Sex mit Minderjährigen und Amtsmissbrauch lautet die Anklage. Ex-Ministerpräsident Berlusconi hält mitten in seinem Mailänder Prozess unaufgefordert eine blumige Verteidigungsrede.

Mailand. Der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat vor Gericht Vorwürfe zurückgewiesen, Sex mit einer marokkanischen Minderjährigen gehabt zu haben. Es sei in seiner Villa nahe Mailand auch nicht zu Sexparties oder bezahltem Geschlechtsverkehr gekommen, sagte Berlusconi am Freitag. Er habe „nie irgendeine Art von intimer Beziehung“ mit dem als Ruby bekannten Mädchen gehabt. Seinen Einlassungen im laufenden Gerichtsverfahren kommt nicht das Gewicht einer Aussage unter Eid zu. Berlusconis Anwälte hatten ursprünglich angekündigt, ihr Mandant werde nicht aussagen. Ihm werden Sexualdelikte und Amtsmissbrauch vorgeworfen.

Der 76-Jährige beklagte am Freitag in einer „freiwilligen Erklärung“ vor dem Gericht ein Eindringen in sein Privatleben durch Veröffentlichungen zu der Affäre um die Ruby genannte Marokkanerin. Berlusconi sprach von „scheußlichen Diffamierungen“.

Über die Abendessen in seiner Privatvilla sei viel fabuliert worden, sagte Berlusconi. Der von Medien dabei als Begriff für wilde nächtliche Sex-Feste bei dem Ex-Regierungschef eingebürgerte Begriff „Bunga-Bunga“ gehe auf einen Scherz zurück, den er wiederholt gemacht habe, erläuterte Berlusconi. In der Villa habe es nur Abendessen in einem großen Saal gegeben, „wobei ich dann die ganze Aufmerksamkeit singend und mit Reden über Sport, Politik und Klatsch auf mich zog.“

Berlusconi ist nach eigenen Worten überzeugt gewesen, dass das Partygirl Ruby bei ihren Treffen 24 Jahre alt gewesen sei, wie sie es ihm gesagt habe – also nicht mehr minderjährig. Als sie ihm dann gesagt habe, sie sei minderjährig und Marokkanerin, „machte mich das baff, weil mir klar wurde, dass sie sich eine zweite Identität geschaffen hatte“, sagte Berlusconi, wie die Nachrichtenagentur Ansa aus Mailand berichtete.

Berlusconi ist angeklagt wegen Sex mit minderjährigen Prostituierten bei Partys sowie Amtsmissbrauchs. Er kam zum zweiten Mal während des langwierigen Prozesses in den Justizpalast und gab dabei erstmals auch diese als „freiwillig“ bezeichnete Erklärung ab. Er wollte sich jedoch offenbar keiner offiziellen Befragung stellen. Ansonsten standen mehrere Zeugenvernehmungen auf der Gerichtsagenda.

Als Ministerpräsident hatte Berlusconi nachts bei Beamten in Mailand interveniert, um die in Polizeigewahrsam genommene Ruby wieder freizubekommen. Er warnte vor diplomatischen Verwicklungen, weil sie die Nichte des (damaligen) ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak sei. Auch nach einer Begegnung in Rom mit Mubarak sei er noch der Überzeugung gewesen, dass Ruby ein Verwandte des Staatschefs sei, erklärte Berlusconi am Freitag außerdem. Amtsmissbrauch wird ihm wegen dieses Eingreifens bei der Mailänder Polizei vorgeworfen.

Mit Material von dapd und dpa