Ein italienisches Gericht in Mailand hat den ehemaligen italienischen Regierungschef wegen Steuerbetrugs verurteilt.

Mailand. Das Mailänder Gericht hat Silvio Berlusconi im Mediaset-Prozess zwar zu vier Jahren Haft verurteilt, drei davon werden dem früheren Regierungschef aber erlassen. Das Gericht bezog sich dabei in seinen Erläuterungen nach der Urteilsverkündung am Freitag auf ein Gesetz zum Straferlass, das 2006 wegen der überfüllten italienischen Gefängnisse beschlossen worden war.

Erstmals hatte ein italienisches Gericht den ehemaligen Regierungschef zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Berlusconi, der bei der Urteilsverkündung nicht anwesend war, dürfte Berufung gegen den Schuldspruch einlegen. Bislang kam es in keinem der zahlreichen Prozesse gegen den 76-Jährigen zu einer rechtswirksamen Verurteilung.

In dem seit sechs Jahren laufenden Verfahren ging es um Machenschaften in Berlusconis Konzern Mediaset. Der Milliardär und zehn weitere Angeklagte waren beschuldigt, ein raffiniertes Modell für Steuerbetrug entwickelt zu haben. Sie sollen die Ausstrahlungsrechte an US-Filmen über Firmen in Steuerparadiesen erworben und falsche Angaben zu den Geschäften gemacht haben, um Steuerzahlungen zu vermeiden. Zudem sollen TV-Rechte innerhalb der Holding für 3.000 Filme neu lizenziert worden sein, wobei die Preisdifferenz in Millionenhöhe einkassiert worden sein soll.

Drei weitere Angeklagte wurden am Freitag ebenfalls verurteilt. Unter anderem erhielt der Hollywood-Produzent Frank Agrama eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Nach Prozessverschleppung zahlreiche Vorwürfe verjährt

Der Prozess begann im Jahr 2006 und verzögerte sich immer wieder. So hatte sich Berlusconi in seiner Zeit als Ministerpräsident ein Immunitätsgesetz verabschieden lassen, das erst wieder vom Verfassungsgericht einkassiert werden musste. Zudem brachte er immer vor, er könne Gerichtstermine nicht wahrnehmen, weil sie mit seinen Verpflichtungen als Regierungschef kollidieren würden. Die Verjährungsfrist für die im Mailänder Prozess verhandelten Straftatbestände endet im kommenden Jahr. In Italien muss ein Urteil, bevor es rechtskräftig wird, zwei Berufungsinstanzen durchlaufen.

Ein zweiter Prozess gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten, wurde am Freitag ohne den Auftritt des als Zeugen vorgeladenen Hollywoodstars George Clooney fortgesetzt. Clooney habe auf seine Vorladung in dem Verfahren nicht reagiert, berichteten italienische Medien. In diesem Prozess wird Berlusconi unter anderem vorgeworfen, seinen politischen Einfluss zugunsten einer als Ruby bekannten marokkanischen Minderjährigen eingesetzt und eine sexuelle Beziehung mit ihr gehabt zu haben.

Clooney hätte für die Verteidigung zu den sogenannten „Bunga Bunga“-Partys aussagen sollen, bei denen es in Berlusconis Villa angeblich zu sexuellen Aktivitäten gekommen sein soll. Der Hollywoodstar hatte bereits in der Vergangenheit erklärt, er sei nur einmal im Haus des damaligen Regierungschefs gewesen, um Hilfe für die sudanesische Krisenregion Darfur zu erbitten. Eine Einladung, länger zu bleiben, habe er ausgeschlagen.

Berlusconi zwischen Politik und Gerichtssaal

Schon in der Vergangenheit musste sich Berlusconi wegen verschiedener Delikte vor Gericht verantworten. Vor allem feuchtfröhliche „Bunga-Bunga“-Nächte und der „Ruby-Prozess“ beschäftigen seit Monaten die Medien:

3. Mai 2009: Veronica Lario gibt bekannt, dass sie sich nach 20 Ehejahren von Berlusconi scheiden lässt. Grund sei seine Vorliebe für junge Mädchen.

27. Mai 2010: In Mailand wird die 17-jährige Marokkanerin Ruby – mit richtigem Namen Karima El Mahroug – wegen mutmaßlichen Diebstahls festgenommen. Berlusconi meldet sich persönlich bei der Polizei und erwirkt ihre Freilassung. Später bestätigt er das.

14. Januar 2011: Die Staatsanwaltschaft ermittelt im „Fall Ruby“ gegen Berlusconi wegen Amtsmissbrauchs und Umgangs mit minderjährigen Prostituierten.

15. Februar: Eine Ermittlungsrichterin entscheidet: Berlusconi muss sich wegen Ruby in einem Schnellverfahren vor Gericht verantworten. 5. April: Das Abgeordnetenhaus folgt einem Antrag aus Berlusconis Mitte-Rechts-Lager und erklärt die Mailänder Justiz im „Ruby-Verfahren“ für nicht zuständig. Das Votum hat zunächst keine Auswirkung auf das anstehende Verfahren. 6. April: Der „Ruby-Prozess“ beginnt in Mailand und wird bereits nach fünf Minuten vertagt. Weder Berlusconi noch Ruby sind anwesend.

18. Oktober: In der Vorverhandlung um mutmaßliche Steuervergehen beim Verkauf von Film- und TV-Rechten seines Subunternehmens Mediatrade wird Berlusconi freigesprochen.

12. November: Wegen zu geringen Rückhalts unter den Abgeordneten tritt Berlusconi von seinem Amt als Regierungschef zurück. 7. Februar 2012: Ein Mailänder Gericht entscheidet, Berlusconi müsse sich wegen Beihilfe zur Veröffentlichung von abgehörten Telefongesprächen in einer Wirtschaftssache verantworten.

25. Februar: In einem Korruptionsprozess wird Berlusconi wegen Verjährung freigesprochen. Er soll dem britischen Anwalt David Mills angeblich 600 000 Dollar Schmiergeld gezahlt haben.

19. Oktober: Berlusconi beteuert vor Gericht, er habe niemals intime Beziehungen zu der minderjährigen Ruby gehabt.