Knapp fünf Millionen Kinder sind von den Folgen des zerstörerischen Taifuns auf den Philippinen betroffen. Nach den traumatischen Erlebnissen finden sie zwischen den Trümmern wieder einen Platz zum Spielen.

Tacloban. Leichengeruch hängt über dem Park und der nahe gelegenen Schule, die so etwas wie das neue Zuhause für die zehnjährige Jennifer Gabot und ihre beiden jüngeren Brüder geworden ist. Hunderte Menschen haben nach dem verheerenden Taifun Haiyan hier vorübergehend Quartier bezogen.

Darunter auch Jennifer, deren Familie der Naturkatastrophe nur deshalb entkam, weil sie sich in den dritten Stock einer nahen Kirche rettete, wo sie die meterhohen Wellen der Sturmflut nicht erreichen konnten.

Fast zwei Wochen sind vergangen, seitdem die Philippinen von dem gewaltigsten Taifun heimgesucht wurden, der je an Land kam. Rund 4000 Menschen starben. Und auch wenn man die Leichen nicht sieht, so ist der Tod doch allgegenwärtig. „Es gab hier viele Tote“, sagt Jennifer, während sie sich beim Sprechen die Nase zuhält.

Einige Tage hatten sie sich von dem Park ferngehalten, zu unerträglich sei der Gestank, der bei ihr und ihren Brüdern Übelkeit verursache, berichtet das Mädchen. „Meine Mutter hat uns gesagt, dass wir nicht hierher gehen sollen, weil noch immer die Seelen der Toten hier sind. Mittlerweile ist der Gestank nicht mehr so schlimm, so dass wir uns wieder her wagen. Schließlich ist es der einzige offene und trockene Platz, an dem wir spielen können.“

Und tatsächlich tauchen schon bald weitere Kinder auf, teilweise barfuß und mit verschmutzter Kleidung, die sich neugierig einem neu errichteten Zelt nähern, umgeben von Fahrzeugen und der Ausrüstung von Hilfskräften und Militär.

Aufgebaut hat das Zelt das Kinderhilfswerk Unicef. Es ist das erste von insgesamt sieben geplanten Zelten in Tacloban, sagt Unicef-Mitarbeiterin Pernille Ironside. Das Ziel sei es, Kindern und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren einen speziellen Ort zu bieten, an dem sie spielen und sich nach der traumatischen Erfahrung mit dem Taifun gemäß ihres Alters entfalten könnten, sagt Ironside.

„In einer so schwierigen Situation ist es entscheidend, ihnen strukturiert Aktivitäten anzubieten, die sie von der Tragödie ablenken und sie einfach Kind sein lassen“, sagt die Expertin. Bei den Zelten sollten die Kinder einen sicheren Ort vorfinden, an dem sie spielen und sich aufhalten könnten, während ihre Eltern mit dem Wiederaufbau der Häuser beschäftigt seien, sagt Ironside.

Schon bald soll ein zweites, größeres Zelt in dem Park entstehen. Dort sollen ältere Gruppen ein auf sie zugeschnittenes Programm geboten bekommen. In jedem dieser kleinen Zentren würden zwei Sozialarbeiter beschäftigt, die das jeweilige Programm leiteten und die Kinder bei Bedarf auch berieten, sagt Ironside.

Dem siebenjährigen Marlon gefällt es schon jetzt, gemeinsam mit den anderen zu singen und zu spielen: „Ich mag das“. Marlons Großvater, ein Onkel und eine Tante wurden von den Fluten fortgerissen und gelten seitdem als vermisst. Nun kommt der Junge mit einem älteren Bruder und zwei jüngeren Schwestern in das Zelt, um hier so etwas wie Ablenkung zu finden.

Derweil hofft Jennifer bald neue Stifte und Hefte zu bekommen, nachdem ihre Schultasche in den Wassermassen verloren gegangen ist. „Mir fehlen die Schule, meine Lehrer und meine Klassenkameraden, aber ich glaube nicht, dass wir schon bald wieder Unterricht haben“, sagt die Zehnjährige. Schließlich ist das Schulgebäude ihr vorübergehendes Zuhause.

Schätzungsweise 4,9 Millionen Kinder seien durch Haiyan in mehr oder weniger schwerer Form betroffen, sagt Lynette Lim, Sprecherin der Nichtregierungsorganisaton „Save the Children“, die mit Unicef zusammenarbeitet.

„Am Donnerstag hat unser Team die Stadt Dulag besucht, nur wenige Kilometer von Tacloban entfernt“, berichtet Lim. „Dort sahen wir rund 100 Kinder am Straßenrand stehen, die um Essen bettelten.“ Nun sollten Helfer dorthin entsandt werden, um dort ebenfalls ein Zentrum für Kinder zu errichten, sagt die Sprecherin.

Doch für Dan Toole steht fest, dass all das nur der Anfang sein kann: „Die Arbeit hat gerade erst begonnen.“