Bautzen. „Unseres Landes nicht würdig“: So verurteilt die Bundesregierung die Ausschreitungen in Bautzen. Rechte kündigen weitere Demos an.

Die Bundesregierung hat die jüngsten Ausschreitungen zwischen Deutschen und Flüchtlingen im sächsischen Bautzen scharf verurteilt. „Das ist unseres Landes nicht würdig“, sagte die Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag. „In Deutschland ist kein Platz für derartige Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Extremismus.“

Die Regierung verurteile aggressive, fremdenfeindliche und gewalttätige Ausschreitungen auf das Schärfste. Demmer betonte: „Ohne jetzt auf den konkreten Fall einzugehen, müssen wir natürlich dafür sorgen, dass die Gesetze sowohl von Flüchtlingen als auch von einheimischen Bürgern eingehalten werden.“

Polizei setzt auf massive Präsenz

Nach den Ausschreitungen vom Mittwochabend plant die Polizei in Bautzen weiter eine „hohe polizeiliche Präsenz“, wie ein Sprecher der Polizeidirektion Görlitz sagte. „Die Lage wird von uns weiter so eingeschätzt wie in den letzten Tagen, und entsprechend haben wir unsere Einsatzkräfte auch für das Wochenende geplant.“

Am Donnerstagabend hatten 90 Beamte bei einer Demonstration größere Zusammenstöße zwischen rund 350 Einheimischen – darunter offenkundig etliche Rechtsextreme – und zwei Dutzend linken Gegendemonstranten verhindert. Sachsens Grünen-Chef Jürgen Kasek berichtete im Sender MDR Aktuell, am Anfang habe es Flaschenwürfe gegeben, dann habe die Polizei sich zwischen die Lager gestellt.

Flüchtlinge und Rechte prügeln sich in Bautzen

weitere Videos

    Rechte kündigen weitere Demonstration an

    Eine weitere von rechten Gruppen für Freitag angekündigte Demonstration wurde kurzfristig abgesagt. „Ab sofort werden wir Bautzens Politikern die Möglichkeit geben, Taten folgen zu lassen“, hieß es in einer bei Facebook verbreiteten Erklärung. Für Sonntag rufen rechte Aktivisten aus Westdeutschland im Netz dazu auf, nach Bautzen zu kommen.

    Am Mittwochabend war die Gewalt in Bautzen eskaliert, als sich auf dem Kornmarkt etwa 80 Rechte und 20 junge Asylbewerber gegenseitig mit Flaschen und Steinen attackierten. Rechtsextreme vertrieben die Flüchtlinge und verfolgten sie bis zu ihrer Unterkunft, wo sie von der Polizei in Sicherheit gebracht wurden. Nach Darstellung der Polizei ging die Gewalt zunächst von Flüchtlingen aus. Für sie gilt nun seit Donnerstag ein Alkoholverbot und eine abendliche Ausgangssperre.

    Dadurch würden nun allerdings die als „störend Empfundenen“ als Sündenböcke stigmatisiert, kritisierte die Linke-Landtagsfraktion. „So haben die Nazis erreicht, was sie wollten.“ Die Polizei hatte zuvor von „wechselseitigen Provokationen“ zwischen Flüchtlingen und Rechten gesprochen und den Bautzener Kornmarkt als „Pulverfass“ bezeichnet. Meist sei Alkohol im Spiel.

    „Sachsen hat ein vergleichsweise großes Rechtsextremismusproblem“

    Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (CDU) hält die Ausgangssperre hingegen als „kurzfristige Maßnahme“ für richtig, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. „Das ändert aber nichts daran, dass wir mittel- und langfristig Strategien entwickeln müssen, wie wir sozusagen die eine und die andere Seite zusammenkriegen“, sagte er dem Radiosender SWR Info. Auf der rechtsextremen Seite gehe es um bildungs-, toleranz- und demokratieferne Schichten. „Diese Schichten müssen wir einbinden.“ Dafür gebe es aber kein Patentrezept.

    Verwaltung und Zivilgesellschaft in Bautzen müssten sich jetzt in einer offenen Diskussion dem Problem stellen, forderte der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, im ZDF. „Sachsen hat ein vergleichsweise großes Rechtsextremismusproblem“, meinte er. Es werde „auch nicht von heute auf morgen verschwinden“.

    „Beängstigende Stimmung“

    Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) sprach in den ARD-„Tagesthemen“ am Donnerstagabend von einer beängstigenden Stimmung in Bautzen. „Es gibt schon Regionen in Sachsen, wo Rechtsradikalismus und radikalisierte Einstellungen stärker sind als in anderen Regionen.“ Gleichzeitig betonte sie, die Übergriffe aus der Nacht zum Donnerstag seien nicht repräsentativ für Bautzen. (dpa)