Bern . Viel Multikulti-Lametta und zu wenig Schweizer Käse: Einer SVP-Politikerin war die Eröffnungszeremonie des Gotthardtunnels zu bunt.

Eine Woche nach Eröffnung des Gotthardtunnels gibt es Ärger um die Einweihungszeremonie. Eine Politikerin der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) hatte in einer Anfrage an die Regierung moniert, dass „tanzende Derwische“ Teil der Zeremonie gewesen seien. Ein muslimischer Derwisch repräsentiere keinesfalls Schweizerische Grundwerte. „Mit tanzenden Derwischen, die in der Enzyklopädie des Islams eine Form zur Annäherung an Allah bedeutet, werden unsere Grundwerte jedoch verraten“, schrieb die Aargauer Nationalrätin Sylvia Flückiger.

Die knappe Antwort der Regierung bekam in den sozialen Medien viel Zuspruch: „Die künstlerische Inszenierung mit dem Leitbild Mythos Gotthard bedient sich ausschließlich an Figuren und Sagen, die der Alpenkultur entstammen. Bei den angesprochenen Figuren handelte es sich nicht um Derwische, sondern um tanzende Heuhaufen.“

Eröffnung des neuen Gotthard-Tunnels

Nach rund 17-jähriger Bauzeit wurde in der Schweiz am 1. Juni 2016 der Gotthard-Basistunnel mit einem großen Staatsakt eröffnet. Der Gotthard-Basistunnel ist das Herzstück der „Neuen Eisenbahn-Alpentransversale“ (NEAT). 1000 per Los ermittelte Schweizer durften mit den ersten Sonderzügen durch den neuen Tunnel zwischen Erstfeld und Bodio fahren.
Nach rund 17-jähriger Bauzeit wurde in der Schweiz am 1. Juni 2016 der Gotthard-Basistunnel mit einem großen Staatsakt eröffnet. Der Gotthard-Basistunnel ist das Herzstück der „Neuen Eisenbahn-Alpentransversale“ (NEAT). 1000 per Los ermittelte Schweizer durften mit den ersten Sonderzügen durch den neuen Tunnel zwischen Erstfeld und Bodio fahren. © dpa | Laurent Gillieron
Zur Eröffnung gab es eine feierliche Show ...
Zur Eröffnung gab es eine feierliche Show ... © REUTERS | ARND WIEGMANN
... mit Tänzern, verkleidet als Tunnelarbeiter.
... mit Tänzern, verkleidet als Tunnelarbeiter. © dpa | Peter Klaunzer / Pool
Der Deutsche Volker Hesse hatte die Choreographie erarbeitet.
Der Deutsche Volker Hesse hatte die Choreographie erarbeitet. © REUTERS | RUBEN SPRICH
Auch eine dramatisch aussehende Vogelgestalt begleitete die Eröffnungsfeier.
Auch eine dramatisch aussehende Vogelgestalt begleitete die Eröffnungsfeier. © REUTERS | RUBEN SPRICH
An Seilen befestigt flog die Gestalt durch den Tunnel.
An Seilen befestigt flog die Gestalt durch den Tunnel. © dpa | Alexandra Wey
Haarige Angelegenheit: Wie verwunschene Waldmenschen sahen diese Künstler aus ...
Haarige Angelegenheit: Wie verwunschene Waldmenschen sahen diese Künstler aus ... © dpa | Gabriele Putzu
... während diese Darbietung mehr Haut zuließ.
... während diese Darbietung mehr Haut zuließ. © dpa | Gabriele Putzu
Eine alte Postkutsche mit Pferdegespann.
Eine alte Postkutsche mit Pferdegespann. © dpa | Peter Klaunzer / Pool
Blick durchs Smartphone: Die Show wurde von den Gästen gefilmt.
Blick durchs Smartphone: Die Show wurde von den Gästen gefilmt. © REUTERS | RUBEN SPRICH
Zu den Gästen gehörten der Transportminister Adolf Ogi und Joschka Fischer (von rechts).
Zu den Gästen gehörten der Transportminister Adolf Ogi und Joschka Fischer (von rechts). © REUTERS | ARND WIEGMANN
Der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Amman eröffnete das elf Milliarden Euro teure Bauwerk.
Der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Amman eröffnete das elf Milliarden Euro teure Bauwerk. © dpa | Peter Klaunzer / Pool
Er würdigte das Jahrhundertwerk: „Es ist ein wichtiger Schritt für die Schweiz, für unsere Nachbarn und den Rest des Kontinents.“
Er würdigte das Jahrhundertwerk: „Es ist ein wichtiger Schritt für die Schweiz, für unsere Nachbarn und den Rest des Kontinents.“ © REUTERS | ARND WIEGMANN
Johann Schneider-Ammann begrüßte hochrangige Gäste, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, ...
Johann Schneider-Ammann begrüßte hochrangige Gäste, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, ... © dpa | Peter Klaunzer / Pool
... den italienischen Premierminister Matteo Renzi, ...
... den italienischen Premierminister Matteo Renzi, ... © REUTERS | RUBEN SPRICH
... Frankreichs Präsidenten Francois Hollande und ...
... Frankreichs Präsidenten Francois Hollande und ... © dpa | Peter Klaunzer / Pool
... den Premierminister Lichtensteins Adrian Hasler.
... den Premierminister Lichtensteins Adrian Hasler. © dpa | Peter Klaunzer / Pool
Geistlichen Beistand gab es auch: Der Tunnel wurde gesegnet.
Geistlichen Beistand gab es auch: Der Tunnel wurde gesegnet. © dpa | Gaetan Bally
Der Gotthard-Basistunnel ist mit seiner Strecke von 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt.
Der Gotthard-Basistunnel ist mit seiner Strecke von 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. © dpa | Wolfgang Kumm
Es hat 17 Jahre gedauert, den doppelröhrigen Tunnel unter dem schweizer Gotthard-Massiv in den Alpen fertigzustellen. Der Tunnel bringt die Nachbarländer, Regionen und Städte nördlich und südlich der Alpen noch näher zusammen, erweitert das dichteste öffentliche Verkehrsnetz der Welt um ein weiteres Pionierstück und macht das Reisen mit der Bahn noch schneller, einfacher und komfortabler. Die schnelle Nord-Süd-Achse löst den 1988 eröffneten Seikan-Tunnel als bisherigen Rekordhalter (53,9 Kilometer) als längster Eisenbahntunnel ab.
Es hat 17 Jahre gedauert, den doppelröhrigen Tunnel unter dem schweizer Gotthard-Massiv in den Alpen fertigzustellen. Der Tunnel bringt die Nachbarländer, Regionen und Städte nördlich und südlich der Alpen noch näher zusammen, erweitert das dichteste öffentliche Verkehrsnetz der Welt um ein weiteres Pionierstück und macht das Reisen mit der Bahn noch schneller, einfacher und komfortabler. Die schnelle Nord-Süd-Achse löst den 1988 eröffneten Seikan-Tunnel als bisherigen Rekordhalter (53,9 Kilometer) als längster Eisenbahntunnel ab. © dpa | Karl Mathis
Tausende Menschen haben am Gotthard-Basistunnel mitgebaut.
Tausende Menschen haben am Gotthard-Basistunnel mitgebaut. © dpa | Karl Mathis
Bergleute, Elektriker, Ingenieure. Fast jeder Vierte kam aus Deutschland.
Bergleute, Elektriker, Ingenieure. Fast jeder Vierte kam aus Deutschland. © dpa | Karl Mathis
Erst war ein Grollen zu hören, wie ein nahendes Gewitter. Dann unglaublich lautes Kreischen, Pochen, Poltern und Knirschen. Alles vibrierte wie bei einem Erdbeben, als die Meißel der gigantischen Tunnelbohrmaschine S-10 zum ersten Mal den Gneis des Gotthardmassivs angriffen.
Erst war ein Grollen zu hören, wie ein nahendes Gewitter. Dann unglaublich lautes Kreischen, Pochen, Poltern und Knirschen. Alles vibrierte wie bei einem Erdbeben, als die Meißel der gigantischen Tunnelbohrmaschine S-10 zum ersten Mal den Gneis des Gotthardmassivs angriffen. © dpa | Arno Balzarini
Am 15. Oktober 2010 war es dann soweit: Tunnelbohrmaschine „Sissi“ bricht durch den letzten Abschnitt des Gotthard-Tunnels.
Am 15. Oktober 2010 war es dann soweit: Tunnelbohrmaschine „Sissi“ bricht durch den letzten Abschnitt des Gotthard-Tunnels. © dpa | Arno Balzarini
Gut 13 Jahre danach steht der Bohrkopf von damals mit seinen 9,5 Metern Durchmesser im Museum. Und Martin Herrenknecht, Chef der Herrenknecht AG, steht vor dem bislang schönsten Tag seines Lebens als „König der Tunnelbohrer“: Am 1. Juni gehört er zu den Ehrengästen, die im Sonderzug durch den Gotthard-Basistunnel fahren.
Gut 13 Jahre danach steht der Bohrkopf von damals mit seinen 9,5 Metern Durchmesser im Museum. Und Martin Herrenknecht, Chef der Herrenknecht AG, steht vor dem bislang schönsten Tag seines Lebens als „König der Tunnelbohrer“: Am 1. Juni gehört er zu den Ehrengästen, die im Sonderzug durch den Gotthard-Basistunnel fahren. © dpa | Herrenknecht AG
Mit vier Herrenknecht-Bohrmaschinen wurde der weitaus größte Teil der zwei Riesenröhren für den Gotthard-Basistunnel aus dem Fels geschnitten. Millionen von Kubikmetern Gestein haben die Schwanauer „Riesenmaulwürfe“ bewältigt – das Gesamtvolumen entspricht dem Fünffachen der Cheopspyramide.
Mit vier Herrenknecht-Bohrmaschinen wurde der weitaus größte Teil der zwei Riesenröhren für den Gotthard-Basistunnel aus dem Fels geschnitten. Millionen von Kubikmetern Gestein haben die Schwanauer „Riesenmaulwürfe“ bewältigt – das Gesamtvolumen entspricht dem Fünffachen der Cheopspyramide. © dpa | Martin Ruetschi
Überblick über Lage, Profil, Aufbau und Querschnitt des Gotthard-Basistunnels zwischen Erstfeld im Kanton Uri und Bodio im Südkanton Tessin.
Überblick über Lage, Profil, Aufbau und Querschnitt des Gotthard-Basistunnels zwischen Erstfeld im Kanton Uri und Bodio im Südkanton Tessin. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
Zu Spitzenzeiten waren 2400 Arbeitskräfte unter schwierigen Bedingungen – die Temperatur im Berg erreichte häufig 40 Grad – im Einsatz.
Zu Spitzenzeiten waren 2400 Arbeitskräfte unter schwierigen Bedingungen – die Temperatur im Berg erreichte häufig 40 Grad – im Einsatz. © dpa | Karl Mathis
Auch an dem Bau der Bahnstrecke waren deutsche Unternehmen beteiligt.
Auch an dem Bau der Bahnstrecke waren deutsche Unternehmen beteiligt. © dpa | Alexandra Wey
Dank der erheblich sichereren Bauverfahren gab es weit weniger Unfälle als noch 1872 bis 1882 beim Bau des ersten Gotthard-Tunnels. Damals kamen 199 Arbeiter ums Leben. Diesmal gab es neun Todesfälle.
Dank der erheblich sichereren Bauverfahren gab es weit weniger Unfälle als noch 1872 bis 1882 beim Bau des ersten Gotthard-Tunnels. Damals kamen 199 Arbeiter ums Leben. Diesmal gab es neun Todesfälle. © dpa | Sigi Tischler
Schutzpatronin der Mineure ist die heilige Barbara. Der Glaube an ihre Kraft soll dafür sorgen, dass bei der gefährlichen Arbeit nichts Schlimmes passiert.
Schutzpatronin der Mineure ist die heilige Barbara. Der Glaube an ihre Kraft soll dafür sorgen, dass bei der gefährlichen Arbeit nichts Schlimmes passiert. © dpa | Urs Flueeler
Diese Aufnahme zeigt eines der Baustellendörfer während der Bauarbeiten am Gotthard-Basis-Eisenbahntunnel.
Diese Aufnahme zeigt eines der Baustellendörfer während der Bauarbeiten am Gotthard-Basis-Eisenbahntunnel. © dpa | Berthold Steinhilber
Von der Eröffnung bis zur Aufnahme des regulären Bahnbetriebs sollte noch einige Zeit vergehen. Zunächst waren noch 3000 weitere Testfahrten nötig. Nun wurde die Strecke wie geplant kurz vor Weihnachten endgültig freigegeben. Der 1882 in Betrieb genommene Gotthard-Tunnel zwischen Göschenen und Airolo kann damit in die Ruhestandsreserve geschickt werden.
Von der Eröffnung bis zur Aufnahme des regulären Bahnbetriebs sollte noch einige Zeit vergehen. Zunächst waren noch 3000 weitere Testfahrten nötig. Nun wurde die Strecke wie geplant kurz vor Weihnachten endgültig freigegeben. Der 1882 in Betrieb genommene Gotthard-Tunnel zwischen Göschenen und Airolo kann damit in die Ruhestandsreserve geschickt werden. © dpa | Maurus Huwyler/AlpTransit
Was den neuen vom alten Tunnel unterscheidet, ist neben der viel größeren Länge vor allem die enorme Tiefe, die gerade Strecke und seine Ebenerdigkeit. Der Basistunnel verläuft bei nur geringfügigen Steigungen sowie ohne enge Kurven auf einer Höhe von maximal 550 Metern über dem Meeresspiegel. Statt etwa 1100 Meter Gebirgsmasse wie beim alten türmt sich über dem neuen Tunnel bis zum Gipfel des Gotthards eine Felsabdeckung von 2300 Metern auf.
Was den neuen vom alten Tunnel unterscheidet, ist neben der viel größeren Länge vor allem die enorme Tiefe, die gerade Strecke und seine Ebenerdigkeit. Der Basistunnel verläuft bei nur geringfügigen Steigungen sowie ohne enge Kurven auf einer Höhe von maximal 550 Metern über dem Meeresspiegel. Statt etwa 1100 Meter Gebirgsmasse wie beim alten türmt sich über dem neuen Tunnel bis zum Gipfel des Gotthards eine Felsabdeckung von 2300 Metern auf. © dpa | Rolf Haid
Personenzüge können den Tunnel mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometern durchrasen. Die Verbindung zwischen Zürich und Lugano verkürzt sich um mehr als 30 Minuten auf rund zwei Stunden. Doch wichtiger als größere Bequemlichkeit für Reisende sind für Volkswirtschaft und Umwelt die Effekte im Güterverkehr. Pro Tag können 260 Güterzüge das Gotthardmassiv durchqueren statt bisher maximal 180. Damit soll ein Teil der Gütertransporte zwischen Nord- und Südeuropa von der Straße auf die Schiene verlagert werden.
Personenzüge können den Tunnel mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometern durchrasen. Die Verbindung zwischen Zürich und Lugano verkürzt sich um mehr als 30 Minuten auf rund zwei Stunden. Doch wichtiger als größere Bequemlichkeit für Reisende sind für Volkswirtschaft und Umwelt die Effekte im Güterverkehr. Pro Tag können 260 Güterzüge das Gotthardmassiv durchqueren statt bisher maximal 180. Damit soll ein Teil der Gütertransporte zwischen Nord- und Südeuropa von der Straße auf die Schiene verlagert werden. © dpa | Yoan Valat
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Zeremonie intellektuell und emotional gut nachvollziehbar gewesen

Der Deutsche Volker Hesse, der das Eröffnungsspektakel „Sacre Gottardo“ inszeniert hatte, sagte der „Neuen Luzerner Zeitung“: „Die Normalmenschen aus Uri und dem Tessin und all die Festbesucher konnten die Aufführung ganz mühelos emotional und intellektuell nachvollziehen. Wenn eine „wild gewordene SVP-Nationalrätin“ dies als „islamistische Propaganda“ missverstehe, könne er sich darüber nur wundern.

Projektleiter Gregor Saladin sagte: „Es gab primär viele tanzende Heuhafen und einzelne Figuren, die man als Derwische interpretieren könnte.“ Die Eröffnung sei „extrem schweizerisch“ gewesen, aber nicht im Sinne eines „Musikantenstadls“, sondern mit Blick auf die auch von Dämonen bevölkerten Sagen. Darüber hinaus sei gejodelt worden und 57 Alphornbläser hätten ihre Kunst gezeigt.

Der Gotthard-Basistunnel war am 1. Juni unter anderem in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet worden. Der mit 57 Kilometern längste Eisenbahntunnel der Welt gilt als technisches Meisterwerk, auf das die Schweizer besonders stolz sind. (aba, dpa)