Mexiko-Stadt. Nach dem Erdbeben in Mexiko wurde ein verschüttetes Mädchen zum Hoffnungssymbol. Doch das hat nie existiert. Die Opferzahl steigt.

Millionen Menschen haben nach dem schweren Erdbeben in Mexiko vergeblich um die Rettung eines angeblich in den Trümmern einer eingestürzten Schule verschütteten Mädchens gebangt. Doch: Ein dort vermutetes Kind namens Frida Sofía gebe es nicht, sagte der Vizechef der Marine, Admiral Ángel Enrique Sarmiento.

„Wir haben eine Zählung zusammen mit der Direktion der Schule gemacht und haben Gewissheit“, sagte Sarmiento. Zuvor hatten Medien weltweit unter Berufung auf Helfer von dem Phantommädchen Frida Sofía berichtet, das unter den Trümmern noch am Leben sei.

Jetzt 273 Tote durch Mexiko-Erdbeben

Unterdessen stieg die Opferzahl weiter: von 250 auf 273 Tote, wie das Innenministerium mitteilte. Davon starben allein in Mexiko-Stadt 137 Menschen. Mit Wärmebildkameras wird weiter versucht, mögliche Überlebende zu orten.

Das Beben einer Stärke von 7,1 überraschte elf Menschen in einer kleinen Kirche in Atzala. Nach Angaben der Angehörigen feierten sie zu dem Zeitpunkt die Taufe eines Mädchens.
Das Beben einer Stärke von 7,1 überraschte elf Menschen in einer kleinen Kirche in Atzala. Nach Angaben der Angehörigen feierten sie zu dem Zeitpunkt die Taufe eines Mädchens. © dpa | Carlos Pacheco Parra

Nach Angaben des Militärs könnte sich in der Grundschule „Enrique Rébsamen“ statt des Mädchens noch eine erwachsene Frau in den Trümmern befinden. Bisher wurden dort aus den Trümmern der Schule nach neuen Angaben 19 tote Kinder und sechs tote Erwachsene geborgen, elf Personen konnten lebend gerettet werden.

Frida Sofía wurde zum Symbol der Hoffnung

In Mexiko hatten TV-Sender rund um die Uhr berichtet, Rettungskräfte und Marinesoldaten wurden interviewt. Immer wieder war bei Helfern von dem angeblich zwölf Jahre alten Mädchen die Rede. Die Geschichte verselbstständigte sich.

Frida Sofía wurde zum Symbol der Hoffnung, über zwei Tage nach dem Beben noch Überlebende in den Trümmerbergen zu finden. Allerdings gab es kein Mädchen mit dem Namen, das vermisst wurde. Helfer wollten aber Stimmen gehört haben, das Mädchen sei in einem Hohlraum eingeschlossen und nenne sich Frida Sofía, hieß es.

TV-Sender entschuldigte sich

Zudem war die Rede davon, dass dort noch fünf weitere Kinder mit eingeschlossen sein könnten. Der Marine-Admiral José Luis Vergara, verantwortlich für die Arbeiten vor Ort, sagte: „Es gibt ein Mädchen im zweiten Stock des eingestürzten Gebäudes“. Bildungsminister Aurelio Nuño rief die Eltern auf, sich zu melden, weil niemand eine Frida Sofía vermisste. Der TV-Sender Televisa, der live berichtet hatte, bat um Entschuldigung. „Die Informationen, die wir veröffentlicht haben, basierten auf den offiziellen Quellen.“

Schweres Beben trifft Mexiko-Stadt

Immer wieder wird Mexiko von schweren Beben getroffen. Im September 2017 leidet besonders die Hauptstadt, eine der größten Metropolen der Erde. Die Stärke wurde mit 7,1 angegeben.
Immer wieder wird Mexiko von schweren Beben getroffen. Im September 2017 leidet besonders die Hauptstadt, eine der größten Metropolen der Erde. Die Stärke wurde mit 7,1 angegeben. © dpa | Eduardo Verdugo
Rettungskräfte und Freiwillige suchten nach dem Beben in den Trümmern dieses eingestürzten Hauses in Mexiko-Stadt nach Überlebenden.
Rettungskräfte und Freiwillige suchten nach dem Beben in den Trümmern dieses eingestürzten Hauses in Mexiko-Stadt nach Überlebenden. © dpa | Rebecca Blackwell
Das Zentrum des Bebens lag bei Axochiapan im Bundesstaat Morelos, etwa 130 Kilometer südöstlich der Hauptstadt. Im Großraum Mexiko-Stadt leben schätzungsweise 20 Millionen Menschen.
Das Zentrum des Bebens lag bei Axochiapan im Bundesstaat Morelos, etwa 130 Kilometer südöstlich der Hauptstadt. Im Großraum Mexiko-Stadt leben schätzungsweise 20 Millionen Menschen. © dpa | ---
Das Beben ereignete sich am Jahrestag des schweres Bebens von 1985. Damals kamen etwa 10.000 Menschen ums Leben.
Das Beben ereignete sich am Jahrestag des schweres Bebens von 1985. Damals kamen etwa 10.000 Menschen ums Leben. © dpa | Armando Meneses
Eine Frau im Rollstuhl wird nach dem Erdbeben bei der Evakuierung einer Klinik in Sicherheit gebracht.
Eine Frau im Rollstuhl wird nach dem Erdbeben bei der Evakuierung einer Klinik in Sicherheit gebracht. © dpa | Marco Ugarte
Rettungskräfte und Freiwillige laden eine verletzte Person in einen Rettungswagen.
Rettungskräfte und Freiwillige laden eine verletzte Person in einen Rettungswagen. © dpa | Rebecca Blackwell
Bei dem Beben wurden viele Krankenhäuser beschädigt und mussten geräumt werden. Die Patienten müssen zum Teil auf der Straße behandelt werden.
Bei dem Beben wurden viele Krankenhäuser beschädigt und mussten geräumt werden. Die Patienten müssen zum Teil auf der Straße behandelt werden. © dpa | Rebecca Blackwell
Das Beben ereignete sich zur Mittagszeit (Ortszeit), Tausende Menschen flüchteten sich auf Straßen und Plätze.
Das Beben ereignete sich zur Mittagszeit (Ortszeit), Tausende Menschen flüchteten sich auf Straßen und Plätze. © dpa | Rebecca Blackwell
Nur zwei Stunden vor dem Beben hatte es noch eine große Katastrophensimulation mit Evakuierungen gegeben.
Nur zwei Stunden vor dem Beben hatte es noch eine große Katastrophensimulation mit Evakuierungen gegeben. © dpa | Joel Alvarez
Ein Bagger beseitigt die Trümmer eines eingestürzten Hauses in Mexiko-Stadt.
Ein Bagger beseitigt die Trümmer eines eingestürzten Hauses in Mexiko-Stadt. © dpa | Rebecca Blackwell
An vielen Orten räumten freiwillige Helfer Schutt und Trümmer mit bloßen Händen zur Seite. Hunderte Menschen wurden vermisst.
An vielen Orten räumten freiwillige Helfer Schutt und Trümmer mit bloßen Händen zur Seite. Hunderte Menschen wurden vermisst. © dpa | Rebecca Blackwell
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Auch für Staatspräsident Enrique Peña Nieto, dessen Politik nur noch von rund 20 Prozent der Bürger gutgeheißen wird, ist der Fall unangenehm. Statt einer heldenhaften Rettung und eines großen politischen Erfolgs auch für den Präsidenten werden nun Fragen laut, wer für die „Phantomgeschichte“ verantwortlich ist.

50 Menschen lebend aus Trümmern geborgen

Nach Einschätzungen von erfahrenen Rettungskräften können Menschen je nach Beschaffenheit von Hohlräumen bis zu 72 Stunden in Trümmern überleben, diese Spanne läuft am Freitag ab. In Mexiko-Stadt konnten bisher 50 Personen lebend aus Trümmern geborgen werden. Das Beben der Stärke 7,1 hatte am Dienstag um 13.14 Uhr Ortszeit besonders Mexiko-Stadt und die Bundesstaaten Morelos und Puebla getroffen, hunderte Gebäude sind beschädigt worden.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – aber auch ein eindrucksvolles Beispiel gelebter Solidarität. Zehntausende Mexikaner packen mit an, helfen beim Wegkarren von Schuttbergen, spenden Kleidung, Essen, Medikamente und Trinkwasser. Zum Symbol wurde die erhobene Faust von Rettern – ein Zeichen an alle Menschen an einer Hausruine, absolut still zu sein – kein mögliches Klopfzeichen soll überhört werden. (dpa)