Tiflis. Weil sie ihren Lebensstil nicht gutheißen, bewarfen Angreifer Gäste eines veganen Cafés mit Fleisch. Klingt lustig, ist es aber nicht.

Eigentlich wollten sie nur eine Filmvorführung im Kiwi Café in Georgiens Hauptstadt Tiflis genießen. Doch plötzlich, so wird auf der Facebook-Seite des veganen Cafés berichtet, stürmte am Sonntagabend eine Gruppe von Fleischfanatikern das Lokal, pöbelte zunächst rum und packte dann die „Waffen“ aus: Ausgerechnet mit Grillwurst und gegrilltem Fleisch und Fisch bewarfen die Angreifer die Café-Besucher – die meisten wohl Veganer, die nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf alle anderen tierischen Produkte wie Milch, Eier oder Käse verzichten.

Was im ersten Moment für manch einen lustig klingen mag, hat einen ernsten Hintergrund. Denn die Angreifer sollen Neonazis gewesen sein. Am Ende sollte es nicht beim Wurstwaffeneinsatz bleiben; ein Beteiligter zückte ein Messer.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Auf der Facebook-Seite des Cafés ist der Vorfall gleich in drei Sprachen geschildert. Dem Post zufolge sei die Gruppe während der Filmvorführung ins Café gekommen, habe durch lautes Reden und Lachen gestört, angefangen zu rauchen und schließlich ihr Grillgut ausgepackt und damit nach den Cafébesuchern geworfen. „Im Bewusstsein, dass all das oben genannte hier verboten ist, versuchten sie uns durch ihr verächtliches Verhalten zu provozieren“, schreibt der Verfasser des Posts.

Ein Nachbar zückte ein Messer

Der Versuch der Gäste, die Angreifer vor die Tür zu setzen, scheiterte. Die Situation eskalierte. Von dem lautstarken Streit auf die Straße gelockt, mischten sich Nachbarn ein – und unterstützten die mutmaßlichen Neonazis. Einer von ihnen soll mit den Worten „Kommt raus, dann regeln wir das“ ein Messer gezückt haben, ein anderer eine Kiwi-Mitarbeiterin an den Haaren gezogen und mit dem Gesicht zu Boden gedrückt haben. Ein Passant habe einen der Gäste mit seinem Spazierstock ins Gesicht geschlagen und ihm eine Platzwunde beigebracht. Auch die herbeigerufene Polizei habe sich auf die Seite der Angreifer gestellt, den Cafébetreibern die Schuld an der Eskalation des Streits gegeben und Mitarbeiter mit zur Wache genommen.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Cafébetreiber meinen, die Gründe zu kennen. In der Nachbarschaft seien sie und die Kiwi-Gäste verhasst wegen ihrer veganen Lebensweise und ihrer liberalen Einstellung gegenüber allen Nationalitäten, Rassen, Aussehen, sexuellen Orientierungen und religiösen Ansichten. „In diesem schmerzvollen Moment, als wir am verwundbarsten waren, haben sie sich entschlossen, uns anzugreifen. Keinen von ihnen hat interessiert, was wirklich passiert ist, wie es zu dem Konflikt kam, wer provoziert hat – sie wollten es nicht wissen und wollen’s immer noch nicht.“

Solidaritätsbekundungen aus der ganzen Welt

Anders zeigt sich die Situation auf Facebook. Dort erreichen das Kiwi-Team Solidaritätsbekundungen aus der ganzen Welt. Bis Dienstagmittag haben 630 Nutzer den Post kommentiert, mehr als 1300 ihre Bestürzung durch entsprechende Emoji-Markierungen zum Ausdruck gebracht. „Ich bete für diese guten Menschen, dass sie gesund werden und dass sie friedvoll und erfolgreich weitermachen“, schreibt etwa eine Nutzerin aus dem US-Bundesstaat Indiana. „Vegane Umarmungen“ kommen aus Kroatien und aus Belgien. „Nicht alle Nicht-Veganer sind so“, versichert eine bestürzte Nutzerin aus Oklahoma. Eine andere schreibt: „Liebe und Solidarität aus Emden, Deutschland.“

Erst wenige Tage vor dem Vorfall habe es Demonstrationen rechter Gruppen in Georgiens Hauptstadt gegeben, wie der „Guardian“ berichtet. Demnach seien die Bürger von Tiflis besorgt, dass auch der Vorfall im Kiwi Café erst den Anfang verstärkter organisierter politischer Aktionen durch ultra-nationalistische Gruppen markiere. Dem Bericht zufolge sei nicht klar, ob die Wurstattacke bloß ein Dummejungenstreich war, der aus dem Ruder lief, oder eine politische Tat von Rechtsextremen.

Was auch immer dahinter stecken mag, die Betreiber des Kiwi Café wollen sich nicht einschüchtern lassen. Sie wollen weiter machen. „Während dieser harten Zeit könnt ihr uns einfach unterstützen, indem ihr unser Café besucht“, schreiben sie auf Facebook. „Wir wären sehr dankbar, wenn ihr vorbei kommt, um jedem zu zeigen, dass es eine Menge Leute gibt, denen wir nicht egal sind!“