Ruby und andere Gespielinnen des ehemaligen italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi profitieren noch immer vom Sexskandal.

Rom. Villen, Wohnungen, Bargeld, Autos – Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, 78, soll seinen Gespielinnen von einst noch immer Abfindungen zukommen lassen. Im Gegenzug haben sie ihm wohl garantiert, vor den Richtern im Fall Rubygate nichts über die ausschweifenden Nächte in der Prachtvilla des Multimillionärs auszuplaudern. Doch das möglicherweise teuer erkaufte Schweigen kommt Berlusconi nun doppelt teuer zu stehen. Nicht nur, weil sich die Damen offenbar unersättlich zeigen und für die „Bunga Bunga“-Nächte immer schwindelerregendere Summen fordern: Nun flog auch auf, was die Ermittler entdeckten, als sie auf Geheiß der Mailänder Richter die Wohnungen der jungen Frauen durchsuchen ließen. 45.000 Euro fanden sie in einem Safe, die Summe war in 500-Euro-Scheinen gestückelt.

Ein Mittelsmann, der Ex-Berlusconi-Buchhalter Giuseppe Spinelli, soll den Untersuchungsrichtern gegenüber eingestanden haben, dass er solche Summen von „15.000 bis 20.000 Euro“ eigenmächtig zahlen konnte. Sobald die Forderungen höher waren, musste Berlusconi autorisieren. Spinelli hatten die Mädchen dann auch passenderweise den Spitznamen Geldautomat verpasst. Diese Barzahlungen werten die Mailänder Richter als Beweis im Folgeverfahren des Rubygates. Diesmal geht es nicht mehr um Partys und den Vorwurf der Prostitution mit Minderjährigen, der noch im Fall der Marokkanerin Ruby Karima el Mahroug vorlag. Berlusconi war davon 2013 in der Berufung freigesprochen worden.

Den Fahndern war der plötzlich hohe Lebensstandard der Damen aufgefallen

Jetzt lautet die Anklage auf Falschaussage der Mädchen. Auch das endgültige Urteil gegen Berlusconi im ursprünglichen Verfahren, das der Oberste Gerichtshof in Rom am 10. März fällt, könnte davon beeinflusst werden. Was passiert, wenn der Prozess wegen bewiesener Falschaussage noch einmal aufgerollt werden muss? Und wie kam es überhaupt zu einem zweiten Prozess? Ganz einfach, die Fahnder hatten Beobachtungen gemacht, die zumindest den Verdacht von Falschaussagen aufkommen ließ. Der Lebensstandard der jungen Damen war nämlich viel zu hoch, im Vergleich jedenfalls zu ihren in der Steuererklärung deklarierten Einkünften und beruflichen Tätigkeiten.

Zwei der bevorzugten Berlusconi-Freundinnen, Barbara Guerra und Alessandra Sorcinelli, leben in 400-Quadratmeter-Luxusvillen. Eine dritte gab sich mit einem Stadtapartment zufrieden, das ihr ebenfalls von einer Immobilienfirma aus Berlusconis Dunstkreis zur Verfügung gestellt wurde. Was den ermittelnden Staatsanwälten weiter aufgefallen ist: Die drei Damen waren als Nebenklägerinnen im Prozess gegen drei Berlusconi-Vertraute – einen Journalisten, einen Modelagenten und eine Berlusconi-Politikerin – aufgetreten. Die wiederum waren angeklagt, einen Prostitutionsring für Berlusconis rauschende Feste organisiert zu haben. Die drei Frauen machten aber während der Verhandlung plötzlich einen Rückzieher. Eine andere, die früher ein Showgirl war, arbeitet derweil als Journalistin in den Berlusconi-Sendern.

Ganz zu schweigen vom Lebensstil der Protagonistin Ruby „Rubacuore“. Sie führt heute ein Leben auf großem Fuß. Einen Kindergeburtstag für ihre dreijährige Tochter ließ sie sich 7000 Euro kosten. Ruby kaufte ihrem Freund ein Motorrad und machte einen Luxusurlaub auf den Malediven – dort gab sie mehr als 60.000 Euro in zehn Tagen aus. Auch Rubys Wohnung war durchsucht worden, dabei waren die entsprechenden Belege gefunden worden.

So kam auch heraus, dass Karima el Mahroug offenbar immer ein Taxi nimmt, wenn sie von ihrem Wohnort Genua nach Mailand muss – dazwischen liegen immerhin 150 Kilometer. Irgendwo auf dem Weg legt sie regelmäßig einen Zwischenstopp ein, um, so glauben es zumindest die Ermittler, jemanden zu treffen, der ihr frisches Geld in Raten von 14.000 bis 15.000 Euro zusteckt. Der Mittelsmann soll der Mailänder Anwalt Luca Giuliante sein, gegen den im Zug der Ermittlungen gegen die „Bunga Bunga“-Mädchen auch ermittelt wird. Sind die Raten, die er an Ruby zahlt, Teil jener 4,5 Millionen Euro, die Berlusconi Ruby angeblich für ihr Schweigen versprochen hat?

So hatte es die Marokkanerin jedenfalls in ein Notizbuch geschrieben, das die Ermittler beschlagnahmten. In Telefonaten hatte sie ihren „Kolleginnen“ gesagt, dass Berlusconi ihr diese Summe schenken wolle, falls es ihr gelingen würde, sich als unzurechnungsfähig einstufen zu lassen. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Berlusconi den Mädchen seiner wilden Nächte Abfindungen in Höhe von 25.000 Euro gezahlt hat, auch reguläre Monatsgehälter von bis zu 2500 Euro pro Dame. Er selbst hatte das 2013 „Schmerzensgeld“ genannt.