Münster. Öhmer K. hat in Münster in einem Restaurant gearbeitet, als ein Fahrzeug in eine Menschengruppe raste. Wir haben mit ihm gesprochen.

Öhmer K. (56) steht mit seinen Kollegen vor einer Polizeiabsperrung. Zur Zeit des Vorfalls hat er 20 Meter entfernt in dem Restaurant Machello gearbeitet. „Es ist natürlich ein großer Schock für uns alle“, sagt er. „Ich hatte immer Angst, dass so etwas passiert.“

Nach Angaben von Gästen aus dem Café soll das Fahrzeug bewusst um die Pfeiler herum und in die Menschenmenge gefahren sein. Ein Pfeiler sei für Bauarbeiten aus dem Boden genommen worden. Dadurch habe das Auto in die Altstadt fahren können.

„Es hat einen lauten Knall gegeben, und ich habe eine Frau schreien hören.“ Innerhalb von drei bis fünf Minuten sei die Straße voll mit Polizeiautos gewesen. Die Cafés und umliegenden Läden seien umgehend geräumt worden.

Bei Evakuierung alles stehen und liegen lassen

Es blieb keine Zeit, um private Gegenstände mitzunehmen. Gegen 18.30 Uhr durfte sein Chef in Begleitung von Feuerwehr und Polizei ins Restaurant und einige Sachen der Kollegen holen.

Ein weiterer Kollege von Öhmer K. schlägt die Hände über den Kopf zusammen. „Münster ist eigentlich so ein ruhiges Städtchen. Hier gibt es nur nett Leute“, sagt Josef Vonderhaar (38). Er ist Küchenchef im Machello, wo auch Öhmer K. arbeitet.

Mehrere Tote bei Amokfahrt in Münster

Ein Mann ist am 7. April in Münster mit einem Kleintransporter in eine Gruppe von Menschen gerast. Zwei Menschen starben. Anschließend erschoss er sich nach Angaben der Polizei selbst. Eine vierte Person starb Wochen später. Vier Monate nach der Tat erlag ein weiteres Opfer seinen schweren Verletzungen.
Ein Mann ist am 7. April in Münster mit einem Kleintransporter in eine Gruppe von Menschen gerast. Zwei Menschen starben. Anschließend erschoss er sich nach Angaben der Polizei selbst. Eine vierte Person starb Wochen später. Vier Monate nach der Tat erlag ein weiteres Opfer seinen schweren Verletzungen. © REUTERS/ | WOLFGANG RATTAY
Viele Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer.
Viele Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. © dpa | -
Um 15.27 Uhr war der Fahrer in die Gruppe von Menschen gefahren.
Um 15.27 Uhr war der Fahrer in die Gruppe von Menschen gefahren. © dpa | -
Sie hatten vor der beliebten Gaststätte „Kiepenkerl“ in der Innenstadt von Münster gesessen.
Sie hatten vor der beliebten Gaststätte „Kiepenkerl“ in der Innenstadt von Münster gesessen. © dpa | Ina Fassbender
Bei dem Amokfahrer handelt es sich um Jens R. – nach Angaben der Polizei war der 48-Jährige psychisch labil und hatte Selbstmordabsichten.
Bei dem Amokfahrer handelt es sich um Jens R. – nach Angaben der Polizei war der 48-Jährige psychisch labil und hatte Selbstmordabsichten. © dpa | Friso Gentsch
Die Polizei sperrte die Innenstadt von Münster weiträumig ab.
Die Polizei sperrte die Innenstadt von Münster weiträumig ab. © dpa | Bernd Thissen
Ein Großaufgebot von Rettungskräften war im Einsatz.
Ein Großaufgebot von Rettungskräften war im Einsatz. © dpa | Friso Gentsch
Spezialkräfte der Polizei sprengten die Tür zur Wohnung des Täters auf und durchsuchten die Räume. Sie fanden Waffenattrappen und Feuerwerkskörper.
Spezialkräfte der Polizei sprengten die Tür zur Wohnung des Täters auf und durchsuchten die Räume. Sie fanden Waffenattrappen und Feuerwerkskörper. © REUTERS/ | LEON KUEGELER
„Ganz Münster trauert über dieses schreckliche Ereignis. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Getöteten. Den Verletzten wünschen wir schnelle und baldige Genesung“, sagte Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU).
„Ganz Münster trauert über dieses schreckliche Ereignis. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Getöteten. Den Verletzten wünschen wir schnelle und baldige Genesung“, sagte Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU). © dpa | Friso Gentsch
In der Nacht nach der Amokfahrt wurden am Tatort Spuren gesichert.
In der Nacht nach der Amokfahrt wurden am Tatort Spuren gesichert. © dpa | David Young
Die ersten beiden Todesopfer wurden erst nach Einbruch der Dunkelheit abtransportiert. Laut Staatsanwaltschaft und Polizei handelt es sich um eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und einen 65-jährigen Mann aus dem Kreis Borken.
Die ersten beiden Todesopfer wurden erst nach Einbruch der Dunkelheit abtransportiert. Laut Staatsanwaltschaft und Polizei handelt es sich um eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und einen 65-jährigen Mann aus dem Kreis Borken. © dpa | David Young
In der Nacht wurde der Tatwagen abgeschleppt.
In der Nacht wurde der Tatwagen abgeschleppt. © dpa | David Young
Trauernde zündeten Kerzen an.
Trauernde zündeten Kerzen an. © dpa | Friso Gentsch
Münster in Trauer.
Münster in Trauer. © dpa | Friso Gentsch
Am Morgen nach der Tat säuberten Feuerwehrleute den Bereich vor der Gaststätte.
Am Morgen nach der Tat säuberten Feuerwehrleute den Bereich vor der Gaststätte. © REUTERS/ | WOLFGANG RATTAY
Kerzen und Blumen wurden am Tatort vor dem Kiepenkerl in Münster niedergelegt.
Kerzen und Blumen wurden am Tatort vor dem Kiepenkerl in Münster niedergelegt. © dpa | Guido Kirchner
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Von dem Vorfall selber habe er nichts mitbekommen aber „wir wurden ganz rabiat von der Polizei aus dem Restaurant geholt“. Er habe nicht einmal die Gelegenheit gehabt, alle Geräte in der Küche auszuschalten.

Küchenchef Josef Vonderhaar: „Wir wurden ganz rabiat von der Polizei aus dem Restaurant geholt.“
Küchenchef Josef Vonderhaar: „Wir wurden ganz rabiat von der Polizei aus dem Restaurant geholt.“ © Katharina Weber | Katharina Weber

„Unser ganzes Hab und Gut ist noch da drin. Ich habe bisher nur meine Jacke zurück bekommen“, sagt Vonderhaar. Zwei Freunde von ihm wohnen in der abgesperrten Zone. „Die nehme ich gleich erstmal mit zu mir“, sagt Vonderhaar.

„Wären wir nicht einkaufen gegangen, wären wir vielleicht tot“

Gegen 19 Uhr kommt ein Ehepaar zur Absperrung. „Wir können nicht in unsere Wohnung zurück und nicht einmal unseren Sohn in London kontaktieren, dass es uns gut geht“, sagen sie. Die Frau leiht sich von einer Passantin ein Handy und holt ihr Telefonbuch heraus. „Hallo Schatz, ich wollte dir nur kurz sagen, dass wir noch leben. Wären wir nicht einkaufen gegangen oder es wäre eine halbe Stunde vorher passiert, dann wären wir jetzt vielleicht tot.“

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.