Als ein Hintergrund des Geiseldramas, bei dem ein 53-Jähriger vier Menschen und anschließend sich selbst tötete, komme laut Polizei Spielsucht infrage.

Karlsruhe. Die Ermittler haben möglicherweise das Motiv für das Geiseldrama in Karlsruhe geklärt. Als ein Hintergrund des Geschehens am 4. Juli, bei dem ein 53-Jähriger vier Menschen und anschließend sich selbst tötete, komme die Spielsucht des Täters infrage, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mit. Weiter unklar ist, auf welchem Weg der Sportschütze illegal an die Waffen gekommen ist. Da seine Täterschaft zweifelsfrei geklärt ist, wurden die Ermittlungen eingestellt.

Als Indiz für die Spielsucht des aus Frankreich stammenden Mannes werten die Ermittler, dass er offenbar über Jahre hinweg an Spielautomaten größere Summen verspielt hat, ohne dass allerdings eine „gravierende finanzielle Notlage“ erkennbar gewesen wäre. Die Wohnung der Partnerin des Mannes war wegen Schulden bei den Nebenkosten zwangsversteigert worden. Medienberichten zufolge waren noch rund 60.000 Euro aus der Versteigerung übrig, die aber nicht abgerufen wurden.

+++ Gedenkfeier für Opfer des Karlsruher Geiseldramas +++

Als am 4. Juli die Zwangsräumung anstand, ließ der Mann den Gerichtsvollzieher, den neuen Besitzer, einen Beschäftigten eines Schlüsseldienstes sowie einen Sozialarbeiter der Stadt in die Wohnung im Kanalweg in der Karlsruher Nordstadt. Unvermittelt holte er eine Waffe aus der Küche und zwang die Männer, sich gegenseitig zu fesseln. Als der 33-jährige Schlosser sich wehrte, wurde er mit mehreren Schüssen niedergestreckt.

Geiselnehmer hatte 0,85 Promille Alkohol im Blut

Nachdem der Täter den Sozialarbeiter hatte laufen lassen, richtete er den Gerichtsvollzieher und den neuen Wohnungseigentümer mit Kopfschüssen regelrecht hin. Anschließend steckte er den Teppichboden der Wohnung in Brand und tötete sich mit einem Kopfschuss. Als ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung stürmte, entdeckten die Beamten auch den Leichnam der 55 Jahre alten Partnerin des Mannes. Sie lag erschossen im Bett.

Bei der Obduktion des 53-Jährigen wurden in seinem Blut 0,85 Promille Alkohol festgestellt. Bei diesem eher geringen Wert erscheint Alkohol als Auslöser der Tat äußerst unwahrscheinlich, wie es hieß. Zu einer möglichen Erkrankung der Partnerin lagen den Behörden keine Erkenntnisse vor. Hier war ebenfalls ein Motiv für die Tat vermutet worden.

In der Wohnung sowie im Keller entdeckten die Ermittler sieben scharfe Waffen. Sechs davon hatte sich der Täter illegal besorgt, eine Schrotflinte hatte der französische Sportschütze in seiner Heimat erworben und illegal nach Deutschland eingeführt.

+++ Geiselnehmer war in seiner Heimat als Sportschütze aktiv +++

Täter zeigte Verhaltensauffälligkeiten

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) kündigte am Donnerstag im Landtag an, sich für eine Harmonisierung des europäischen Waffenrechts einzusetzen. Er forderte vom Bundesgesetzgeber zudem eine Verschärfung des Waffenrechts wie etwa ein Verbot großkalibriger Waffen in Privatbesitz. Auch sprach der SPD-Politiker sich für eine Waffenamnestie wie nach dem Amoklauf in Winnenden 2009 aus, bei der Bürger ihre illegalen Waffen straffrei abgeben konnten.

Gall führte am Donnerstag in der Aktuellen Stunde im Landtag an, der Täter habe Verhaltensauffälligkeiten gegenüber Dritten gezeigt. Diese seien den Behörden aber nicht gemeldet worden. In einem aktuellen Fall habe eine Arztpraxis einen Sportschützen gemeldet, der schwer alkoholkrank ist und im Besitz von Waffen war, sagte der Innenminister. Bei dem Mann habe sowohl eine Eigen- als auch eine Fremdgefährdung vorgelegen.