Düsseldorf. Keine Einstweilige Verfügung gegen Alice Schwarzer: Das Düsseldorfer Landgericht hat den Antrag von Jörg Kachelmann zurückgewiesen.

Der Meteorologe Jörg Kachelmann hat im jüngsten Rechtsstreit mit der Feministin Alice Schwarzer eine Niederlage einstecken müssen. Das Düsseldorfer Landgericht wies am Mittwoch seinen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen einen Artikel Schwarzers zurück. Kachelmann sah in dem Artikel auf Schwarzers Webseite („Von Wedel bis Kachelmann“) in sechs Passagen seine Persönlichkeitsrechte verletzt.

Die Publizistin habe bewusst unterschlagen, dass das Oberlandesgericht Frankfurt Kachelmanns Ex-Freundin attestiert habe, ihn vorsätzlich falsch der Vergewaltigung beschuldigt zu haben, argumentierte sein Anwalt.

Gibt es Freispruch „aus Mangel an Beweisen“?

Das sah das Gericht anders: Zwar fehle der Hinweis auf das Zivilurteil, Schwarzer habe aber ebenso wenig erwähnt, dass das Strafverfahren gegen die Ex-Freundin eingestellt worden sei. Insofern sei dies unschädlich und keine bewusst unvollständige Berichterstattung.

Schwarzer hatte weiter geschrieben, Kachelmann sei in Mannheim „aus Mangel an Beweisen“ vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Kachelmanns Anwalt hatte kritisiert, einen Freispruch „aus Mangel an Beweisen“ kenne das deutsche Strafrecht nicht. Kachelmann sei rechtskräftig freigesprochen worden und damit unschuldig.

Gericht: Pressefreiheit überwiegt Persönlichkeitsrecht

Dem hielt das Gericht unter Vorsitz von Richterin Jutta von Gregory entgegen, die Aussage sei vom Vorsitzenden Richter in Mannheim so getroffen worden und damit als Tatsachenbehauptung zulässig. Ebenso seien Schwarzers Meinungsäußerungen zulässig.

Das Persönlichkeitsrecht Kachelmanns sei zwar betroffen, ein rechtswidriger Eingriff liege aber nicht vor. Bei der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und der Meinungs- und Pressefreiheit überwiege in diesem Fall die Pressefreiheit. Kachelmann kann gegen das Urteil (Az.: 12 O 45/18) Berufung einlegen.

„Emma“-Redakteurin: Medien-Maulkorb Einhalt geboten

Kachelmanns Anwalt Ruben Engel nannte die Entscheidung überraschend. Schwarzer habe das Urteil des OLG Frankfurt ignoriert: „Diese Nachverurteilung ist nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.“ Man gehe von einer Berufung aus, werde aber erst die Urteilsgründe prüfen.

„Wir begrüßen das Urteil“, sagte dagegen „Emma“-Redakteurin Chantal Louis. „Wir freuen uns darüber, dass das Gericht den Versuch von Herrn Kachelmann, den Medien einen Maulkorb zu verpassen, Einhalt geboten hat.“

„Emma“-Cover – von mutig bis kontrovers

Mit dieser Ausgabe vom 26. Januar 1977 fing alles an. Das Cover der ersten Ausgabe zeigt unter anderem Gründerin, Verlegerin und Chefredakteurin Alice Schwarzer in einem bunt-gestreiften Mantel. Die erste Auflage von 200.000 ist innerhalb weniger Tage vergriffen, ebenso die nachgedruckten 100.000 Exemplare. Seit 40 Jahren nun erscheint „Emma“, die feministische Zeitschrift.
Mit dieser Ausgabe vom 26. Januar 1977 fing alles an. Das Cover der ersten Ausgabe zeigt unter anderem Gründerin, Verlegerin und Chefredakteurin Alice Schwarzer in einem bunt-gestreiften Mantel. Die erste Auflage von 200.000 ist innerhalb weniger Tage vergriffen, ebenso die nachgedruckten 100.000 Exemplare. Seit 40 Jahren nun erscheint „Emma“, die feministische Zeitschrift. © www.emma.de | EMMA
Seit 40 Jahren erscheint EMMA monatlich beziehungsweise zweimonatlich in drei deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Schweiz, Österreich). Und sie erreicht weltweit in 36 Ländern ihre AbonnentInnen. In dieser Zeit hat EMMA nicht nur gesellschaftliche Debatten angestoßen, sondern auch Gesetze verändert, ja das ganze Land – und sie tut es noch. Für 3 Mark konnte man im Jahr 1977 die „Zeitschrift für Frauen von Frauen“ erwerben.
Seit 40 Jahren erscheint EMMA monatlich beziehungsweise zweimonatlich in drei deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Schweiz, Österreich). Und sie erreicht weltweit in 36 Ländern ihre AbonnentInnen. In dieser Zeit hat EMMA nicht nur gesellschaftliche Debatten angestoßen, sondern auch Gesetze verändert, ja das ganze Land – und sie tut es noch. Für 3 Mark konnte man im Jahr 1977 die „Zeitschrift für Frauen von Frauen“ erwerben. © www.emma.de | EMMA
Cover der 8. Ausgabe 1978: Alice Schwarzer verklagt mit weiteren Frauen der Öffentlichkeit (Inge Meysel, Margarethe von Trotta etc.) die Zeitschrift „Stern“ wegen seiner sexistisch-angehauchten Titelbilder – und macht das Thema der „Emma“.
Cover der 8. Ausgabe 1978: Alice Schwarzer verklagt mit weiteren Frauen der Öffentlichkeit (Inge Meysel, Margarethe von Trotta etc.) die Zeitschrift „Stern“ wegen seiner sexistisch-angehauchten Titelbilder – und macht das Thema der „Emma“. © www.emma.de | EMMA
1978
1978 © www.emma.de | EMMA
Im Januar 1979 schafft es Punk-Röhre Nina Hagen auf das Titelblatt.
Im Januar 1979 schafft es Punk-Röhre Nina Hagen auf das Titelblatt. © www.emma.de | EMMA
Mutig thematisiert die „Emma“ die Elternzeit für Väter in ihrer September-Ausgabe 1979. Es soll noch über 30 Jahre dauern, bis Familienministerin Ursula von der Leyen die „Vätermonate“ einführt.
Mutig thematisiert die „Emma“ die Elternzeit für Väter in ihrer September-Ausgabe 1979. Es soll noch über 30 Jahre dauern, bis Familienministerin Ursula von der Leyen die „Vätermonate“ einführt. © www.emma.de | EMMA
In der November-Ausgabe 1979 drückt den Frauen der Schuh. Mittlerweile zahlt man für die „Emma“ 3,50 Deutsche Mark.
In der November-Ausgabe 1979 drückt den Frauen der Schuh. Mittlerweile zahlt man für die „Emma“ 3,50 Deutsche Mark. © www.emma.de | EMMA
Juli-Ausgabe 1980. Wie würde heute mit fortschrittlicheren Bildbearbeitungsprogrammen dieses Cover wohl aussehen?
Juli-Ausgabe 1980. Wie würde heute mit fortschrittlicheren Bildbearbeitungsprogrammen dieses Cover wohl aussehen? © www.emma.de | EMMA
Oktober-Ausgabe 1980. Der Kaufpreis wurde mittlerweile auf 4 Deutsche Mark angehoben.
Oktober-Ausgabe 1980. Der Kaufpreis wurde mittlerweile auf 4 Deutsche Mark angehoben. © www.emma.de | EMMA
In der Februar-Ausgabe 1983 geben Prominente preis, wen sie zur Bundestagswahl wählen.
In der Februar-Ausgabe 1983 geben Prominente preis, wen sie zur Bundestagswahl wählen. © www.emma.de | EMMA
März-Ausgabe 1984: Der ehemalige Ministerpräsident Bayerns, Franz Josef Strauß, mit rosafarbener Schleife im Haar, pinkem Lippenstift und blauem Lidschatten.
März-Ausgabe 1984: Der ehemalige Ministerpräsident Bayerns, Franz Josef Strauß, mit rosafarbener Schleife im Haar, pinkem Lippenstift und blauem Lidschatten. © www.emma.de | EMMA
Juli-Ausgabe 1984. Am 1. August 2001 tritt die Homo-Ehe in Kraft.
Juli-Ausgabe 1984. Am 1. August 2001 tritt die Homo-Ehe in Kraft. © www.emma.de | EMMA
Im Oktober 1986 fordert die „Emma“ die Abschaffung des umstrittenen Abtreibungsparagrafen 218.
Im Oktober 1986 fordert die „Emma“ die Abschaffung des umstrittenen Abtreibungsparagrafen 218. © www.emma.de | EMMA
Von Alfred Biolek bis Til Schweiger: In der Januar-Ausgabe 1989 bekennen sich prominente Männer zur „Emma“.
Von Alfred Biolek bis Til Schweiger: In der Januar-Ausgabe 1989 bekennen sich prominente Männer zur „Emma“. © www.emma.de | EMMA
August-Ausgabe 1989: Stürmerin Ursula Lohn schießt 1989 das Siegertor während der Europameisterschaft gegen Norwegen. Das Team gewinnt ein Kaffeeservice. Richtig gelesen.
August-Ausgabe 1989: Stürmerin Ursula Lohn schießt 1989 das Siegertor während der Europameisterschaft gegen Norwegen. Das Team gewinnt ein Kaffeeservice. Richtig gelesen. © www.emma.de | EMMA
Juni-Ausgabe 1991.
Juni-Ausgabe 1991. © www.emma.de | EMMA
Hella von Sinnen und ihre Lebensgefährtin Cornelia Scheel – Stieftochter des verstobenen ehemaligen Bundespräsidenten Walter Scheel – sprechen in der März-Ausgabe 1992 offen über ihre Beziehung.
Hella von Sinnen und ihre Lebensgefährtin Cornelia Scheel – Stieftochter des verstobenen ehemaligen Bundespräsidenten Walter Scheel – sprechen in der März-Ausgabe 1992 offen über ihre Beziehung. © www.emma.de | EMMA
In der fünften Ausgabe 1993 zieht unter anderem der Schauspieler Martin Armknecht  (r.) auf dem Cover blank. Große Bekanntheit erlang er mit seiner Rolle des Robert Engel in der „Lindenstraße“ und war für den ersten schwulen Kuss in der deutschen Fernsehlandschaft mit verantwortlich.
In der fünften Ausgabe 1993 zieht unter anderem der Schauspieler Martin Armknecht (r.) auf dem Cover blank. Große Bekanntheit erlang er mit seiner Rolle des Robert Engel in der „Lindenstraße“ und war für den ersten schwulen Kuss in der deutschen Fernsehlandschaft mit verantwortlich. © www.emma.de | EMMA
Mit der Januar Ausgabe 1994 titelt „Emma“ mit einer schwarzen Katze und fordert das „Recht für Tiere“.
Mit der Januar Ausgabe 1994 titelt „Emma“ mit einer schwarzen Katze und fordert das „Recht für Tiere“. © www.emma.de | EMMA
Im Oktober 1996 startet die Zeitschrift eine Kampagne gegen Brustkrebs. Damals noch ein Tabuthema.
Im Oktober 1996 startet die Zeitschrift eine Kampagne gegen Brustkrebs. Damals noch ein Tabuthema. © www.emma.de | EMMA
„Emma“ lässt nicht locker. Auch in der fünften Ausgabe 1999 wird das Thema Brustkrebs thematisiert.
„Emma“ lässt nicht locker. Auch in der fünften Ausgabe 1999 wird das Thema Brustkrebs thematisiert. © www.emma.de | EMMA
Im Juni 2001 tritt Herausgeberin Alice Schwarzer gemeinsam mit Verona Feldbusch in der Talkshow „Kerner“ auf. Es kommt zu einem medialen „Duell“. Beide zieren das Cover der fünften Ausgabe 2001.
Im Juni 2001 tritt Herausgeberin Alice Schwarzer gemeinsam mit Verona Feldbusch in der Talkshow „Kerner“ auf. Es kommt zu einem medialen „Duell“. Beide zieren das Cover der fünften Ausgabe 2001. © www.emma.de | EMMA
George W. Bush, Joschka Fischer und Osama bin Laden auf dem Cover der sechsten Ausgabe 2001.
George W. Bush, Joschka Fischer und Osama bin Laden auf dem Cover der sechsten Ausgabe 2001. © www.emma.de | EMMA
Geschichte wiederholt sich: Ausgabe zur Bundestagswahl 2005.
Geschichte wiederholt sich: Ausgabe zur Bundestagswahl 2005. © www.emma.de | EMMA
Dritte Ausgabe 2013.
Dritte Ausgabe 2013. © www.emma.de | EMMA
Sechste Ausgabe 2013.
Sechste Ausgabe 2013. © www.emma.de | EMMA
Sechste Ausgabe 2014: „Emma“ startet den Appell „Prostitution abschaffen“.
Sechste Ausgabe 2014: „Emma“ startet den Appell „Prostitution abschaffen“. © www.emma.de | EMMA
Annie Lennox schmückt das Cover der ersten Ausgabe 2015. Das Magazin kostet mittlerweile 7,50€.
Annie Lennox schmückt das Cover der ersten Ausgabe 2015. Das Magazin kostet mittlerweile 7,50€. © www.emma.de | EMMA
Jubiläumsausgabe 2017. „,Emma’ ist die weltweit letzte feministische Zeitschrift im Kioskverkauf“, so Schwarzer. Worauf sie besonders stolz ist: „Jede vierte unserer Leserinnen ist unter 30.“
Jubiläumsausgabe 2017. „,Emma’ ist die weltweit letzte feministische Zeitschrift im Kioskverkauf“, so Schwarzer. Worauf sie besonders stolz ist: „Jede vierte unserer Leserinnen ist unter 30.“ © www.emma.de | EMMA
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Schwarzer und Kachelmann im Dauerstreit

Schwarzers Anwalt Spyros Aroukatos hatte argumentiert, Kachelmanns rechtskräftiger Freispruch sei von Schwarzer ausdrücklich erwähnt worden. Es müsse möglich bleiben, über Gerichtsurteile in Deutschland zu diskutieren. Außerdem sei über das Urteil des OLG Frankfurt in der Zeitschrift „Emma“ in einem heute noch gut auffindbaren Artikel ausführlich berichtet worden.

Kachelmann hatte Schwarzers Berichterstattung über den Fall mehrfach angegriffen. So hatte unter anderem das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass die Feministin nicht mehr den Eindruck erwecken dürfe, dass Kachelmann ein Vergewaltiger sei. Die Feministin Schwarzer ist Herausgeberin und Geschäftsführerin der Zeitschrift „Emma“. (dpa)