Der Mann soll bei Facebook gedroht haben, mehrere Grundschulen anzugreifen. Die Polizei fand im Haus des 24-Jährigen zahlreiche Waffen.

Los Angeles Die kalifornische Polizei hat einen Mann festgenommen, der mit Schießereien an Schulen gedroht hatte. Wie die „Los Angeles Times“ am Montag berichtete, fand die Polizei im Elternhaus des 24-Jährigen zahlreiche Waffen und Munition. Der Mann habe am Wochenende im Sozialen Netzwerk Facebook damit gedroht, mehrere Grundschulen anzugreifen, hieß es. Nach Angaben der Polizei nannte er keine konkreten Ziele, erwähnte aber das Schulmassaker in Newtown (Connecticut).

Der 20-jährige Todesschütze Adam Lanza hatte am vergangenen Freitag in der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown 20 Kinder und sechs Erwachsene erschossen. Dann tötete er sich selbst. Auch seine Mutter wurde erschossen in ihrem Wohnhaus gefunden. Das Motiv des Amokläufers war auch am Montag weiter unklar.

Waffenlobby und Verfassung – Nimmt Obama den Kampf auf?

Unterdessen gehen die Meinungen in den USA über schärfere Waffenkontrollen auseinander. Der republikanische Abgeordnete Louis Gohmert hat eine ganz besondere Sichtweise auf das Schulmassaker mit 27 Toten in Newtown. „Ich wünschte mir bei Gott, die Rektorin hätte ein Sturmgewehr im Büro gehabt.“ Dann hätte sie nicht sterben müssen. Stattdessen hätte sie den Amokläufer „eliminieren können, sie hätte ihm den Kopf wegblasen können, bevor er die unschuldigen Kinder umbringt“, meint Gohmert.

Die Worte des Republikaners mögen Europäern als bizarr und absurd erscheinen – doch sie sind Programm der National Rifle Association NRA, der mächtigen Waffenlobby in den USA. „More Guns, less Crime“, heißt nicht zufällig ein Buch des Autors John Lot, der die Argumente der Vereinigung teilt. „Mehr Kanonen, weniger Verbrechen“ – schon der Titel sagt alles.

Die 1871 gegründete NRA gilt unter Insidern in Washington als eine der mächtigsten Lobby-Organisationen des Landes. Allein im vergangenen Präsidentenwahlkampf hat sie nach Berechnungen der unabhängigen Forschungsgruppe Center for Responsive Politics alles in allem 17 Millionen Dollar (13 Millionen Euro) an Spenden und Zuwendungen investiert – für den Republikaner Mitt Romney. Romney machte denn auch im Wahlkampf brav seine Aufwartung bei der NRA und erschien zur Jahresversammlung.

Doch entscheidend für die Macht der NRA sind nicht das Geld, das fließt. Einen der mächtigsten Verbündeten haben die Waffenfreaks ausgerechnet in der Verfassung. Der „Second Amendment“, der zweite Verfassungszusatz, betont ausdrücklich das Recht der Amerikaner auf das Tragen von Waffen. Tatsächlich nennt sich die NRA auch „the nation's oldest civil rights organization“ – die „älteste Bürgerrechtsorganisation“ – der USA.

Mehr noch: 2010 hatte der Oberste Gerichtshof den Verfassungsartikel nochmals ausdrücklich bestätigt. Zu Deutsch: Am grundsätzlichen Recht, Waffen zu erwerben, besitzen und zu tragen, ist politisch so gut wie nicht zu rütteln.

Kein Wunder, dass auch Präsident Barack Obama bisher die Finger davon gelassen hat. Laut Medienberichten hatte das Justizministerium in den vergangenen Jahren bereits mögliche Gesetzesmaßnahmen gegen den Waffenwahnsinn ausgearbeitet – doch angesichts des nahenden Wahlkampfs verschwanden diese dann in der Schublade.

Traut sich Obama diesmal in den Kampf? Zwar hat er persönlich nichts zu verlieren, denn er kann nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten – doch 2014 stehen Kongresswahlen an.

Dass die NRA alles andere als zimperlich ist, hat sie bereits unmittelbar nach dem schweren Kinomassaker mit zwölf Toten und 58 Verletzten im vergangen Sommer bewiesen. „Die Zukunft der Rechte des zweiten Verfassungszusatzes stehen auf dem Spiel“, rief sie in einem Brief ihre Unterstützer zum Kampf auf, wie die Agentur Bloomberg berichtete. „Und nichts weniger als die Zukunft unseres Landes und unserer Freiheit steht auf dem Spiel.“

Tatsächlich sind die Amerikaner in Sachen Waffenbesitz gespalten. Laut Umfragen finden deutlich über 60 Prozent der Amerikaner das Eintreten der NRA für Waffenbesitz gut – doch etwa ebenso viele hätten auch nichts gegen bestimmte Einschränkungen der Waffengesetze. Das macht die Kalkulation der Politiker extrem schwierig – das Thema Waffen gilt in Washington daher als extrem risikoreich.

Mit konkreten Versprechen hält sich Obama denn auch geflissentlich zurück. „In den kommenden Wochen werde ich meine Macht im Amt (...) zu Bemühungen nutzen, die darauf abzielen, weitere Tragödien wie diese zu verhindern.“ Das klingt zwar gut, ist aber unverbindlich.

Vorschläge, die derzeit in Umlauf sind, gehen in zwei Richtungen: Zum einen könnte der Verkauf halbautomatischer Sturmgewehre, wie der Amokläufer von Newtown eines benutze, verboten oder stark erschwert werden. Zum anderen könnte es verbindliche und striktere Checks bei Waffenkäufen geben, etwa auf kriminellen Hintergrund der Käufer. Doch schon jetzt sind in den USA rund 250 Millionen Waffen in Privatbesitz in Umlauf – mehr als in jedem anderen Land der Welt.