Köln. Ein Rechtsanwalt verlangt von der Lufthansa mehr Schmerzensgeld für die Angehörigen der Germanwings-Opfer. Das Unternehmen sperrt sich.

Die Lufthansa hat es nach WDR-Informationen abgelehnt, den Angehörigen der Opfer des Germanwings-Absturzes mehr als die bereits gezahlten 10.000 Euro Schmerzensgeld pro Person zukommen zu lassen. Der Berliner Rechtsanwalt Elmar Giemulla, der die Angehörigen von 39 der insgesamt 72 deutschen Opfer vertritt, hatte von der Fluggesellschaft im Rahmen eines Vergleichs ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro pro Hinterbliebenem verlangt.

Im Gegenzug bot er an, dass die Angehörigen auf weitere juristische Schritte gegen die Lufthansa verzichten, wie der Westdeutsche Rundfunk am Samstag berichtet. Das Unternehmen lehnte das Angebot ab. Die Lufthansa ließ laut WDR durch die von ihr beauftragte Anwaltskanzlei mitteilen, es gebe „keinen Regelungsbedarf“.

Lufthansa: Schon mehr gezahlt als gesetzlich vorgeschrieben

Der Rechtsanwalt Elmar Giemulla will nun auch in Deutschland eine Klage gegen die Lufthansa auf den bringen.
Der Rechtsanwalt Elmar Giemulla will nun auch in Deutschland eine Klage gegen die Lufthansa auf den bringen. © imago/Müller-Stauffenberg | imago stock&people

Die Fluggesellschaft sei den nächsten Angehörigen bereits in besonderer Weise entgegengekommen, indem ein freiwilliges Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 10.000 Euro gezahlt worden sei, heißt es in einem Antwortschreiben an den Anwalt. Die Lufthansa beruft sich dem Bericht zufolge auf eine Reihe von Leistungen, die sie bereits gezahlt hat.

Neben den 10.000 Euro Schmerzensgeld für die Hinterbliebenen hat das Unternehmen den Angehörigen pro Opfer 50.000 Euro Soforthilfe gezahlt – rund 30.000 Euro mehr als vorgeschrieben. Hinzu kommen 25.000 Euro, die jeder Familie wegen der erlittenen Todesangst der Passagiere gesetzlich zustanden. Zwischen diesen Zahlungen und der Höhe des eigentlichen Schmerzensgeldes besteht allerdings juristisch gesehen kein Zusammenhang, wie es hieß.

In den meisten Fällen mehr als 100.000 Euro pro Person

Die Lufthansa teilte dem WDR mit, dass ihr Angebot „nach deutschem Recht in Summe über den rechtlich geschuldeten Beträgen zur Entschädigung von Hinterbliebenen“ liege und sich pro Opfer schon jetzt in den meisten Fällen auf über 100.000 Euro summiere. Zudem werde in jedem Einzelfall individuell geprüft, welche weiteren berechtigten Ansprüche – auch Schmerzensgeldansprüche – bestünden.

Giemulla wollte laut Bericht am Samstagvormittag im nordrhein-westfälischen Haltern seine Mandanten über die Ablehnung des Vergleichsangebots informieren. Aus Haltern stammen 16 Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrerinnen, die bei dem Absturz ums Leben kamen.

Anwalt will nun auch Klage in Deutschland vorbereiten

Bei dem absichtlich herbeigeführten Absturz der Germanwingsmaschine starben am 24. März 2015 150 Menschen in den französischen Alpen.
Bei dem absichtlich herbeigeführten Absturz der Germanwingsmaschine starben am 24. März 2015 150 Menschen in den französischen Alpen. © imago/UPI Photo | imago stock&people

„Die Lufthansa zeigt ein weiteres Mal, dass sie nicht begriffen hat, was in ihrem Einflussbereich angerichtet worden ist“, sagte Giemulla dem WDR. Wenn es möglich sei, dass ein psychisch auffälliger Pilot für ein international tätiges Luftfahrtunternehmen fliegen könne, habe mindestens das System versagt.

Nach der Ablehnung des Vergleichsangebots will Giemulla nach eigenen Angaben nun eine Klage gegen Lufthansa in Deutschland vorbereiten. In den USA hat er bereits Klage gegen das Unternehmen eingereicht, weil der Copilot, der die Maschine zum Absturz brachte, an der amerikanischen Flugschule der Lufthansa ausgebildet worden war.

Depressiver Copilot tötete 150 Menschen

Am 24. März 2015 war ein Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf über den französischen Alpen abgestürzt. Nach Erkenntnis der Ermittler brachte der depressive 27-jährige Copilot Andreas Lubitz die Maschine absichtlich zum Absturz. Laut Staatsanwaltschaft trägt er die Alleinschuld an dem Absturz mit 150 Toten. (epd)