Der Hamburger Fabian Böckler koordiniert die Nothilfe für die Krisenregion auf der Insel Leyte

Hamburg/Baybay. Noch immer herrscht in den Krisenregionen der Philippinen Chaos und Elend. So beschreibt es Fabian Böckler. „Überall liegen Leichen an den Straßen, Verwesungsgeruch hängt in der Luft“, sagt der 29 Jahre alte Hamburger, den das Abendblatt telefonisch in der Krisenregion erreicht hat. Böckler koordiniert für die Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland die Nothilfe für die Provinz Leyte.

Böckler war schon in Burkina Faso, Kolumbien und im Niger für Plan International im Einsatz. So ein Leid wie auf den Philippinen habe er noch nicht erlebt. „Es ist die totale Zerstörung“, sagt Böckler. Fast alle Bäume seien umgeknickt, 90 Prozent der Häuser zerstört oder unbewohnbar, die Menschen geschockt und entkräftet. Es sind Szenen, die Böckler an die Bilder nach dem Tsunami von 2004 erinnern.

Besonders schlimm wirke sich die Katastrophe auf die Kinder aus: Sie seien traumatisiert, litten Hunger, einige sprechen gar nicht mehr. „Viele haben einen Elternteil, beide Eltern oder Geschwister verloren“, sagt Böckler. Den Kindern zu helfen, die traumatischen Erlebnisse zu bewältigen, sei eines der vordringlichsten Ziele von Plan International. Speziell geschulte Plan-Mitarbeiter sollen deshalb in „Kinderschutzbereichen“ mit den Kleinsten arbeiten, mit ihnen sprechen und spielen.

Böckler arbeitet als fest angestellter Katastrophenhelfer bei Plan International in Hamburg. Vorher hat der 29-Jährige, der in Hamm-Nord wohnt, humanitäre Hilfe in Spanien studiert. Auch wenn er die Tätigkeit im Krisengebiet als belastend empfinde – er müsse professionell bleiben. „Das ist mein Job, und das wird von mir erwartet.“

In den von Böckler und 15 weiteren Plan-Mitarbeitern betreuten zwölf Gemeinden an der Ostküste leben 230.000 Menschen. Hilfe ist dort bisher kaum angekommen, weil die Region schwer zugänglich ist und die verwüsteten Gemeinden fernab von Häfen und größeren Städten liegen. Kaum einer, der hier nicht den Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen hat, der keine Not leidet. Im Prinzip, so Böckler, mangele es an allem: Medizin, Unterkünften, Nahrung, Trinkwasser. Die Einwohner leben in Evakuierungszentren oder haben sich aus Schutt eine Bleibe gezimmert. „Überall sieht man Kinder und Erwachsene, die um etwas zu essen betteln und den Hilfskonvois hinterherrennen.“ In ihrer Verzweiflung würden viele verseuchtes Trinkwasser konsumieren. Durchfallerkrankungen seien deshalb weit verbreitet. Es sei davon auszugehen, dass wegen der schlechten medizinischen Versorgung viele Babys bei der Geburt sterben werden.

Unter den 16 Plan-Mitarbeitern, die überwiegend aus Indonesien und den Philippinen stammen, ist Böckler der einzige Deutsche. Am Dienstag nach dem Taifun traf er in Manila ein. Von dort aus koordiniert Plan International die Hilfe für vier Provinzen. Seit zwei Tagen befindet sich Böckler in der 100.000-Einwohner-Stadt Baybay an der Westküste von Leyte, wohnt dort auf dem Uni Campus. Ein Notbüro gibt es bereits, ein provisorisches Lagerhaus auch – aber keinen Strom. Böcklers Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Nahrungsmittel, Materialien zum Bau von Notunterkünften und Latrinen dort verteilt werden, wo sie benötigt werden: In Orten wie Palo, Tanauan, Tolosa oder Dulag. Der Taifun hat die Dörfer praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Heute und morgen werden erste Hilfslieferungen aus Manila erwartet.

Wie lange der Einsatz dauern wird? „Das hängt davon ab, wie sich die Situation entwickelt“, sagt Böckler. „Zwei Wochen dauert es noch. Mindestens.“