Berlin. Im Laden müssen jung wirkende Kunden beim Kauf von Alkohol einen Ausweis zeigen. Fürs Einkaufen im Internet gilt das allerdings nicht.

Wodka, Gin und Whiskey – für viele Jugendliche gehört Hochprozentiges zu einer Party dazu. Eigentlich dürften Minderjährige an Schnaps gar nicht herankommen. Doch im Internet können sie sich Alkohol einfach bestellen – ohne dass irgendjemand ihr Alter überprüft. „Das Jugendschutzgesetz in Bezug auf Alkohol ist ein schlechter Witz“, schimpft Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

Weil Supermärkte und Tankstellen ihre Angestellten deutlich anweisen, sich von jung wirkenden Kunden den Ausweis zeigen zu lassen, nutzen viele Minderjährige einen neuen Weg, an Schnaps zu kommen. Im Netz tummeln sich Dutzende Anbieter, die ihn bedenkenlos an Kinder und Jugendliche verschicken. Wer eine der einschlägigen Seiten öffnet, muss per Mausklick lediglich bestätigen, dass er 18 Jahre oder älter ist – da die Angabe nicht überprüft wird, gleicht diese Kontrolle einer Farce. Die Händler bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone.

Ähnliche Gesetzeslücke für Zigaretten

Zwar verbietet das Jugendschutzgesetz die Abgabe von Spirituosen an Kinder und Jugendliche in Gaststätten, Verkaufsstellen und „sonst in der Öffentlichkeit“. Das Problem: Ob unter den letzten Punkt auch der Versandhandel zählt, ist fraglich. Diese Gesetzeslücke macht es den Händlern leicht. Bei nicht jugendfreien Filmen etwa geht das Gesetz ausdrücklich auf den Versandhandel ein – der Verkauf solcher DVDs ist also verboten.

Jugendschützer fordern nun ein Ende des Alkoholverkaufs an Minderjährige. Beim Jugendschutz müssten im Internet dieselben Spielregeln gelten wie an der Ladentheke, verlangt Marlene Mortler, Drogenschutzbeauftragte der Bundesregierung. Im Geschäft sind Verkäufer verpflichtet, nach dem Ausweis zu fragen, wenn sie an der Volljährigkeit des Kunden zweifeln.

Auch für Zigaretten gab es eine ähnliche Gesetzeslücke. Die wurde 2016 geschlossen. Seitdem schreibt das Gesetz vor, dass Tabakwaren „Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden“ dürfen.

Mühelos einkaufen mit einer Prepaid-Kreditkarte

Dass es eine solche Regelung für Alkohol nicht gibt, führt Raphael Gaßmann von der Hauptstelle für Suchtfragen auf die Macht der deutschen Alkohol-Lobby zurück. Wie leicht es für Jugendliche tatsächlich ist, im Internet Schnaps zu ordern, hat im vergangenen Jahr ein Experiment des Verbraucherportals „testbericht.de“ gezeigt.

Minderjährige sollten bei 16 Onlinehändlern Hochprozentiges bestellen. Ergebnis: 13 lieferten den Schnaps aus. Nur drei Bestellungen scheiterten, weil die Verkäufer das Alter wirklich überprüften – etwa indem sie ein Postident-Verfahren oder die Ausweisdaten verlangten.

Kritik am Jugendschutzgesetz

Bier, Wein und Sekt darf man erst ab 16, Spirituosen ab 18 Jahren kaufen. Das war beim Test jedoch auch deshalb kein Hindernis, da die Paketboten die Sendungen einfach beim Nachbarn abgaben.

Ab zwölf dürfen Kinder mit Einverständnis der Eltern ein Girokonto eröffnen, ab 14 Jahren können sie sich etwa in Tankstellen eine Prepaid-Kreditkarte holen und so problemlos im Netz einkaufen. Sebastian Schulz vom Versandhandel-Bundesverband BEVH kritisiert, dass das „Jugendschutzgesetz und die Rechtsprechung hier keine eindeutige Sprache sprechen“.