Immer mehr Einzelheiten über den Mord im Haus von Oscar Pistorius kommen ans Licht. Inzwischen sagte der Sprintstar für alle Rennen ab.

Pretoria/Köln. Oscar Pistorius gerät zunehmend unter Druck. Ein blutverschmierter Cricketschläger könnte den unter Mordanklage stehenden Paralympics-Star schwer belasten. Wie die südafrikanische Zeitung City Press am Sonntag unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, sei der Schädel seiner ermordeten Freundin Reeva Steenkamp gebrochen gewesen. Auf dem beschlagnahmten Schläger habe sich „eine Menge Blut“ befunden, hieß es weiter.

Laut City Press habe Reeva Steenkamp zum Zeitpunkt der Tat ein Nachthemd getragen. Sollte sich diese Information bewahrheiten, widerspräche das eindeutig der These, dass Pistorius seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und versehentlich erschossen habe. Die Polizei hatte diese Theorie, die am Donnerstag von der Zeitung Beeld verbreitet worden war, bereits verworfen und erklärt, sie sei nicht von ihr gekommen. Das ehemalige Model Reeva Steenkamp war am frühen Donnerstagmorgen in Pistorius’ Haus in einem Nobelvorort von Pretoria getötet worden. Die 29-Jährige wurde von vier Schüssen getroffen. Pistorius sitzt nach seiner Mordanklage von Freitag in der Hauptstadt Pretoria in Haft. Am Dienstag soll entschieden werden, ob er gegen Kaution freigelassen wird. Er gilt als selbstmordgefährdet und steht dauerhaft unter Beobachtung.

Tröpfchenweise kommen im Land am Kap neue Informationen zum Tathergang ans Licht. Eine namentlich nicht genannte Polizeiquelle teilte demnach der Zeitung City Press mit: „Der Verdacht ist, dass der erste Schuss, im Schlafzimmer, sie in die Hüfte traf. Dann rannte sie und versteckte sich im Bad. Dann feuerte er drei weitere Schüsse ab.“ Der sechsmalige Paralympics-Gewinner Pistorius, der im vergangenen Sommer in London als erster beidseitig amputierter Athlet auch an Olympischen Spielen teilgenommen hatte, wird des vorsätzlichen Mordes angeklagt. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Der 26-Jährige weist den Mordvorwurf vehement zurück.

Pistorius, dem in frühester Kindheit beide Beine amputiert worden waren, und Steenkamp hatten sich erstmals im November öffentlich als Paar gezeigt. Für die kommende Woche ist laut lokalen Medien eine Trauerfeier im engsten Familienkreis in Reeva Steenkamps Heimatstadt Port Elizabeth geplant. Die Zeitung Beeld nannte als möglichen Grund für die Auseinandersetzung ein Eifersuchtsdrama. Stein des Anstoßes war demnach ein 24 Jahre alter Sänger, der wie Reeva Steenkamp an der Reality TV-Show „Tropika Island of Treasure“ teilgenommen hat. Dies sei Pistorius ein Dorn im Auge gewesen. Eine Freundin und Kollegin von Reeva Steenkamp wird bei Beeld zitiert. „Pistorius war eifersüchtig und arrogant auf eine Art und Weise, die keine Logik hatte.

Er wollte nicht, dass Reeva mit Mario in derselben Show mitmacht“, sagte Dominique Piek. Der südafrikanische TV-Sender SABC zeigte die auf Jamaika aufgezeichnete Show wie geplant am Samstagabend. Vor dem Hintergrund der blutigen Tat wirkten die im vergangenen Jahr aufgezeichneten Bilder umso bewegender. Jung, schön und lebenslustig präsentierte sich Steenkamp dem Publikum, küsste zwei Delfine und philosophierte nicht nur über das Leben. Auch der Tod wurde zum Thema. Dazu sagte sie: „Die Art und Weise, wie man sich verabschiedet, ist so wichtig. Es ist wichtig, ob du einen guten oder schlechten Eindruck hinterlässt. Bleibe redlich, bleibe dir selber treu und zeige immer Klasse.“ Zwei Tage vor der Austrahlung hatte sie die Wirklichkeit auf entsetzliche Weise überholt. Der Sender präsentierte die Show als „Gedenken an Reeva Steenkamp“. Erwartet wurden 2,5 bis 3,0 Millionen TV-Zuschauer. Ihr letzter Wunsch vor der schrecklichen Tat sei es gewesen, dass sich ihre Familie die Show anschaut. „Sie war so stolz, in der Show dabei zu sein“, sagte ihre Cousine Sharon Steenkamp. Sie habe die Familie sogar noch einmal an den Sendetermin erinnert.

Pistorius hat inzwischen alle geplanten Rennen abgesagt. Dies teilte sein Agent am Sonntagabend mit. Es gehe nun in erster Linie darum, den beidseitig amputierten Athleten gegen die ernsten Beschuldigungen zu verteidigen. Die Sponsoren unterstützten den 26-Jährigen. Es bleibe bei den vertraglichen Verpflichtungen.