Das Ringen um das Strafmaß für den der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochenen Oscar Pistorius geht weiter. Eine Gutachterin warnte vor der Gewalt in südafrikanischen Gefängnissen.

Pretoria. Vor der Urteilsverkündung gegen den südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius warnen seine Anwälte vor einer Haftstrafe. Sollte Pistorius ins Gefängnis gesteckt werden, würden ihn dort nach Ansicht seiner Verteidiger Gewalt und Vergewaltigungen drohen. „Er wäre sicher ein Fall für solche Gruppenvergewaltigungen“, sagte am Dienstag eine von Pistorius' Anwälten bestellte Gutachterin.

Solche Gewalt sei in Südafrikas Haftanstalten an der Tagesordnung, machte sie am zweiten Tag der gerichtlichen Anhörungen zum Strafmaß für Pistorius geltend. Staatsanwalt Gerrie Nel widersprach heftig. Er strebt eine möglichst hohe Haftstrafe an, nachdem die Richterin seine Anklage wegen Mordes zurückgewiesen hat. Bei einer Verurteilung wegen Mordes hätte Pistorius in jedem Fall ins Gefängnis gemusst.

Der beinamputierte Sprinter erschoss im Februar 2013 in seinem Haus durch eine geschlossene Toilettentür seine Freundin Reeva Steenkamp. Das sei versehentlich geschehen, er habe sie für einen Einbrecher gehalten, beteuerte Pistorius vor Gericht. Er wurde dafür vor einem Monat der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Eine zweite Gutachterin bemängelte auch die Ausstattung südafrikanischer Gefängnisse. Diese seien völlig ungeeignet für Menschen Behinderungen, wie jener von Pistorius.

Nach mehrtägigen Anhörungen muss Richterin Thokozile Masipa entscheiden, welche Strafe er dafür bekommt. Das Gesetz bietet ihr eine Bandbreite von Auflagen zur gemeinnützigen Arbeit bis hin zu 15 Jahren Haft. Die Anhörungen könnten sich nach Einschätzung von Experten noch bis Donnerstag hinziehen. Die Richterin könnte dann am Freitag ihre Entscheidung über das konkrete Strafmaß bekanntgeben. Nach der südafrikanischen Strafprozessordnung kann sie sich zur Abwägung aller Argumente allerdings noch weit mehr Zeit nehmen.