Konstanz/Friedrichshafen . Nach dem Fahndungsaufruf der Polizei zum Babybrei-Erpresser gehen bei der Polizei viele Hinweise ein. Es kommen auch besorgte Fragen.

  • Die Suche nach dem Babybrei-Erpresser läuft auf Hochtouren
  • Der Unbekannte hatte gedroht, vergiftete Nahrung in Lebensmittelläden zu stellen
  • Bei der Polizei haben sich Menschen mit Hinweisen auf bestimmte Personen gemeldet

Schlank, sportlich, Wollmütze, Brille, Lederjacke, etwa 50 Jahre alt: So soll der Mann aussehen, der den Tod von Babys in Kauf genommen hat und jetzt deutschlandweit Kunden in Sorge versetzt. Fotos von Überwachungskameras zeigen mutmaßlich einen Erpresser, der Gift-Lebensmittel in die Regale stellen will. Wenn er kein Geld sieht, droht er damit, bis zum Samstag 20 vergiftete Produkte in Geschäften zu verteilen. Der Erpresser fordert einen „niedrigen zweistelligen Million-Betrag“. Die Behörden glauben nach ersten Funden, dass er es ernst meint.

Unter der Hinweistelefonnummer der Polizei Konstanz und per E-Mail sind bis zum Freitagnachmittag 1200 Reaktionen gezählt worden. Etwa 200 beziehen sich auf die Person, nach der die Polizei sucht. Von vagen Aussagen wie „den habe ich schon mal gesehen“ zu konkreten Nennungen von Namen und Adressen war ihm zufolge alles dabei. Es dauert seine Zeit, bis die Hinweise abgearbeitet sind“, sagte Polizeisprecher Markus Sauter unserer Redaktion. Eine heiße Spur sei dabei bisher nicht absehbar.

Viele Anrufe sind nur besorgte Nachfragen

Die Nummer und die E-Mail-Adresse wurden aber in der Hauptsache nicht für Hinweise genutzt, sondern für besorgte Nachfragen und Kommentare. Insgesamt 1000 der Rückmeldungen waren dieser Natur.

Weil völlig unklar ist, wo der Erpresser aktiv werden könnte, waren am Donnerstag auch Warnungen über die NINA-App des Bundesamts für Bevölkerungsschutz verschickt worden. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir einen sehr skrupellosen Täter verfolgen, der sehr ernsthafte Gesundheitsgefahren bis hin zum Tod von Menschen billigend in Kauf nimmt“, sagte der Konstanzer Kripo-Chef Uwe Stürmer.

Bisher war Babynahrung betroffen

Er hat bereits fünf mit Gift versetzte Produkte in Lebenmittelgeschäften ausgelegt. Dabei handelte es sich um Babynahrung. Die Behörden schließen aber nicht aus, dass auch andere Produkte betroffen sein können. Sie raten, auf mögliche Beschädigungen bei Verpackungen und auf das Knack-Geräusch beim Öffnen von Glaskonserven zu achten. Was Kunden nun zudem beachten sollten, erklären wir hier.

Die Polizei sei am Donnerstag an die Öffentlichkeit gegangen, weil der Ablauf der Frist näher rückte und die Polizei mit einer Warnung an die Öffentlichkeit Vorlauf haben wollte. In einer Mail war der Samstag als Termin für den Fristablauf genannt worden, die Polizei wollte, dass die Warnung nicht erst dann an die Öffentlichkeit gelangt und dann möglicherweise Verbraucher zu spät erreicht. „Gefahrenabwehr ging vor Strafverfolgung“, so Polizeisprecher Sauter.

Polizei veröffentlicht Bildmaterial aus Überwachungskameras

Die Ermittler hatten Bildmaterial aus den Überwachungskameras zweier Läden veröffentlicht, das den Verdächtigen zeigen soll, und die Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen. Einmal schiebt der Mann einen Einkaufswagen, auf einem anderen Video geht er mit einem Korb durch das Geschäft.

In einer Pressekonferenz informierten zudem der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger, Polizeivizepräsident Uwe Stürmer und Vertreter des baden-württembergischen Verbraucherschutzministeriums.

Drohmail ging an Organisationen, Märkte und Polizei

In einer E-Mail an Konzerne, Polizei und Verbraucherschutzorganisationen hat der Täter angekündigt, Produkte in Lebensmittel- und Drogeriemärkten im In- und Ausland mit Gift zu versetzen. Die Drohung soll an Aldi, Rossmann, Lidl, DM, Müller, Edeka, Norma und Rewe gegangen sein, berichtete bild.de. Die Behörden bestätigen das nicht.

Das Erpressungsschreiben war am 16. September, einem Samstagabend, eingegangen und enthielt detaillierte Informationen. Konkret genannt waren Märkte in Friedrichshafen am Bodensee, Produktnamen und eine Zahl betroffener Gläser. Bei eiligen Überprüfungen in den Geschäften wurden tatsächlich betroffene Packungen gefunden.

Zugesetzter Stoff ist süßlich schmeckende Flüssigkeit

Babynahrung sei dort zunächst komplett aus den Regalen genommen worden. „Es ist gelungen, all diese Gläser sicherzustellen“, sagte Polizist Stürmer. Die Polizei gehe davon aus, dass der Mann korrekte Angaben zur Zahl betroffener Produkte gemacht hat.

Bei dem zugesetzten Stoff handele es sich um Ethylenglycol, eine klare, süß schmeckende Flüssigkeit. „Schon 30 Milliliter sind bei Erwachsenen gesundheitsgefährdend“, sagte Ministerialrätin Petra Mock vom Verbraucherschutzministerium. Ethylenglycol müsse aber nicht tödlich sein, wenn rechtzeitig ärztlich dagegen vorgegangen werde, sagte Mock.

Nutella-Gläser mit Pflanzenschutzmitteln versetzt

Im Januar hatte die Dortmunder Polizei drei Männer festgenommen, die verdächtigt wurden, in Wuppertal und Dortmund Nutella-Gläser mit Pflanzenschutzmittel versetzt zu haben. Die Gläser waren entsprechend mit Warnungen versehen und die Konzentration nicht tödlich. (adi/law/rtr)

• Die Polizei hat für Hinweise eine Nummer eingerichtet, die in den nächsten Tagen rund um die Uhr besetzt ist: 07351 / 9 95 - 34 34.