Schauspiel-Einlage beim Parteitag: Der 82-Jährige machte sich über Obama lustig. Im Saal gab es Applaus. Über Twitter hagelte es Hohn und Spott.

Tampa/Los Angeles. An diesem Auftritt könnte Hollywood-Ikone Clint Eastwood noch länger zu knabbern haben: Seine Unterstützung für US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney inszenierte „Dirty Harry“ als Zwiegespräch mit einem leeren Stuhl. „Das musste er sich nicht antun“, twitterte Filmkritiker Robert Ebert umgehend. Außerhalb des Parteitags der Republikaner erntete die bizarre Zwölf-Minuten-Show von Oscar-Preisträger Eastwood Hohn und Spott. In der Halle bejubelten die Delegierten den 82-Jährigen frenetisch für seine Abrechnung mit Barack Obama.

„Mr. President, wie gehen Sie mit den Versprechen um, die Sie gemacht haben, als Sie kandidierten?“, fragte Eastwood in Richtung des leeren Stuhles. Dort sollten sich die Zuschauer im Saal und an den Fernsehern einen Obama vorstellen, dessen erste Amtszeit Eastwood in Schulleitermanier vom erhöhten Rednerpult scharf kritisierte.

„Clint hat jetzt die Wortzahl seiner letzten drei Filme in den Schatten gestellt“, witzelte Filmkritiker Richard Roeper auf Twitter. Die Nutzer des Kurznachrichtendiensts sparten nicht mit Scherzen auf Eastwoods Kosten, dem neu angelegten Profil „InvisibleObama“ („unsichtbarer Obama“) folgten innerhalb von wenigen Stunden mehr als 30.000 Menschen.

„Wenn jemand seinen Job nicht macht, dann müssen wir ihn gehen lassen“, sagte Eastwood in Richtung leerer Stuhl. „Dieser Stuhl ist besetzt“, twitterte Obama cool zurück mit einem Foto, das ihn auf dem Präsidentenstuhl zeigt.

Ohne Teleprompter und doppelten Boden

Eastwood wagte sich auf dem durchchoreografierten Parteitag als einer von ganz wenigen ohne Teleprompter auf die Bühne. Mehrfach schien er den Faden zu verlieren, seine Stimme war einige Male schwer zu verstehen. „Vor 20 Jahren wünschte ich, Clint Eastwood würde mir den Tag versüßen. Jetzt möchte ich einfach, dass er seine Pillen nimmt“, twitterte Schauspielerin Nancy Lee Grahn („General Hospital“).

Nach dem Auftritt sah sich das Romney-Lager genötigt, Eastwood zu verteidigen. „Er ist ein amerikanisches Symbol“, sagte Romeys Sprecherin Gail Gitcho. „Man kann ihn nicht durch dieselbe politische Linse betrachten wie andere Politiker.“ Immerhin war Eastwood Ende der 1980er Jahre Bürgermeister in seinem Heimatort Carmel und unterstützte schon vorher die konservativen Präsidentenbewerber Dwight Eisenhower und Richard Nixon.

Weil Eastwood in Fragen wie Homosexuellen-Ehe und Umweltschutz eher linke Positionen vertritt, hatte sich Romney erhofft, mit ihm unentschiedene Wähler zu gewinnen. Die Reaktionen auf Twitter lassen aber eher anhaltendes Gelächter vermuten. „Um die Balance des Universums wiederherzustellen, muss Obama bei seinem Parteitag Tommy Chong auf der Bühne haben, der mit einem Steak spricht“, scherzte etwa US-Komiker Patton Oswalt. Und Seth Myers von „Saturday Night Live“ schlug vor, „(Vizepräsident Joe) Biden muss ohne Hemd zum Parteitag gehen, um das zu toppen“.

Urgestein Eastwood hat aber schon am 21. September die Chance, auf angestammtem Territorium all die Häme vergessen zu machen. Dann stellt er seinen nächsten Film, das Baseball-Drama „Trouble with the Curve“ vor – sicher kein Projekt in Art von Experimental-Theater.