Marseille. Ein Mann hat in Marseille zwei Frauen erstochen. Zwei Tage vor der Tat hatte ihn die Polizei festgenommen – wegen Ladendiebstahls.

Die radikalislamische IS-Miliz hat den tödlichen Angriff auf zwei junge Frauen in Marseille für sich reklamiert. Ein Extremist des sogenannten Islamischen Staats sei für die Messerattacke am Sonntag verantwortlich, meldete die IS-nahe Nachrichtenagentur Amaq am Abend.

Ein Angreifer hatte in der südfranzösischen Stadt zwei Frauen erstochen. Danach wurde er von Soldaten erschossen, teilte die Polizei am Sonntag mit.

Der Mann sei mit einem Schlachtermesser auf die beiden Frauen am Bahnhof Saint-Charles losgegangen, sagten Polizeivertreter. Eine Frau habe einen Stich in den Hals, die andere in den Bauch erhalten. Die beiden Opfer seien 17 beziehungsweise 20 Jahre alt.

Anti-Terror-Experten ermitteln

Der Angreifer soll etwa 30 Jahre alt gewesen sein, Papiere trug er laut Medienberichten nicht bei sich. Während der Tat habe er „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) gerufen, sagten mehrere Augenzeugen.

„Diese Tat könnte terroristischer Natur sein, aber derzeit können wir das nicht bestätigen“, sagte Innenminister Gérard Collomb bei einem Besuch am Tatort. Es gebe nach Sichtung von Videoaufnahmen ein Fragezeichen zum Vorgehen des Mannes: Dieser habe nämlich zunächst ein erstes Opfer getötet und sei dann weggerannt, bevor er kehrt machte und eine weitere Frau angriff.

Anti-Terror-Experten haben inzwischen die Ermittlungen übernommen. Die für alle Terrorfälle in Frankreich zuständige Pariser Staatsanwaltschaft zog den Fall am Sonntag an sich, wie die Behörde mitteilte. Ermittelt werde wegen Mordes in Verbindung mit einem terroristischen Vorhaben und versuchten Mordes an Amtspersonen.

Angreifer war kurz vor der Tat in Polizeigewahrsam

Zwei Tage vor der Attacke war der Angreifer wegen Ladendiebstahls in Lyon in Gewahrsam genommen worden, sagte der Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins am Montag in Paris. Dabei habe er einen tunesischen Pass vorgelegt, wonach er 29 Jahre alt wäre. Die Ermittlungen seien dann aber eingestellt und der Mann am Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Die örtliche Präfektur sei „nicht in der Lage gewesen“ die Ausweisung des Mannes aus Frankreich anzuordnen, sagte Molins. Laut französischen Medienberichten soll der Mann keine Aufenthaltsberechtigung gehabt haben.

Soldaten reagierten sofort – und erschossen den Täter

Soldaten patrouillieren an vielen französischen Bahnhöfen – seit dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“.
Soldaten patrouillieren an vielen französischen Bahnhöfen – seit dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“. © REUTERS | JEAN-PAUL PELISSIER

Aus Polizeikreisen hieß es, dass Soldaten der Anti-Terror-Operation Sentinelle im Bahnhof Saint-Charles gegen 13.45 Uhr das Feuer auf den Mann eröffneten. Dabei sei er „neutralisiert“ worden. Seit dem Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ patrouillieren Soldaten in französischen Städten – darunter auch an zahlreichen Bahnhöfen.

Angreifer tötet zwei Menschen bei Messerattacke in Marseille

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    Politiker würdigten die rasche Reaktion der Soldaten. Die Abgeordnete für Marseille, Samia Ghali, sagte dem Hörfunksender France Bleu, wenn das Militär nicht so rasch zur Stelle gewesen wäre, „hätten wir viel mehr Tote gehabt“. Regionalpräsident Renaud Muselier sagte: „Die Sicherheitskräfte haben extrem schnell reagiert.“

    Kein Verkehr am Bahnhof Saint-Charles

    Die Polizei hatte auf Twitter dazu aufgerufen, den Bereich des Bahnhofs Saint-Charles zu meiden.

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    Kurz darauf wurde der Bahnhof komplett evakuiert. Zugverkehr fand bis zum Abend nicht statt. Der Gare Saint-Charles ist der wichtigste Bahnhof der Mittelmeerstadt Marseille.

    Der französische Innenminister Gérard Collomb fuhr am Abend in die südfranzösische Stadt. Präsident Emmanuel Macron drückte sein Mitgefühl für die Opfer auf Twitter aus: Er sei tief empört über diese barbarische Tat und fühle mit den Familien und Angehörigen der Opfer von Marseille.

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    Seit Jahren vermehrt Anschläge in Frankreich

    Zuletzt hatte es Mitte September in der Pariser U-Bahn eine Messerattacke auf einen Soldaten gegeben, der aber unverletzt blieb. Seit Monaten kommt es in Frankreich vermehrt zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte. Anfang August war ein Auto in einem Pariser Vorort in eine Gruppe Soldaten gerast. Dabei waren sechs Militärangehörige verletzt worden.

    Seit Anfang 2015 wurden bei islamistischen Anschlägen in Frankreich 239 Menschen ermordet – die Attacke vom Sonntag nicht mitgerechnet. Mehrfach kam es auch schon zu Angriffen mit Hieb- oder Stichwaffen.

    Amok und Terror: Der blutige Juli 2016 im Rückblick

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      Im Land gilt seit der Pariser Terrornacht vom 13. November 2015 der Ausnahmezustand. Das Parlament berät derzeit über eine weitere Verschärfung der Sicherheitsgesetze, die es ermöglichen soll, den Ausnahmezustand Anfang November auslaufen zu lassen. (rtr/dpa/sth)