Herbert Nitsch wollte mit einem einzigen Atemzug so tief tauchen wie nie ein Mensch zuvor. Die Rekordjagd hätte ihn beinahe das Leben gekostet. Am 6. Juni wird „Zurück aus der Tiefe“ erstmals gezeigt.

Köln. Die Minuten, die ihn fast das Leben gekostet hätten, hat sich Herbert Nitsch zusammengesucht. Er hat sie zusammengesetzt aus den eigenen kleinen Erinnerungsstücken, aus den Videoaufnahmen, den Aussagen der Ärzte und derer, die dabei waren. Genau ein Jahr später hat er deshalb ein ziemlich genaues Bild von dem, was bei seinem Versuch, mit einem einzigen Atemzug so tief zu tauchen wie nie ein Mensch zuvor, so furchtbar schief lief und sein Leben für immer veränderte. „Ich hätte es besser nicht gemacht“, sagt Herbert Nitsch heute.

Medizinisch gesehen hat der Österreicher mehrere Schlaganfälle erlitten, als er am 6. Juni 2012 seinen fünf Jahre alten eigenen Weltrekord im Freitauchen in der Kategorie „Ohne Limit“ vor der griechischen Insel Santorin von 214 auf 244 m steigern wollte. Der selbst konstruierte Schlitten brachte ihn auf 249,5 m, in den Rekordbüchern taucht sein Versuch aber nicht auf, denn aufgrund des Tiefenrausches wurde er ohnmächtig, die Helfer mussten ihn ohne Druckausgleich in der Lunge und viel zu schnell nach gut viereinhalb Minuten wieder an die Oberfläche ziehen.

„Ich hatte den Blackout vom Tiefenrausch, nicht wegen des Sauerstoffmangels. So etwas ist noch nie passiert“, sagt Nitsch. „Wie soll man sich darauf vorbereiten?“ Erst im Krankenhaus wird er in einer so genannten Dekompressionskammer stabilisiert, vor Ort hatten sie aus Kostengründen keine. Er lag im Koma, verbrachte Monate in Rehabilitationskliniken, saß im Rollstuhl, dachte an Selbstmord. Seine rechte Körperhälfte ist noch immer beeinträchtigt, auch das Sprechen fällt ihm teilweise noch schwer. „Aber die Ärzte haben nicht geglaubt, dass es mir wieder so gut gehen wird“, sagt Nitsch, der 32 Weltrekorde in allen acht Disziplinen des Freitauchens aufgestellt hat.

100.000 Euro aus eigener Tasche investiert

Er ist ein aufgeschlossener und äußerst freundlicher Gesprächspartner, reist längst wieder um die Welt, war auch wieder schnorcheln, neulich in Tunesien und der Südsee. „Das gehört zu meinem Rehaprogramm“, sagt er. Er engagiert sich für den Umweltschutz, hat verschiedenste Projekte im Kopf und will zwei Bücher schreiben. Eines über das Freitauchen, eines über sein Leben und natürlich den Unfall. 100.000 Euro hatte er aus eigener Tasche in das Rekordprojekt investiert, es gab im Vorfeld Streit mit Sponsoren und dem Weltverband, das Wetter war eigentlich zu schlecht, lange erhielt er keinen Ankerplatz für seine Startplattform, er musste sich um allen Papierkram selbst kümmern.

Training war nur eingeschränkt möglich und er schlief in den Wochen vor dem Rekordversuch nur vier Stunden in der Nacht. „Die Umstände waren nicht sehr gut, aber ich dachte das reicht aus. Alles war gemünzt auf diesen Termin“, sagt Nitsch, als ausgebildeter Pilot ein Sicherheitsfanatiker. Eine Verschiebung kam für ihn nicht in Frage: „Dann wären 90 Prozent der berichtenden Medien und der Sponsoren abgesprungen. Alle haben erwartet, dass ich das mache.

Dokumentation über einen furchtbaren Fehler

Durch die Vermarktung seines Coups, der nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu 1000 Fuß (304,8 m) unter der Meeresoberfläche sein sollte, wollte er die eigenen Investitionen wieder reinholen. Ein Film sollte seine Rekordjagd aufzeichnen. Nun haben sie daraus eine Dokumentation über einen furchtbaren Fehler gemacht. Am Donnerstag, 6. Juni, wird „Zurück aus der Tiefe“ auf „Servus TV“ (21.15 Uhr) erstmals gezeigt.