Horn 1998 über die ESC-Bühne in Birmingham. Der siebte Platz sprang dabei raus. Der Song „Guildo hat euch lieb“ bleibt unvergessen. Den hatte übrigens Stefan Raab unter dem Pseudonym Alf Igel komponiert. © imago | teutopress
    Auf dem Siegertreppchen landete 1998 Dana International, eine transsexuelle Sängerin aus Israel. Ein politisches Statement.
    Auf dem Siegertreppchen landete 1998 Dana International, eine transsexuelle Sängerin aus Israel. Ein politisches Statement. © imago | ITAR-TASS
    Stefan Raab kam nach seiner Arbeit mit Guildo Horn anscheinend auf den ESC-Geschmack. 2000 sang er im Glitzer-Look „Wadde hadde dudde da“ und kam auf den fünften Platz. Auch in den Jahren danach war Raab immer wieder als Mentor von Künstlern dabei.
    Stefan Raab kam nach seiner Arbeit mit Guildo Horn anscheinend auf den ESC-Geschmack. 2000 sang er im Glitzer-Look „Wadde hadde dudde da“ und kam auf den fünften Platz. Auch in den Jahren danach war Raab immer wieder als Mentor von Künstlern dabei. © REUTERS | REUTERS / Peter Mueller
    Die Olsen Brothers aus Dänemark sorgten für eine Überraschung im Jahr 2000. Die gut gelaunten Brüder Jorgen und Niels passten auf den ersten Blick nicht in das Teilnehmerfeld mit eher jüngeren Popsternchen. Mit „Fly On The Wings Of Love“ schafften sie aber einen Hit, der auch heute noch von Zeit zu Zeit im Radio zu hören ist.
    Die Olsen Brothers aus Dänemark sorgten für eine Überraschung im Jahr 2000. Die gut gelaunten Brüder Jorgen und Niels passten auf den ersten Blick nicht in das Teilnehmerfeld mit eher jüngeren Popsternchen. Mit „Fly On The Wings Of Love“ schafften sie aber einen Hit, der auch heute noch von Zeit zu Zeit im Radio zu hören ist. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / epa Pressensbild Tobias Rostlund
    Julia Volkova (li.) und Lena Katina bildeten gemeinsam die Gruppe t.A.T.u und traten für Russland im Jahr 2003 an. Angeblich waren beide auch ein Paar, küssten sich auf der Bühne. Wie sich später herausstellte, waren die lesbischen Szenen nur gespielt.
    Julia Volkova (li.) und Lena Katina bildeten gemeinsam die Gruppe t.A.T.u und traten für Russland im Jahr 2003 an. Angeblich waren beide auch ein Paar, küssten sich auf der Bühne. Wie sich später herausstellte, waren die lesbischen Szenen nur gespielt. © imago | Sven Simon
    Lena Meyer-Landrut machte aus Deutschland nach mäßigem Abschneiden in den Vorjahren wieder ein ESC-Land. Mit „Satellite“ gewann die Sängerin im Jahr 2010 den Contest in Oslo.
    Lena Meyer-Landrut machte aus Deutschland nach mäßigem Abschneiden in den Vorjahren wieder ein ESC-Land. Mit „Satellite“ gewann die Sängerin im Jahr 2010 den Contest in Oslo. © REUTERS | REUTERS / BOB STRONG
    Großen Anteil an dem Erfolg hatte mal wieder Stefan Raab, der schon mit Guildo Horn und als Solokünstler beim ESC war. Raab hatte in einer Casting-Show „Unseren Star für Oslo“ gesucht – und in Lena gefunden.
    Großen Anteil an dem Erfolg hatte mal wieder Stefan Raab, der schon mit Guildo Horn und als Solokünstler beim ESC war. Raab hatte in einer Casting-Show „Unseren Star für Oslo“ gesucht – und in Lena gefunden. © Getty Images | Oliver Vosshage
    2011 in Düsseldorf versuchte Lena ihren Titel zu verteidigen. Am Ende landete sie auf Platz neun.
    2011 in Düsseldorf versuchte Lena ihren Titel zu verteidigen. Am Ende landete sie auf Platz neun. © Getty Images | Sean Gallup
    Conchita Wurst jubelt. Die Österreicherin konnte den Wettbewerb im Jahr 2014 in Kopenhagen für sich entscheiden. Wurst performte mit „Rise Like A Phoenix“ eine Ballade im Stil von James-Bond-Titelmelodien.
    Conchita Wurst jubelt. Die Österreicherin konnte den Wettbewerb im Jahr 2014 in Kopenhagen für sich entscheiden. Wurst performte mit „Rise Like A Phoenix“ eine Ballade im Stil von James-Bond-Titelmelodien. © REUTERS | REUTERS / SCANPIX DENMARK
    Mans Zelmerlöw aus Schweden zeigte in Wien im Jahr 2015 eine Show, die nicht nur auf Gesang und Tanz, sondern auf eine aufwendige Video-Präsentation setzte. Offensichtlich kam diese Performance ganz gut an: Zelmerlöw holte den Sieg.
    Mans Zelmerlöw aus Schweden zeigte in Wien im Jahr 2015 eine Show, die nicht nur auf Gesang und Tanz, sondern auf eine aufwendige Video-Präsentation setzte. Offensichtlich kam diese Performance ganz gut an: Zelmerlöw holte den Sieg. © Getty Images | Nigel Treblin
    Der Auftritt der Sängerin Jamala aus der Ukraine im Jahr 2016 war höchst umstritten. Jamala trat mit einem Lied an, das inhaltlich die Vertreibung der Krim-Tartaren im Jahr 1944 kritisierte. Der russische Diktator Josef Stalin ließ damals die Tartaren nach der Rückeroberung der Krim von den Nazis deportieren. Beobachter werteten das Stück auch als aktuelle Kritik an der russischen Politik im Ukraine-Konflikt, der auch auf der Krim spielt. Mit dem Titel „1944“ landete Jamala einen Erfolg und gewann den ESC 2016 in Stockholm.
    Der Auftritt der Sängerin Jamala aus der Ukraine im Jahr 2016 war höchst umstritten. Jamala trat mit einem Lied an, das inhaltlich die Vertreibung der Krim-Tartaren im Jahr 1944 kritisierte. Der russische Diktator Josef Stalin ließ damals die Tartaren nach der Rückeroberung der Krim von den Nazis deportieren. Beobachter werteten das Stück auch als aktuelle Kritik an der russischen Politik im Ukraine-Konflikt, der auch auf der Krim spielt. Mit dem Titel „1944“ landete Jamala einen Erfolg und gewann den ESC 2016 in Stockholm. © imago | ITAR-TASS
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    Kaum zufällig fuhr mit dem 28-Jährigen eine Art Gegenentwurf von dem nach Portugal, was Deutschland zuletzt auf die ESC-Bühnen geschickt hatte. Dieses Mal gab es kein schrilles Manga-Girl, kein austauschbares Pop-Mädchen im Glitzerkleid – sondern einfach nur: „Micha“. „Authentisch und ehrlich“, so hatte sich der Lockenkopf aus Buxtehude zuvor beschrieben.

    ARD-Moderatorin Barabara Schöneberger fasste am Samstagabend im Fernsehen, wo das ESC-Finale auf mäßiges Interesse stieß, zusammen: „Die Stimme von Ed Sheeran, die Frisur von Pumuckl.“ Wie auch immer: Es war eine Mischung, die für eine große Überraschung sorgte.

    Netta hatte Favoritenrolle an Foureira abgebeben

    Überraschend war der Ausgang des Abends letztendlich auch für die Gewinnerin. Noch kurz vor ihrer Sieger-Zugabe schaute Netta immer wieder ungläubig durch die mit 11.500 Zuschauern gefüllte Altice Arena. Denn nach einem wochenlangen Hype um die 25-Jährige war die Rolle der Favoritin kurz vor dem Finale neu vergeben worden. „Das ist einfach nur komplett verrückt“, jubelte die Sängerin mit Tränen in den Augen.

    Eleni Foureira hatte sich mit ihrem Auftritt im zweiten Halbfinale mit ihrem Dancepop-Song „Fuego“ an die Spitze der Prognosen gegroovet. Die einen feierten sie wahlweise als zweite Beyoncé oder neue Shakira, die anderen verstanden die Welt nicht mehr.

    Zuvor hatte Netta wochenlang ganz oben auf den Listen der Experten und Buchmacher gestanden. Weil ihr Song „Toy“ so gut zur „#metoo“-Debatte passt. Und wegen ihres abwechslungsreichen, schrillen Stils. „Der Sieg bedeutet, dass wir die Unterschiede zwischen uns akzeptieren und Diversität zelebrieren“, sagte die grell in pink-rot geschminkte Netta über ihren Erfolg.

    Letzter ESC-Sieg Israels vor 20 Jahren

    Bunt gekleidete Tänzerinnen und knallige Lichteffekte hatten den Siegersong auf der Bühne noch gepusht – lauter als nach ihrem Auftritt wurde es in Lissabon nicht an diesem Abend. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulierte noch in der Nacht und bezeichnete die Künstlerin als „Israels beste Botschafterin“. Der letzte von insgesamt vier israelischen ESC-Siegen liegt 20 Jahre zurück.

    Michael Schulte: Das ist die deutsche Hoffnung beim ESC 2018

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      Schon in den Tagen zuvor hatte es in der portugiesischen Küstenstadt kaum ein Vorbeikommen an ihrem Song gegeben. Im Supermarkt, in der Shopping-Mall, aus tragbaren Lautsprechern der Fans im „Eurovision Village“ in der Innenstadt – überall konnte man Netta rappen, stottern, singen hören. Ihre Lied gewordene Anklage („I’m not your toy, you stupid boy“) hatte, so schien es, auch außerhalb Israels eine große, bunte Fangemeinde gewonnen.

      Medien-Marathon geht weiter für Michael Schulte

      Etwas weniger euphorisch kamen die deutschen Fans daher. Tim (26), der wegen des ESC bereits am Mittwoch nach Portugal gekommen war, wäre zwei Tage vor dem Finale zum Beispiel schon froh gewesen, wenn es Michael Schulte nicht komplett versaut – mit vorsichtigem Optimismus.

      „Egal, wie schlecht es vorher auch gelaufen ist“, sagte der 26-Jährige aus Hamburg, „man hofft dann ja doch immer aufs Neue. Das ist wie beim HSV.“ Zumindest eine seiner Hoffnungen wurde dank Michael Schulte am Samstag nicht enttäuscht.

      So schnell wird Michael Schulte all das allerdings kaum in Ruhe genießen können. In den nächsten Tagen geht es für ihn noch ein wenig weiter mit dem Medien-Marathon, den er in Lissabon hinter sich gebracht hat.

      Und dann wartet auch schon wieder die nächste große Aufgabe und der nächste große Erfolgsdruck: Bis August muss das Kinderzimmer für seinen Sohn fertig werden. Klingt nach einem erfolgreichen Jahr. Über die ersten Monate sagt der Bald-Papa am Samstagabend: „Besser hätte es eigentlich gar nicht laufen können.“