Seit zweieinhalb Jahren liegt das Wrack der „Costa Concordia“ vor Giglio, nun tritt sie ihre letzte Reise an - ins 350 Kilometer entfernte Genua, wo das Schiff endgültig verschrottet werden soll.

Giglio. Die „Costa Concordia“ hat ihre letzte Reise begonnen: Am Mittwochvormittag kurz nach 11.00 Uhr wurde das vor zweieinhalb Jahren vor der Toskana-Insel gesunkene Kreuzfahrtschiff von Schleppern auf den Weg nach Genua gebracht, wo es verschrottet werden soll. Nach Angaben eines Technikers bewegt sich das Schiff mit einer Geschwindigkeit von fast zwei Knoten (3,7 Stundenkilometern) vorwärts.

Der Beginn des Abtransports der „Costa Concordia“ ist von den anderen Schiffen im Hafen der italienischen Insel Giglio mit Schiffssirenen begleitet worden. Nachdem sich der havarierte Kreuzfahrtriese am Mittwochmorgen deutlich bewegt hatte, feierten die anderen Schiffe dies mit lautem Getöse. Einige Zuschauer im Hafen applaudierten. Bereits kurz nach Beginn des Manövers hatte sich die „Costa Concordia“ deutlich gedreht und ein Stück von der Insel wegbewegt.

Die Reise dorthin wird voraussichtlich vier Tage dauern. Gezogen wird die „Costa Concordia“ von vier großen Schleppern, zehn Schiffe begleiten den Transport auf der gut 350 Kilometer langen Strecke in die ligurische Hafenstadt. Der Bereich um das Schiff wird währenddessen weiträumig abgesperrt, ebenso der Luftraum. Der Kreuzfahrtriese soll sich mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Knoten (3,7 Stundenkilometer) durch das nördliche Mittelmeer bewegen.

Seine Ankunft in Genua, wo das Schiff in den kommenden zwei Jahren verschrottet werden soll, ist für Sonntag vorgesehen. 32 Menschen waren bei der Havarie der „Costa Concordia“ im Januar 2012 ums Leben gekommen, darunter auch zwölf Deutsche. In den vergangenen gut zweieinhalb Jahren war das Schiff in einer bislang einzigartigen Aktion auf den Abtransport vorbereitet worden. Insgesamt soll die Bergung des Kreuzfahrtriesen etwa 1,5 Milliarden Euro kosten.

Giglio ohne „Costa Concordia“-Wrack

Zweieinhalb Jahre lang hatten sie das Wrack der „Costa Concordia“ täglich vor Augen, die Tragödie hat das Leben der Bewohner von Giglio durcheinandergewirbelt. Nun hat das vor der Toskana-Insel gesunkene Kreuzfahrtschiff seine endgültige Reise nach Genua angetreten, wo es verschrottet wird. Die Bewohner Giglios bereiten sich langsam auf die Zeit danach vor.

Mit der Unglücksnacht vom 13. Januar 2012, als das Kreuzfahrtschiff von der doppelten Größe der „Titanic“ vor Giglio auf einen Felsen aufgelaufen und gekentert war und 32 Menschen starben, endete der gemächliche Alltag in dem kleinen Urlauberparadies. 30 Monate lang waren hunderte Taucher, Techniker, Ingenieure und Arbeiter damit beschäftigt, zuerst die Toten und dann das Wrack zu bergen und für seinen letzten Weg nach Genua wieder flottzumachen.

„Von einem Tag auf den nächsten war alles anders“, erinnert sich Bürgermeister Sergio Ortelli. „An Stelle der Touristen in Badelatschen und -klamotten saßen Männer mit Sicherheitshelmen und Rettungswesten auf den Terrassen der Cafés.“ Die Restaurants und Kneipen zieren inzwischen zahllose Fotos von schottischen, niederländischen oder US-Ingenieuren, wie sie lächelnd die Besitzer umarmen.

„Seit dem Unglück weiß man wenigstens, wo Giglio liegt“, sagt Gertraud Lang Schildberger, deren Familie eine Agentur für Ferienwohnungen betreibt. Seit 1968 lebt die 71-jährige Österreicherin mit ihrem italienischen Mann auf Giglio, mit dem neuen Leben hat sie sich schon längst abgefunden. „All diese jungen Männer, die alle möglichen Sprachen sprechen, haben auch die Einwohner internationaler werden lassen. Selbst unser Essen und unsere Getränke haben sich geändert“, sagt sie. Und die Bars, Hotels und Restaurants hätten nun das ganze Jahr über geöffnet.

Doch nicht alle profitieren von den ungewöhnlichen Übernachtungsgästen. So ging die Zahl der normalen Touristen um ein Viertel zurück, im vergangenen Sommer waren es nur noch 115.000. Viele der idyllischen Wanderwege bleiben ungenutzt und verwildern langsam wieder. Einwohner bedauern zudem den Verlust von einem der, wie sie sagen, schönsten Unterwasserspektakel der toskanischen Küste – einer Grotte. Es werde Jahre dauern, bis die an der Unglücksstelle liegende Grotte wieder zugänglich sei, sagt der Barmann Cristiano.

Costa Crociere, der Besitzer der „Costa Concordia“, hat versprochen, den mitten in einem Meeresschutzgebiet gelegenen Unglücksort in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Mit der Überwachung der Aufräum- und Säuberungsarbeiten ist der Umweltbiologe Giandomenico Ardizzone beauftragt. Bis alle Reste des Unglücks beseitigt sind, werden rund zwei Jahre vergehen. Danach wird nur noch eine Ausstellung zu den technischen Herausforderungen der „Costa Concordia“-Bergung sowie eine Statue an die Tragödie erinnern.

Gertraud Lang Schildberger vermisst schon jetzt die vielen Dauergäste der Insel. „Wir werden Tränen vergießen, wenn sie gehen“, sagt sie. Doch nicht alle werden Giglio für immer verlassen. Der Meistertaucher Yurgi Bean, der schon auf Öl- und Gasplattformen in Ägypten, Mexiko und dem Irak gearbeitet hat, kann sich nicht damit abfinden, dass das Insel-Leben für ihn zu Ende sein soll. Er will bleiben und ist dafür schon bei den Behörden vorstellig geworden.