Leichtgewichtlerin Rola El-Halabi wurde in Berlin vor ihrem IBF-WM-Kampf gegen Irma Adler angeschossen - von ihrem eigenen Stiefvater.

Hamburg/Berlin. Die Schüsse auf die ehemalige Boxweltmeisterin Rola El-Halabi am Freitagabend in Berlin sollen im Vorfeld vom mutmaßlichen Täter angekündigt worden sein. Dafür gebe es Hinweise von Zeugen, sagte Martin Steltner von der Berliner Staatsanwaltschaft.

Der Beschuldigte Roy El-Halabi, der Stiefvater und Ex-Manager der jungen Boxerin, äußert sich weiterhin nicht zu dem Vorfall vor dem geplanten WM-Kampf in Berlin-Karlshorst. „Er hat keine Angaben zur Tat gemacht und befindet sich weiterhin in Gewahrsam“, sagte Steltner.

Derweil scheint die Rückkehr der angeschossenen Ulmer Profiboxerin in den Ring nicht ausgeschlossen. Der Durchschuss durch die Schlaghand der Sportlerin habe zwar den Mittelhandknochen und auch Nerven zerstört, doch das könne operativ weitgehend rekonstruiert werden, sagte El-Halabis behandelnder Arztes Andreas Eisenschenk am Montag. Der Chefarzt der Abteilung für Hand- und Mikrochirurgie im Berliner Unfallkrankenhaus, in dem die Boxerin behandelt wird, ging allerdings davon aus, dass der Heilungsprozess mindestens eineinhalb Jahre dauern wird.

Die Schussverletzungen in den Füßen und im Knie hätten keine Nerven zerstört, sagte der behandelnde Mediziner. Insofern sei er optimistisch, dass diese heilen. Die Hand sei am schwersten getroffen worden. Mehrere Operationen würden nötig sein, um die zerstörten Knochen und Nerven wiederherzustellen. Günstig sei, dass die Nerven an der Rückseite der Hand nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden, so dass dort das Gefühl vorhanden sei. Dies sei gerade für eine Boxerin äußerst wichtig. Nach Einschätzung von Eisenschenk könnte die erste Operation in vier bis sechs Wochen angesetzt werden.

Zunächst stehe allerdings im Vordergrund, Infektionen zu vermeiden, betonte der Chirurg. Immerhin handele es sich um vier offene Wunden. Am Mittwoch sollten diese im Operationssaal nochmals gesäubert werden. (sid/abendblatt.de)

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Bericht:

Stiefvater erzwingt Karriereende von Profiboxerin mit Gewalt

Firat Arslan saß entspannt am Ring und schaute zu, wie sich die Minimumgewichtlerinnen Özlem Sahin und Jewgenia Zablotskaya duellierten. Der 40 Jahre alte Cruisergewichts-Boxprofi, einst beim Hamburger Universum-Stall unter Vertrag und von Juni 2007 bis September 2008 WBA-Weltmeister, hatte im Pferdesportpark von Berlin-Karlshorst sein Debüt für den Arena-Stall gegeben. Nicht einmal drei Runden hatte sein tschechischer Kontrahent Michal Bilak Widerstand geleistet, und Arslan, der sich die restlichen Kämpfe der von Arena und Prime Time Event veranstalteten Gala anschauen wollte, freute sich auf einen ruhigen Freitagabend.

Doch daraus wurde nichts, denn in dem Moment, als Sahin zur Punktsiegerin erklärt wurde, schreckten panische Schreie aus dem Backstage-Bereich das Publikum auf. Wenige Augenblicke später wurden die rund 600 Besucher zum Verlassen der Arena aufgefordert. Der Grund dafür sprach sich schnell herum: In der Kabine der Leichtgewichtlerin Rola El Halabi, die sich gerade auf ihren IBF-WM-Kampf gegen die Bosnierin Irma Adler vorbereitet hatte, waren Schüsse gefallen. Roy El Halabi, Stiefvater der 25 Jahre alten Deutsch-Libanesin, hatte sich mit einem gefälschten Presseausweis Zugang zum Kabinenbereich verschafft, zunächst zwei Wachleute mit Beinschüssen niedergestreckt und sich dann in der Kabine verschanzt.

Nachdem Trainer und Betreuer die Umkleide verlassen hatten, schoss der 44-Jährige der Sportlerin gezielt in Hand, Füße und Knie. Arslan, der wie El Halabi in Baden-Württemberg lebt, war zu diesem Zeitpunkt im Kabinengang, weil er fürchtete, Bekannte seien in Gefahr. Als er erfuhr, wer sich in der Kabine befand, bot er der Polizei, die sich auf eine Erstürmung vorbereitete, seine Hilfe an. "Ich kenne Roy von einigen Gesprächen und konnte mir nicht vorstellen, dass er so etwas tun würde", sagte er. Sein erstes Ansinnen, in die Kabine zu gehen und zu vermitteln, lehnten die Polizisten ab, doch bereits die erste Kontaktaufnahme über Mobiltelefon klappte. Der Amokläufer ließ sich von Arslan überzeugen, mit dem Einsatzleiter zu sprechen, der ihn zur Aufgabe überredete. El Halabi ließ sich widerstandslos festnehmen.

Die Boxerin und die Sicherheitsleute wurden nicht lebensgefährlich verletzt. Allerdings dürfte Rola El Halabis Karriere beendet sein, auch wenn sie die Notoperation in der Berliner Unfallklinik gut überstanden hat. Inzwischen scheint klar, dass der Stiefvater aus Rache handelte, weil er nicht verkraften konnte, dass seine Ziehtochter seit einem Jahr eine glückliche Beziehung führt. Zudem hatte es mehrfach Streit um die Fortsetzung der Boxkarriere gegeben. Deshalb hatte die Sportlerin im Januar die berufliche Zusammenarbeit mit ihrem Stiefvater, der als ihr Manager fungierte, beendet. Gegen Roy El Halabi wurde am Sonnabend Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz erlassen.

Der für den neuen Hamburger Profistall EC Box-promotion kämpfende Michael Wallisch wurde durch Punktsieg über Yakup Saglam Internationaler Deutscher Meister im Schwergewicht.