Washington. Nach dem Massaker von Las Vegas sind noch viele Fragen ungeklärt. Die Freundin des Täters soll der Polizei bei der Aufklärung helfen.
Nach Katastrophen und Notlagen ist Donald Trump dazu übergegangen, Rettungskräfte und Polizisten für ihr rasches Eingreifen in den Himmel zu loben. Bei seinem Kondolenz-Besuch in Las Vegas muss Amerikas Präsident das Spektrum erheblich erweitern.
Nach dem Massenmord am Mandalay-Bay-Hotel rückt die für Selbstlosigkeit nicht unbedingt bekannte Glücksspiel-Metropole in der Wüste Nevadas solidarisch zusammen. Ärzte schließen ihre Praxen und helfen den in den Krankenhäusern rund um die Uhr operierenden Kollegen.
Blutbanken können sich vor Spendern kaum retten. Restaurants bieten für Helfer kostenloses Essen an. Hotels bringen Verwandte der 58 Toten und über 520 Verletzten auf eigene Rechnung unter. Fluggesellschaften übernehmen unbürokratisch die Flüge. Psychotherapeuten leisten entgeldfrei Akut-Hilfe für Trauernde. Menschen im ganzen Land haben fast vier Millionen Dollar an einen Hilfsfonds gespendet. „Die Welle der Hilfsbereitschaft“, sagte ein Touristin aus Washington, die ihren Aufenthalt in „Sin City“ just verlängerte, um sich als Freiwillige in der Seelsorge zu engagieren, „ist eine Trotzreaktion auf die Abscheulichkeit von Stephen Paddock.“
Weil sich der Todesschütze selbst das Leben nahm, richten sich sämtliche Augen auf die Frau an seiner Seite. Marilou Danley wurde nach der Ankunft aus Manila/Philippinen auf dem Flughafen von Los Angeles von FBI-Beamten im Rollstuhl durch den Sicherheitsbereich geführt. Die Bluttat hat die 62-Jährige aus dem Gleichgewicht gebracht.
Kann Marilou Danley das Rätsel lösen?
Von der ehemaligen Lebensgefährtin Paddocks, der am Sonntag im Stile eines Kriegs-„Rambos“ 58 Menschen tötete und über 500 zum Teil schwer verletzte, erhofft sich das FBI endlich Aufschluss über das noch immer im Dunkel liegende Motiv für das opferreichste Massaker in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten.
Die Ermittler werden ungeduldig. Sie fischen im Trüben. Die Öffentlichkeit verlangt immer lauter nach Aufkärung. Sheriff Joe Lombardo beschwerte sich dagegen öffentlich, dass niemand aus der Bevölkerung frühzeitig Hinweise gab auf einen Akt der Gewalt, der „von langer Hand vorbereitet gewesen sein muss“. Kann Marilou Danley das Rätsel lösen?
Vergebene Liebesmüh, sagen sinngemäß zwei Schwestern der seit vielen Jahren mit dem zweifach geschiedenen Paddock liiert gewesenen kleinen, dunkelhaarigen Frau. „Ich weiß, dass sie genau wie wir nichts weiß. Sie wurde weggeschickt, damit sie nicht bei seinen Plänen stören konnte“, sagte eine Schwester, deren Gesicht anonymisiert war, im australischen Fernsehen.
Täter muss psychische Probleme gehabt haben
Vor rund zwei Wochen habe Paddock, der sich im Laufe der Gewaltorgie im 32. Stock des Mandalay-Bay Casino-Hotels selbst erschoss, seiner Partnerin, die einen australischen Pass besitzt, ein Billig-Ticket in ihre philippinische Heimat gekauft. Sie flog am 15. September nach Manila. Ob Marilou Danley auch die Empfängerin einer von US-Medien berichteten Überweisung Paddocks in Höhe von rund 100.000 Dollar auf die Philippinen war, ist bisher offiziell nicht bestätigt.
Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass die ehemalige Spielkasino-Hostess, so lernte der Hochrisiko-Spieler Paddock sie kennen, „die wertvollste Informatin“ sei, um die „vielen losen Puzzle-Teile zu verbinden“, die noch immer kein schlüssiges Bild des Todesschützen abgeben.
Als da wären: Paddock, den Nachbarn an seinen Wohnorten Mesquite und Reno (Bundesstaat Nevada) als „zurückgezogen“ und „unsozial“ charakterisieren, muss psychische Probleme gehabt haben. Die Lokalzeitung „Las Vegas Review Journal“ fand heraus, dass der 64-Jährige seit Juni das Anti-Depressivum Diazepam (Handelsname: Valium) verschrieben bekommen hat. Ein Medikament, das aggressiv machen kann.
Gewaltige Menge an Waffen in Haus gefunden
US-Präsident Donald Trump, der am Mittwoch mit Opfern, Angehörigen, Einsatzkräften und Ärzten zusammentreffen will, hatte Paddock bereits am Dienstag als „sehr, sehr kranken, wahnsinnigen Mann“ bezeichnet. Eine Obduktion der Leiche Paddocks soll nun die Frage klären, ob der frühere Buchhalter während der Tat unter Einfluss des Psycho-Mittels stand.
An seine Partnerin richtet sich die Frage, wie sie es aushielt mit einem Mann, der oft sehr gereizt gewesen sein soll. In der Starbucks-Filiale in Mesquite berichten Angestellte, dass Paddock seine Frau häufig öffentlich demütigte. Tenor: „Ich bezahle doch sowieso für Dich.“
Ein anderer Schwerpunkt des Fahnder-Interesses ist die gewaltige Menge an Waffen und Munition, die Stephen Paddock über viele Monate erwarb. In seiner zur Killerkommando-Zentrale umfunktionierten Hotelsuite fanden sich 23 Feuerwaffen, darunter mehrere halbautomatische Schnellfeuergewehre mit Zielfernrohren, die mittels einer legal (!) käuflichen Zusatzeinrichtung („bump stock“) zu Armee-ähnlichen, vollautomatischen Waffen umfrisiert worden waren. Dadurch war es dem Mörder möglich, während des knapp zehnminütigen Dauerbeschusses auf rund 22.000 Besucher eines Countrymusik-Konzerts Hunderte Salven in kurzer Zeit abzufeuern.
Weil Paddock in seinen Häusern in Mesquite und Reno weitere 24 Waffen und Tausende Patronen Munition hortete, geht das FBI davon aus, das Marilou Danley „davon irgendetwas mitbekommen hat“. Das gilt auch für die Spekulation, dass der chronische Glücksspieler aus Frustration über Verluste in den Casinos von Las Vegas ausgerastet sein könnte. Fahnder bestätigten US-Medien, dass Stephen Paddock in den Wochen vor der Tat 160.000 Dollar an Slot-Maschinen und Pokertischen eingesetzt hat. Mit welchem Ergebnis, ist unbekannt.
Schüsse im Zentrum von Las Vegas