Philadelphia. Die Transplantationsmedizin hat einige erstaunliche Erfolge erzielt. Die Geschichte eines Zehnjährigen ist ein bewegendes Beispiel.

Der zehn Jahre alte Zion Harvey in den USA schreibt, isst und zieht sich mit zwei transplantierten Händen an. Zwei Jahre nach der Operation am Kinderkrankenhaus von Philadelphia berichtet ein Fachjournal darüber, wie das Kind gelernt hat, mit seinen neuen Händen mehr Handlungen auszuführen als zuvor mit seinen Stümpfen. Sogar einen Baseballschläger schwingt er.

Die Ärzte ziehen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „The Lancet Child & Adolescent Health“ Bilanz, welche erstaunliche Fortschritte der Junge 18 Monate nach der Operation im Juli 2015 gemacht hatte. Nach der OP hatten sich der Junge und sein Gehirn erst daran gewöhnen müssen, die Hände zu nutzen, schreiben die Ärzte. Vor allem innerhalb des ersten Jahres wehrte sich sein Körper mehrfach, nun ist Zion zehn Jahre alt und die Operation gilt als voller Erfolg und Meilenstein in der Transplantationsmedizin.

Wieso Operation Premiere ist

Der positive Verlauf der Hand-Transplantation bei einem Kind sei eine Premiere, schreiben die Autoren in der Studie. Schon häufiger sei es gelungen, ganze Gliedmaßen zwischen eineiigen Zwillings-Kindern zu übertragen. Noch nie seien jedoch Extremitäten zwischen unverwandten Kindern erfolgreich übertragen worden. Ein solcher Versuch sei zuletzt mit dem Tod eines Jugendlichen gescheitert.

Zions Operation ist auch ein beeindruckendes Beispiel für die Leistungsfähigkeit des Gehirns, erklärt der Chef des Chirurgenteams am Kinderkrankenhaus in Philadelphia, Scott Levin, in einem Youtube-Video. „Es sagt ihnen, dass sie sich bewegen sollen, und sie bewegen sich. Allein das ist bemerkenswert, denn für sechs Jahre seines Lebens war dieser Teil des Gehirns nicht aktiv.“

Durch Blutvergiftung Gliedmaßen verloren

Das Kind hatte im Alter von zwei Jahren eine von Bakterien ausgelöste Blutvergiftung erlitten, die unter anderem zu Nierenversagen und dem Verlust der Hände, Teilen der Unterarme und der Füße führte. Als ihr Sohn vier Jahre alt war, spendete die Mutter ihm eine Niere. Später wurden dem Kind über eine Spenderliste Hände zugewiesen. Über den Spender ist nichts bekannt.

Eineinhalb Jahre lang bereiteten Ärzte, Kinderpsychologen und Sozialarbeiter den kleinen Zion auf die schwierige Operation und die langwierigen Folgen vor. Aus medizinischer Sicht war vor allem die Verbindung der kleinen Nerven und Blutgefäße eine Herausforderung. Die OP dauerte dann auch fast elf Stunden.

Auch ein Penis wurde schon transplantiert

Die Wochen und Monate nach der Transplantation trainierte der Achtjährige seine neuen Hände. Nach und nach nahm der Junge immer mehr Reize über die Hände wahr und konnte sie besser bewegen und einsetzen. Zudem ist es gelungen, dass die Hände mit dem Körper mitwachsen. Inzwischen geht es für den Jungen darum, sich wieder in sein soziales Umfeld einzugliedern und zur Schule zu gehen.

Der Fall des Jungen lässt sich in eine ganze Reihe von spektakulären Transplantationen stellen, zu denen Ärzte mittlerweile in der Lage sind. Schon im Jahr 2000 hatten sie einem erwachsenen Mann neue Hände verpflanzt. Drei Jahre später transplantierten Ärzte in Wien erstmals eine Zunge. Einer Französin wurden bereits Mund und Nase eines toten Spenders übertragen und im Jahr 2014 erhielt ein 21-jähriger Südafrikaner einen neuen Penis. Wenige Monate später zeugte er ein Kind. (dp/law)