Duisburg. Burak Yilmaz fährt jährlich mit jungen Muslimen nach Auschwitz. Das Projekt hat Erfolg. Von einem Pflichtbesuch hält er aber wenig.

Erst kürzlich war Sawsan Chebli mit ihrem Vorschlag groß in der „New York Times“. Die Berliner SPD-Politikerin und Staatssekretärin hatte einen Pflichtbesuch in einem ehemaligen NS-Konzentrationslager für alle, die in Deutschland leben, ins Gespräch gebracht – und damit für ziemlich viel Wirbel gesorgt. Denn Chebli sagte explizit, dass der Besuch in Auschwitz oder Bergen-Belsen Bestandteil von Integrationskursen für Asylbewerber werden solle.

Ihr Vorstoß kam nicht von ungefähr. Im Dezember brannten auf Anti-Israel-Demonstrationen in Berlin Flaggen mit dem Davidstern. Die Proteste, die sich an Israels Politik im Nahost-Konflikt entzündet hatten, offenbarten wie groß der Antisemitismus in Deutschland, mehr als 70 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur, wieder ist. Waren es früher Deutsche, die ihren Hass gegen Juden richteten, sind es heute auch Muslime, die hierzulande gegen Israel hetzen.

„Antisemitismus bekämpft man nicht mit einem Crash-Kurs“

Trotzdem hält der Duisburger Pädagoge Burak Yilmaz von Cheblis Idee wenig. „Antisemitismus bekämpft man nicht mit einem Crash-Kurs“, sagt er. „Es ist diese einfache Sichtweise: Menschen gehen in eine Gedenkstätte und kommen als begeisterte Demokraten wieder heraus – das stimmt so nicht.“

Yilmaz weiß, dass der Kampf gegen Antisemitismus viel intensiver, viel langwieriger ist. Und er weiß, wovon er spricht. Seit 2012 fährt er jedes Jahr mehrere Tage mit einer Gruppe junger muslimischer Männer ins ehemalige Konzentrationslager Auschwitz im heutigen Polen.

Yilmaz arbeitet im Duisburger Problembezirk Obermarxloh. Der Anteil von Einwohnern mit Migrationshintergrund liegt hier bei mehr als 35 Prozent. Antisemitismus, der Hass gegen Juden – das ist hier Alltag. Das Wort Jude habe sich als gängiges Schimpfwort unter den Jugendlichen etabliert, sagt Yilmaz. Es sei ein Automatismus geworden, für alles Negative das Wort Jude zu benutzen. „In Schulklassen, draußen im Bus, in Sportvereinen“, sagt er.

Die eigene Identität finden

Um dem entgegenzusteuern, hat er mit dem Verein Junge e.V. und dem Duisburger Zentrum für Erinnerungskultur das Projekt „Junge Muslime in Auschwitz“ ins Leben gerufen. Dabei geht es aber nicht allein darum, antisemitische Vorurteile abzubauen.

Das Projekt, das vom Landschaftsverband Rheinland gefördert wird, soll den Jugendlichen die Chance geben, ihre eigene Identität zu finden und zu sehen, wie vielschichtig diese sein kann. „Die Jugendlichen werden als Araber, Türken oder Muslime gelesen – aber werden in Deutschland nie als Deutsche angesprochen“, weiß Yilmaz.

„Warum soll ich mich für die deutsche Geschichte interessieren?“

Das merken sie auch im Schulunterricht, der viel zu eindimensional sei. Viele Jugendlichen fragten sich, warum in den Schulbüchern so wenig über ihre Migrationsgeschichte stehe, sagt Yilmaz. „Warum soll ich mich eigentlich für die deutsche Geschichte interessieren, wenn die Lehrer mir jeden Tag das Gefühl geben, dass ich gar kein richtiger Deutscher bin – obwohl ich einen deutschen Pass habe?“, fragte ihn ein Schüler einmal.

Er ist offenbar kein Einzelfall. „Die meisten muslimischen Jugendlichen kennen höchstens Eckdaten zum Nationalsozialismus“, sagt Yilmaz. Als Deutsche fühlen sie keine Verantwortung für die Geschichte, für den Massenmord an Millionen von Juden, für die Gräueltaten der Nazis. Weil sie sich selbst nicht als Deutsche sehen – dabei sind viele von ihnen hier geboren und aufgewachsen.

Ein KZ-Besuch allein reicht nicht

Auch Staatssekretärin Chebli, selbst Tochter palästinischer Einwanderer, hat erkannt, dass sich die dritte Generation von Einwanderern heute immer seltener als Deutsche fühlen: „Sie tut sich deutlich schwerer mit der Identifikation mit Deutschland als meine Generation. Das hat nicht nur, aber auch etwas mit Diskriminierungs- und Ablehnungserfahrungen zu tun.“

Dass sich das allein nach einem kurzen Besuch in einer KZ-Gedenkstätte ändert, glaubt Yilmaz nicht. Drei Monate vor der Fahrt beginnt eine intensive Vorbereitungszeit. Zuerst sollen die Teilnehmer ihre Gefühle herauslassen, und dabei auch über ihren eigenen Rassismus-Erfahrungen sprechen.

Denn häufig werde bei antisemitischen Beleidigungen geschwiegen, sagt Yilmaz. „Doch genau dieses Schweigen wird meist als Bestätigung wahrgenommen.“ Mit Rollenspielen sollen die Jugendlichen lernen, wie sie mit einer solchen Situation umgehen können.

Neue Perspektive auf die Geschichte

Anschließend rekonstruieren sie anhand von Fotos und Dokumenten ihre eigene Familiengeschichte. Sie setzen sie sich mit lokaler Geschichte auseinander und lernen, dass Duisburg-Obermarxloh – heute ein als No-Go-Area abgestempelter Problembezirk – während der NS-Zeit eine Hochburg des Widerstandes gegen die Nazis war.

„Das ist eine Perspektive, die die Jugendlichen in der Schule nicht lernen“, sagt Yilmaz. „Nationalsozialismus ist dadurch kein abstrakter Begriff mehr, sie kriegen eine ganz neue Sichtweise auf ihren Stadtteil.“

Porträts von Holocaust-Überlebenden

„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (<a href=www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. " title="„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. " loading="lazy" />
„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Anastasia Tschernil wurde 1924 geboren. Weiter Angaben gibt es nicht. Sie möchte über ihr Erlebtes nicht sprechen.
Anastasia Tschernil wurde 1924 geboren. Weiter Angaben gibt es nicht. Sie möchte über ihr Erlebtes nicht sprechen. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Lev Selezev wurde 1937 im russischen Sankt Petersburg (früher Leningrad) geboren. „Obwohl ich keine vier Jahre alt war, als der Krieg begann, kann ich mich an einiges erinnern. Ich ging mit meinem älteren Bruder zum Kindergarten. Im Sommer zog unser Kindergarten in die Vorstadt um. Wir spielten im Hof und plötzlich hörten wir die Schreie der Erzieherinnen „Krieg!“, „Krieg!“.“ „ Dann stiegen alle in einen Zug ein und wurden zurück nach Leningrad gebracht. Auf dem Weg nach Leningrad wurde unser Zug von Faschisten bombardiert. Die Gleise waren komplett zerstört, sodass wir nicht weiter fahren konnten. Die Erzieherinnen nahmen uns aus dem Zug und sagten „Kriecht in den Wald“, der 50 Meter entfernt war. Meine Erinnerung: Ich krieche in den Wald und plötzlich fliegt nicht weit von mir ein Flugzeug.“ „Nach dem Krieg erzählten mir meine Eltern, dass damals nach Leningrad zwei Waggons mit toten Kindern kamen. Im Februar 1942 wurden wir über den zugefrorenen Ladogasee, über die sogenannte Straße des Lebens, evakuiert. Den ersten Bus haben wir verpasst. Später hieß es, dass er mit allen Insassen unter das Eis ging. Wir fuhren in Güterwaggons nach Kurgan, wo die Eltern meiner Mutter wohnten. Auf dem Weg dahin starb mein jüngerer Bruder an Unterernährung. Den älteren Bruder haben die Ärzte in Kurgan gerettet.“
Lev Selezev wurde 1937 im russischen Sankt Petersburg (früher Leningrad) geboren. „Obwohl ich keine vier Jahre alt war, als der Krieg begann, kann ich mich an einiges erinnern. Ich ging mit meinem älteren Bruder zum Kindergarten. Im Sommer zog unser Kindergarten in die Vorstadt um. Wir spielten im Hof und plötzlich hörten wir die Schreie der Erzieherinnen „Krieg!“, „Krieg!“.“ „ Dann stiegen alle in einen Zug ein und wurden zurück nach Leningrad gebracht. Auf dem Weg nach Leningrad wurde unser Zug von Faschisten bombardiert. Die Gleise waren komplett zerstört, sodass wir nicht weiter fahren konnten. Die Erzieherinnen nahmen uns aus dem Zug und sagten „Kriecht in den Wald“, der 50 Meter entfernt war. Meine Erinnerung: Ich krieche in den Wald und plötzlich fliegt nicht weit von mir ein Flugzeug.“ „Nach dem Krieg erzählten mir meine Eltern, dass damals nach Leningrad zwei Waggons mit toten Kindern kamen. Im Februar 1942 wurden wir über den zugefrorenen Ladogasee, über die sogenannte Straße des Lebens, evakuiert. Den ersten Bus haben wir verpasst. Später hieß es, dass er mit allen Insassen unter das Eis ging. Wir fuhren in Güterwaggons nach Kurgan, wo die Eltern meiner Mutter wohnten. Auf dem Weg dahin starb mein jüngerer Bruder an Unterernährung. Den älteren Bruder haben die Ärzte in Kurgan gerettet.“ © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Nina Lasenko wurde 1932 in der ukrainischen Stadt Perejaslaw-Chmelnyzkyj geboren. Sie arbeitete von 1941 bis 1943 bei Karl Neumann in Warnau in Havelberg. „Als Kind passte ich auf das Vieh auf, brachte den Gefangenen zu essen. Man hörte die Schüsse. Durch einen Bombenangriff wurde unser Haus zerstört, meine Mutter musste vier Jahre lang mit drei Kindern in einer Erdhütte wohnen. Wir haben erfahren, was Angst und Kälte, Hunger und Zwangsarbeit sind.“
Nina Lasenko wurde 1932 in der ukrainischen Stadt Perejaslaw-Chmelnyzkyj geboren. Sie arbeitete von 1941 bis 1943 bei Karl Neumann in Warnau in Havelberg. „Als Kind passte ich auf das Vieh auf, brachte den Gefangenen zu essen. Man hörte die Schüsse. Durch einen Bombenangriff wurde unser Haus zerstört, meine Mutter musste vier Jahre lang mit drei Kindern in einer Erdhütte wohnen. Wir haben erfahren, was Angst und Kälte, Hunger und Zwangsarbeit sind.“ © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
„Wenn wir die Vergangenheit vergessen, sind wir verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat stammt von Susan Cernyak. Sie wurde 1922 in Wien geboren, im Mai 1942 mit ihrer Mutter ins Ghetto Theresienstadt gebracht und von dort im Januar 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Im Zuge der Evakuierung der Häftlinge im KZ Auschwitz kam sie auf einem Todesmarsch im Januar 1945 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort erlebte sie im Frühjahr 1945 die Befreiung durch die Rote Armee. Heute lebt sie in Heidelberg.
„Wenn wir die Vergangenheit vergessen, sind wir verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat stammt von Susan Cernyak. Sie wurde 1922 in Wien geboren, im Mai 1942 mit ihrer Mutter ins Ghetto Theresienstadt gebracht und von dort im Januar 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Im Zuge der Evakuierung der Häftlinge im KZ Auschwitz kam sie auf einem Todesmarsch im Januar 1945 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort erlebte sie im Frühjahr 1945 die Befreiung durch die Rote Armee. Heute lebt sie in Heidelberg. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Karl Spiller wurde 1923 im polnischen Sosnowitz geboren. Er wurde im Rathaus gefangen genommen – drei Tage kniend ohne Essen. Er kam von Lager zu Lager: Auschwitz-Birkenau, Feldafing, Kaufbeuren, Landsberg am Lech und weitere. Er hat unter anderem Uniformen für die Deutsche Luftwaffe gefertigt. Im Zwangsarbeitslager Hirschberg hat er durch Zufall seine Schwester wiedergetroffen. 1945 ging er nach Regensburg, dann wanderte er 1952 in die USA aus. Er ist geschieden, hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder.1962 kehrt er nach Regenburg zurück und machte sich mit einem Kleidergeschäft selbstständig. Heute lebt er in Köln.
Karl Spiller wurde 1923 im polnischen Sosnowitz geboren. Er wurde im Rathaus gefangen genommen – drei Tage kniend ohne Essen. Er kam von Lager zu Lager: Auschwitz-Birkenau, Feldafing, Kaufbeuren, Landsberg am Lech und weitere. Er hat unter anderem Uniformen für die Deutsche Luftwaffe gefertigt. Im Zwangsarbeitslager Hirschberg hat er durch Zufall seine Schwester wiedergetroffen. 1945 ging er nach Regensburg, dann wanderte er 1952 in die USA aus. Er ist geschieden, hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder.1962 kehrt er nach Regenburg zurück und machte sich mit einem Kleidergeschäft selbstständig. Heute lebt er in Köln. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Wladislaw Shdan, geboren 1923 in der russischen Region Altaj, wurde 1942 von der Polizei festgenommen und ins KZ Bialystock in Polen gebracht. Von dort ging es durch andere Durchgangslager, er wurde nach Bayreuth überführt und diente als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. 1945 wurde er durch die US-Armee befreit. Er lebt in Moskau.
Wladislaw Shdan, geboren 1923 in der russischen Region Altaj, wurde 1942 von der Polizei festgenommen und ins KZ Bialystock in Polen gebracht. Von dort ging es durch andere Durchgangslager, er wurde nach Bayreuth überführt und diente als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. 1945 wurde er durch die US-Armee befreit. Er lebt in Moskau. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Horst Sommerfeld schrieb Fotograf Toscano folgende Worte: „Ich bin Dir so dankbar, dass du Dich dieser so wichtigen Sache verschrieben hast und mit Deinen Bildern gegen das Vergessen arbeitest. Von uns wird in nicht allzu langer Zeit keiner mehr davon sprechen können, was uns jeden Tag aufs Neue bewegt. Umso wichtiger ist es, eine junge Stimme für uns zu haben.“ Sommerfeld wurde 1922 im polnischen Zlotow (deutsch Flatow) geboren. Er wuchs in Berlin auf. Dort versteckte er sich zwei Jahre mit seiner Familie, anschließend wurden sie gefunden und nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern und Geschwister wurden dort getötet. Sommerfeld wurde später in die Lager Heidenheim/Schlossberg und Mühldorf-Ampfing gebracht und wurde durch die US-Armee befreit. Er lebt heute in Gelsenkirchen.
Horst Sommerfeld schrieb Fotograf Toscano folgende Worte: „Ich bin Dir so dankbar, dass du Dich dieser so wichtigen Sache verschrieben hast und mit Deinen Bildern gegen das Vergessen arbeitest. Von uns wird in nicht allzu langer Zeit keiner mehr davon sprechen können, was uns jeden Tag aufs Neue bewegt. Umso wichtiger ist es, eine junge Stimme für uns zu haben.“ Sommerfeld wurde 1922 im polnischen Zlotow (deutsch Flatow) geboren. Er wuchs in Berlin auf. Dort versteckte er sich zwei Jahre mit seiner Familie, anschließend wurden sie gefunden und nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern und Geschwister wurden dort getötet. Sommerfeld wurde später in die Lager Heidenheim/Schlossberg und Mühldorf-Ampfing gebracht und wurde durch die US-Armee befreit. Er lebt heute in Gelsenkirchen. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Bar-Tor wurde 1922 im polnischen Tarnów geboren. Er wurde ins Ghetto Tarnów deportiert. 1946 fand er in Israel seine Heimat.
Bar-Tor wurde 1922 im polnischen Tarnów geboren. Er wurde ins Ghetto Tarnów deportiert. 1946 fand er in Israel seine Heimat. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Gertrut Roche, geboren 1929 in Konstadt/Oberschlesien (heute Wolszyn in Polen) er- und überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück, Rechlin, Ochsenzollen und Hohensasel. Sie wurde von den Engländern befreit und fand ihre neue Heimat in Ingolstadt.
Gertrut Roche, geboren 1929 in Konstadt/Oberschlesien (heute Wolszyn in Polen) er- und überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück, Rechlin, Ochsenzollen und Hohensasel. Sie wurde von den Engländern befreit und fand ihre neue Heimat in Ingolstadt. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Marcel D., geboren 1934 im polnischen Drohobycz, lebte ab 1942 mit seinen Eltern und Geschwistern im dortigen Ghetto. Sein Vater konnte einen Wärter bestechen – sie flohen in ein kleines Dorf in der Nähe ihres Heimatortes. Eine ukrainische Familie versteckte sie mit neun anderen Juden im August 1943. Im August 1944 wurden sie von der sowjetischen Armee befreit. Marcel D. musste nach dieser Zeit wieder das Laufen lernen und ging auf eine Ingenieurschule. 1961 ging er die Vereinigten Staaten; er arbeitet heute dort in einem Museum.
Marcel D., geboren 1934 im polnischen Drohobycz, lebte ab 1942 mit seinen Eltern und Geschwistern im dortigen Ghetto. Sein Vater konnte einen Wärter bestechen – sie flohen in ein kleines Dorf in der Nähe ihres Heimatortes. Eine ukrainische Familie versteckte sie mit neun anderen Juden im August 1943. Im August 1944 wurden sie von der sowjetischen Armee befreit. Marcel D. musste nach dieser Zeit wieder das Laufen lernen und ging auf eine Ingenieurschule. 1961 ging er die Vereinigten Staaten; er arbeitet heute dort in einem Museum. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Chana Borochowitz-Golany wurde 1930 im litauischen Tauroge geboren. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern wurde sie ins Ghetto Schaulay gebracht. Der Vater und eine der Schwestern wurden getötet. Sie wurde weiter ins KZ Stutthof deportiert. Hier wurden die Mutter und eine andre Schwester umgebracht. Heute lebt sie im israelischen Haifa
Chana Borochowitz-Golany wurde 1930 im litauischen Tauroge geboren. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern wurde sie ins Ghetto Schaulay gebracht. Der Vater und eine der Schwestern wurden getötet. Sie wurde weiter ins KZ Stutthof deportiert. Hier wurden die Mutter und eine andre Schwester umgebracht. Heute lebt sie im israelischen Haifa © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Anna Strishkowa wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren. Das Geburtsdatum ist unbekannt. Sie überlebte als Versuchskind von Dr. Mengele im KZ Auschwitz-Birkenau. Ihre Eltern wurden in dem Lager ermordet. Heute lebt sie in Kiew.
Anna Strishkowa wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren. Das Geburtsdatum ist unbekannt. Sie überlebte als Versuchskind von Dr. Mengele im KZ Auschwitz-Birkenau. Ihre Eltern wurden in dem Lager ermordet. Heute lebt sie in Kiew. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Walter Northmann wurde im polnischen Zabrze geboren. Wann, ist unbekannt. Er lebte in einem Schweizer Waisenhaus, Bruder und Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Der Vater überlebte das „Vorzeige“-KZ Theresienstadt und zog nach der Befreiung nach Berlin. Northmann lebt heute in der Stadt Haifa in Israel.
Walter Northmann wurde im polnischen Zabrze geboren. Wann, ist unbekannt. Er lebte in einem Schweizer Waisenhaus, Bruder und Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Der Vater überlebte das „Vorzeige“-KZ Theresienstadt und zog nach der Befreiung nach Berlin. Northmann lebt heute in der Stadt Haifa in Israel. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Daliah Miller wurde 1928 in Villingen geboren. Ihre Eltern und Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit ihren Brüdern konnte sie sich durch einen Kindertransport in die Schweiz retten. Sie floh weiter nach Palästina. Sie lebt in Haifa.
Daliah Miller wurde 1928 in Villingen geboren. Ihre Eltern und Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit ihren Brüdern konnte sie sich durch einen Kindertransport in die Schweiz retten. Sie floh weiter nach Palästina. Sie lebt in Haifa. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Der Mannheimer Fotograf hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2017 an die UN appelliert, sich auch weiterhin gegen Antisemitismus und jegliche Form von Gewalt zu engagieren. „Gegen das Vergessen“ war vom 22. Januar bis zum 1. März im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York zu sehen.
Der Mannheimer Fotograf hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2017 an die UN appelliert, sich auch weiterhin gegen Antisemitismus und jegliche Form von Gewalt zu engagieren. „Gegen das Vergessen“ war vom 22. Januar bis zum 1. März im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York zu sehen. © dpa | William Volcov
Seit mehrern Jahren fotografiert Toscano Holocaust-Überlebende und ist dafür in sechs Länder auf der ganzen Welt gereist. „Mir war es wichtig, nicht nur die jüdischen Opfer zu porträtieren, sondern alle, die vom Holocaust betroffen waren – sei es die Sinti und Roma, sei es die politisch Verfolgten, Homosexuellen, oder Zwangsarbeiter.“ Das Foto zeigt den Mannheimer mit Matthias Haß von der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz, die die Ausstellung mit organisiert hat.
Seit mehrern Jahren fotografiert Toscano Holocaust-Überlebende und ist dafür in sechs Länder auf der ganzen Welt gereist. „Mir war es wichtig, nicht nur die jüdischen Opfer zu porträtieren, sondern alle, die vom Holocaust betroffen waren – sei es die Sinti und Roma, sei es die politisch Verfolgten, Homosexuellen, oder Zwangsarbeiter.“ Das Foto zeigt den Mannheimer mit Matthias Haß von der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz, die die Ausstellung mit organisiert hat. © dpa | Christina Horsten
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Nachdem die Gruppe antisemitische Hetze in Facebook-Videos analysiert hat, steht die Fahrt nach Auschwitz an. Mehrere Tage sind sie in Polen, besichtigen dort zunächst drei Tage das ehemalige Vernichtungslager, bevor ein kulturelles Programm in Krakau folgt. Nach der Fahrt beginnt ein sechs Monate langes Theaterprojekt, um das Erlebte zu verarbeiten.

Besuch gewährt neue Sicht auf eigene Identität

Einige der Jugendlichen seien entsetzt, manche weinten, wenn sie die Fotos von den Leichenbergen, von den abgemagerten Kindern im Vernichtungslager sehen, sagt Yilmaz. „Andere sehen das eher rational, fragen sich, wie Menschen so etwas tun könnten, warum das nicht verhindert wurde.“

Doch es sind nicht nur diese Eindrücke, die die Jugendlichen bewegen. „In Auschwitz werden sie das erste Mal in ihrem Leben als Deutsche wahrgenommen“, sagt Yilmaz. Sie müssen sich plötzlich für die deutsche Geschichte, die ihnen vorher so fremd war, rechtfertigen. Zum ersten Mal begreifen sie, welche Verantwortung das Deutschsein in sich trägt. „Das ist etwas, das ihnen eine neue Perspektive auf ihre Identität bietet.“

Jugendliche werden rassistisch beleidigt – weil sie Muslime sind

Und dann bekommen sie am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie vielschichtig ihre eigene Identität ist. Jedes Jahr kommt es Yilmaz zufolge dazu, dass sie in Krakau rassistisch beleidigt werden, einmal wurden die Jugendlichen mit Zigarettenschachteln beworfen. Weil sie Muslime sind. „Das bringt sie durcheinander.“

Darüber sprechen die Jugendlichen, reflektieren das Erlebte. Ein KZ-Besuch wie es Chebli fordert könnte diese Komplexität an Gefühlen allein gar nicht auffangen, weiß Yilmaz. „Wenn Politiker fordern, dass man mit einem Gedenkstättenbesuch Antisemitismus verhindern kann, offenbart es, dass sie das Phänomen nicht verstanden haben.“

Abschluss in jüdischem Restaurant

Deshalb fordert der Pädagoge, dass Projekte wie seines besser finanziell unterstützt werden. Denn jedes Jahr müsse er mit seinen Kollegen darum zittern, ob sie die Fahrten im nächsten Jahr wieder anbieten können – trotz des Erfolges.

Zudem müsse die Lehrerausbildung auf Antisemitismus spezialisiert werden, sagt Yilmaz. „Und der Geschichtsunterricht muss verbessert werden, weil es für die nächsten Jahrzehnte noch wichtiger wird, die Migrationsgeschichte der Jugendlichen mit einzubeziehen.“

Nachdem die Jugendlichen drei Tage die Gedenkstätte besucht haben, folgt die Fahrt nach Krakau, wo es am letzten Abend ein großes Abschlussessen für die Muslimen gibt. In einem jüdischen Restaurant.