Was schützt vor der Gefahr durch islamistischen Terror?
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Von Miguel Sanches
Berlin. Nach den Bluttaten diskutiert die deutsche Politik über die Strategie gegen islamistische Gewalt. Die Vorschläge im Realitätstest.
Die Leute seien „aufgewühlt“, sagt Horst Seehofer (CSU). Er auch. Bayerns Ministerpräsident weiß, „der islamistische Terror ist in Deutschland angekommen“. Vor einer Klausur seines Kabinetts versprach er am Dienstag, „alles, was wir für richtig halten, werden wir in die politische Diskussion einführen“. Dabei soll es nicht bleiben, Seehofer drängt auf Taten, er will raus aus der „Endlosschleife der Diskussion“. Einige Forderungen im Realitätstest:
• Bessere Ausstattung der Polizei
Bayern will die Polizei aufstocken, „das Gleiche erwarten wir auch von den anderen Ländern und vom Bund“. Mehr und besser ausgerüstete Polizisten, neue Schutzwesten, teure Titanhelme, modernere Waffen. Videoüberwachung an Bahnhöfen und gefährlichen Orten, digitale Kriminalitätsprognoseprogramme.
Fazit: Gut ist, dass der Staat in Sicherheit investiert. Falsch ist, dass die Prävention von Straftaten zu kurz kommt.
• Mehr Polizeipräsenz
Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich darauf geeinigt, die Polizeipräsenz bei ausgewählten Veranstaltungen zu erhöhen. Die Veranstalter sollen ihre Konzepte optimieren. Die Frage drängt sich seit dem Anschlag in Paris bei einem Rockkonzert auf.
Fazit: Sinnvoll. Die Sicherheit bei Sport und Konzerten muss besser werden.
• Militärs an die (Heimat-)Front
Während des Münchner Anschlages versetzte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Feldjäger der Bundeswehr in Bereitschaft. Artikel 35 Grundgesetz erlaubt Amtshilfe bei Naturkatastrophen und in besonders „schweren Unglücksfällen“ – eine terroristische Großlage wäre so ein Fall. Die Union fordert, was längst möglich ist, in München aber unnötig war. Die Soldaten wären kaum in der Lage, originäre Polizeiaufgaben zu erledigen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) drängt darauf, dass der Einsatz der Bundeswehr „so selbstverständlich wird wie in Frankreich und Belgien“.
Fazit: Symbolpolitik. Nutzwert und Realisierungschancen sind eher gering.
17-Jähriger verübt Axt-Attacke im Zug
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• Waffenrecht verschärfen
Das Waffenrecht ist nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden verschärft worden. Seit 2013 hat der Staat mit dem nationalen Waffenregister einen genauen Überblick über die legalen Waffen. Der kritische Punkt sind die illegalen Waffen, ihre Beschaffung im Ausland und im Darknet, dem anonymen Teil des Internets. „Wir müssen das Darknet durchleuchten.“, sagt der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka.
Fazit: Den Zugang zu den Waffen zu erschweren, ist ein Erfolg versprechender Ansatz. Es geht weniger um neue Gesetze und mehr um einen besseren Vollzug.
• Flüchtlinge besser überprüfen
Die Täter von Würzburg und Ansbach waren überprüft worden, aber nicht negativ aufgefallen. An der Grenze zu Österreich werden Asylsuchende erkennungsdienstlich behandelt – Lichtbild, Fingerabdruck – und ihre Auskünfte mit den Datenbanken von Sicherheitsbehörden abgeglichen. Nur: 77 Prozent der Migranten haben nicht die erforderlichen Personaldokumente. Im Ergebnis ist oft genug „weder die Identität aller Menschen geklärt, die zu uns gekommen sind, noch ihr geistiger und körperlicher Zustand“, sagt Rainer Wendt von der Polizeigewerkschaft. Die CSU fordert: Wer sich nicht identifizieren kann, darf nicht einreisen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will Flüchtlinge vor ihrer Einreise überprüfen lassen.
Fazit: Man muss wissen, wer ins Land kommt – und auch: dass sich manche trotzdem hier radikalisieren können.
Selbstmordattentat in Ansbach
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• Konsequenter abschieben
Längst begründen schon Eigentumsdelikte und Bewährungsstrafen ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse. Das Gesetz wurde nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht verschärft. Wendt fordert einen Ausbau der Abschiebehaft. Seehofer würde in Krisenregionen abschieben. CDU-Innenpolitiker Armin Schuster tönt: „Wir brauchen eine Abschiedskultur.“ Ein Seitenhieb gegen die Willkommenskultur der Kanzlerin.
Fazit: In Krisenregionen abzuschieben, verstößt gegen EU-Recht und Menschenrechtskonvention und wäre nur bedingt möglich, etwa in Afghanistan. Da werden falsche Erwartungen geweckt.