Mit vier Schüssen zerstörte der Adoptivvater die Karriere der Boxerin Rola El-Halabi. Seine Entschuldigung vor Gericht nahm die junge Frau nicht an.

Berlin/Ulm. Für die Schüsse auf seine Tochter ist der Vater der zweifachen Boxweltmeisterin Rola El-Halabi zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach den Sportmanager am Montag der gefährlichen Körperverletzung schuldig. „Der Angeklagte wollte seine Tochter zum Krüppel schießen“, sagte Richter Thomas Groß in der Urteilsverkündung. Dem früheren Manager der Boxerin habe es nicht gepasst, dass die Tochter anfing, ihr eigenes Leben zu leben, argumentierte Groß. „Er war der Chef und Macher“. Diese Rolle sei gefährdet gewesen. In seiner Eitelkeit und Ichbezogenheit habe der 44-Jährige nicht damit umgehen können, dass die Tochter eine eigene Identität entwickelt und einen Mann kennengelernt hatte.

Der gelernte Goldschmied war am 1. April 2011 in die Kabine seiner Tochter an der Trabrennbahn Berlin-Karlshorst gestürmt. Er hatte sich den Weg freigeschossen und zwei Wachleute verletzt, bevor er auf seine Tochter feuerte. „Es waren ganz gezielte Schüsse“, urteilte das Gericht. Der erste Schuss hatte die Schlaghand El-Halabis getroffen.

„Mit den Schüssen haben Sie die Karriere einer erfolgreichen Boxerin vielleicht ein für alle Mal beendet“, wandte sich das Gericht direkt an den Angeklagten. Die Version des Sportmanagers, er habe sich von der Tochter durch ihre Haltung bedroht gefühlt, bezeichnete Groß als „absurd und völlig unglaubhaft“.

Rola El-Halabi saß dem Vater im Gerichtssaal direkt gegenüber. Den Kopf gesenkt, würdigte sie den früheren Vertrauten keines Blickes. Die Ulmerin kämpfte mit den Tränen. „Sie möchte unbedingt zurück in den Ring und tut alles dafür“, betonte ihr Anwalt Manfred Gnjidic am Rande des Prozesses. Eine sichere Prognose sei nicht möglich. Die Chancen stünden nach Einschätzung der Ärzte aber nicht schlecht.

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Die Tat hat aus Sicht der Strafkammer kein Schwerkrimineller begangen. „Es war kein eiskalt geplanter Anschlag“, sondern eine spontane Tat vor dem Hintergrund eines massiven Beziehungskonflikts. Das Gericht glaubte dem gelernten Goldschmied zwar Reue. Es sei aber auch ein gewisses Selbstmitleid festzustellen, sagte Groß.

Die Entschuldigung des Vaters hat die Ulmerin nicht akzeptiert. Die Nebenklage ist aber mit dem Urteil zufrieden. „Das ist die Buße für eine feige Tat“, betonte Anwalt Gnjidic. Der Angeklagte wirke selbstherrlich, kritisierte der Nebenkläger. Er habe Bekannten im Zuschauerraum gewinkt, aber nicht versucht, mit seiner Tochter zu sprechen. Rola El-Halabi selbst kommentierte das Urteil nicht. Die Sportlerin mit den langen dunklen Haaren schritt wortlos durch das Blitzlichtgewitter der Kameras.

Das Urteil entsprach im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dass Revision eingelegt wird, gilt als unwahrscheinlich. „Das Urteil ist richtig“, betonte Verteidiger Frank Theume. „Der Angeklagte weiß, er hat sehr viel falsch gemacht und muss dafür büßen.“